Ihr Pferd ist tot - Steigen Sie ab
wurde ihm schmerzhaft bewusst, dass er in den letzten zwanzig Jahren keine einzige berufliche Entscheidung getroffen hatte, die wirklich von Wünschen oder Lebenszielen motiviert war.
Kai begann, seine bisherigen Entscheidungskriterien und Prioritäten zu hinterfragen. Anfangs war es schwer, weil ihm klar wurde, dass die Landkarte, nach der er sich bisher durchs Leben bewegt hatte, ihm und seiner Persönlichkeit gar nicht entsprach. Er wusste aber jetzt, dass er sich in Zukunft viel mehr an seinen eigenen Wünschen und Interessen orientieren wollte.
Wenn wir wenig Zugang zu unseren Interessen haben, können wir dies nicht mal eben trainieren, wie wir beispielsweise lernen können, eine gute Präsentation zu halten! Hier geht es darum, etwas nachreifen zu lassen, was wir in einer frühen Lebensphase nicht entwickeln konnten. So ein Prozess braucht Zeit und viel Geduld, denn wir müssen (und dürfen!) dann lernen, unsere inneren Impulse wahrzunehmen und ihnen zu folgen. Ständiger Input von außen, Stress und ein Leben auf der Überholspur lassen dies kaum zu.
So schärfen Sie Ihr Gespür für Ihre Interessen und Wünsche
Entdecken Sie bei sich Ähnlichkeiten zu Kais Geschichte? Fühlen Sie sich angeregt, Ihren Interessen und Wünschen in Zukunft mehr Aufmerksamkeit zu schenken und sich stärker als bisher an ihnen zu orientieren?
Wenn Sie feststellen, dass Sie seit langem sehr wenig auf sie achten und sich vielleicht schon Jahre nicht mehr gefragt haben, was Sie wirklich wollen, werden Sie dies nicht von heute auf morgen verändern können. Bedenken Sie, was ich Ihnen über das konservative Gehirn und das Prinzip der Autobahn (Seite 74) erzählt habe: Wenn wir Verhaltens- und Wahrnehmungsmuster ändern wollen, brauchen wir dafür Entschlossenheit und Geduld. Aber was wir lange vernachlässigt haben, können wir reaktivieren.
|193| Ich möchte Ihnen zum Abschluss dieses Kapitels noch einige Tipps geben, wie Sie beginnen können, Ihren Impulsen mehr Beachtung zu schenken – diese Übungen sind quasi eine Vorstufe zu der Frage nach beruflichen Wünschen und Interessen:
Leerstunde: Damit Impulse und Wünsche überhaupt in Ihr Bewusstsein aufsteigen können, brauchen sie Leerraum. Wenn Sie gewohnt sind, sich möglichst ständig abzulenken und sich von Reizen überfluten zu lassen, haben Impulse von innen keine Chance. Dann ist es sinnvoll, dass Sie sich konstruktive Leerräume schaffen. Nehmen Sie sich doch bitte regelmäßig, vielleicht zweimal in der Woche, eine Stunde, die nur Ihren Interessen gehört: Wichtig ist, dass Sie dann allein sind und auf jeden Medienkonsum verzichten. Suchen Sie Orte auf, wo etwas Ihr Interesse wecken könnte. Warten Sie nicht zu Hause auf dem Sofa darauf, dass etwas passiert. Gehen Sie raus und bewegen Sie sich. Achten Sie auf jeden inneren Impuls – das kann ein Gefühl, eine Idee oder ein Bedürfnis sein. Notieren Sie, was Ihnen in den Sinn kommt. Erwarten Sie nicht, dass beim ersten Versuch etwas Spektakuläres passiert. Haben Sie Geduld.
Gedächtnisstütze: In Ihrem privaten und beruflichen Alltag gibt es unendlich viele Möglichkeiten, nach Ihren Interessen Ausschau zu halten – wenn Sie wirklich hinschauen! Und das wird wahrscheinlich erst einmal ungewohnt sein. Also benötigen Sie dafür eine Erinnerungshilfe: Überlegen Sie bitte, worauf genau Sie ab sofort achten wollen, und formulieren Sie es in einer möglichst kurzen Frage. Vielleicht: »Was interessiert mich hier?«, »Was hat gerade meine Aufmerksamkeit?« oder »Welchen Impuls spüre ich gerade?«. Besorgen Sie sich kleine Klebepunkte, und platzieren Sie einige davon an Stellen, auf die Sie häufiger blicken. Das kann zum Beispiel Ihr PC-Monitor sein, ein Spiegel, Ihr Portemonnaie, der Kühlschrank oder Ihr Terminkalender. Jedes Mal, wenn Ihr Blick auf einen dieser Punkte fällt, stellen Sie sich Ihre Frage. Konzentrieren Sie sich einige Sekunden, und schauen Sie, ob Ihnen eine Antwort kommt. Nehmen Sie sie einfach nur zur Kenntnis. Wahrscheinlich wird es erst ungewohnt sein, und Ihnen kommen kaum Antworten. Das ist ganz normal – hören Sie nicht auf, sich Ihre Frage immer und immer wieder zu stellen.
|194| Tagebuch: Legen Sie sich Ihr Tagebuch an Ihr Bett. Gehen Sie vor dem Einschlafen den vergangenen Tag noch einmal durch, und fragen Sie sich, was heute Ihr Interesse oder Ihre Aufmerksamkeit geweckt hat. Was haben Sie heute über Ihre Interessen gelernt? Scheuen Sie sich bitte nicht, auch scheinbar Banales und
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