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Ihr Pferd ist tot - Steigen Sie ab

Ihr Pferd ist tot - Steigen Sie ab

Titel: Ihr Pferd ist tot - Steigen Sie ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Diesbrock
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Arbeitsplatz unabkömmlich wäre.
    Mir schien das Problem eher seine mentale Blockade zu sein als andere Menschen oder der Arbeitsplatz. Deshalb analysierte ich mit Michael, welche seiner Persönlichkeitsanteile welches Ziel verfolgten: Sein »Innerer Abenteurer« wollte grenzenlose Freiheit ohne Bindungen und Kompromisse. Er wäre lieber heute als morgen aufgebrochen. Michaels »Innerer Beamter« dachte nur an mögliche Risiken und wollte selbstverständlich zu Hause bleiben und brav seinen Job machen. Dann war da noch »Der Soziale« – er brauchte vor allem Harmonie und war nur darauf bedacht, dass andere Menschen ihn mögen. Vor Kritik oder gar Ablehnung hatte er große Angst.
    Mit der Technik der Ich-Bühne brachten wir alle seine Anteile an einen Tisch und ließen sie einen Kompromiss aushandeln, mit dem jeder von ihnen leben konnte: Michael beschloss auf diese Weise, nur ein halbes Jahr zu reisen. Eine personelle Veränderung in seiner Abteilung konnte er nutzen, sodass jemand für seine Vertretung bereitstand. Seine Freundin war mit seiner Idee einverstanden, nachdem beide verabredet hatten, dass sie Michael für zwei Wochen auf seiner Reise begleiten würde.
    Einige Zeit nach seiner Rückkehr schrieb mir Michael, dass diese Reise »die beste Idee seines Lebens« und für seine persönliche und berufliche Entwicklung sehr wichtig gewesen sei.
    |198| Ich bin blockiert = Wir sind blockiert
    Um den Ausweg aus einer inneren Blockade zu finden, ist es wichtig, erst einmal zu verstehen, welcher gedankliche oder emotionale Konflikt ihr zugrunde liegt. Natürlich hätte ich mit Michael auch eine Pro- und Contra-Liste seines Reisewunsches erstellen können. Geholfen hätte das wahrscheinlich nicht, weil die Konzentration auf rationale Argumente unserer inneren Welt selten gerecht werden kann. In dem Kapitel über die Psychologie der mentalen Blockade habe ich Ihnen ja schon einiges über ihre innere Dynamik erklärt. Lassen Sie mich die Kernpunkte noch einmal zusammenfassen:
Unser Ich ist nicht einheitlich, sondern besteht aus verschiedenen Ich-Anteilen.
Jeder Anteil hat eindeutige Überzeugungen von sich selbst, den anderen und der Welt und besitzt eine »eigene Persönlichkeit«.
Unsere Ich-Anteile können miteinander oder gegeneinander arbeiten. Arbeiten sie gegeneinander, nennen wir es einen inneren Konflikt, dessen Konsequenz meist eine Blockade ist.
Werden wir mit Veränderungsdruck von innen oder außen konfrontiert, werden einige Anteile höchstwahrscheinlich Widerstand leisten, während andere die Veränderung wünschen. Deshalb erleben wir berufliche Neuorientierung selten ohne Blockaden.
Blockaden können wir an verschiedenen Symptomen erkennen wie zum Beispiel Angst, Niedergeschlagenheit, Energielosigkeit, Handlungsunfähigkeit oder Rationalisierungen (die bei näherem Hinsehen keinen Sinn ergeben).
Das System unserer Ich-Anteile ist gut aufeinander eingespielt und daher sehr stabil gegen Veränderungen. Auf Druck oder (Selbst-) Kritik reagiert es grundsätzlich mit Widerstand. Deshalb ist Druck ein untaugliches Mittel, wenn wir uns innerlich blockiert fühlen.
Jeder Ich-Anteil ist ein Teil unserer Persönlichkeit. Wir können unliebsame Anteile daher nicht »loswerden«.
    |199| Mit den Augen eines Kindes
    Natürlich ist es nicht leicht zu ertragen, wenn wir einerseits gern handeln würden und andererseits spüren, dass etwas in uns immer wieder auf die Bremse tritt. Aber lassen Sie uns doch einmal versuchen, die Sache aus einem anderen Blickwinkel zu sehen: Ich habe Ihnen ja schon erklärt, dass viele Ich-Anteile früh in unserem Leben entstehen. Dies gilt besonders für Anteile, die sehr auf Sicherheit oder die Meinung anderer bedacht sind. Als Kind fühlten wir uns der Welt und den Menschen gegenüber ziemlich hilflos und abhängig. Wir waren darauf angewiesen, dass uns die Erwachsenen beschützten, die Welt erklärten und sie uns zugänglich machten. Aber nur selten hat das hundertprozentig geklappt, und so blieben dann Unsicherheiten und Ängste in uns zurück – das ist ganz normal.
    Während wir erwachsen werden und lernen, selbst für uns zu sorgen, bleiben uns auf diese Weise Haltungen, Sichtweisen und Glaubenssätze aus der Kindheit erhalten. Sie bewirken, dass wir die Welt in manchen Situationen durch Kinderaugen sehen. Wir können dies bemerken, wenn wir uns plötzlich klein und ohnmächtig fühlen, verwirrt sind oder meinen, es unbedingt anderen Menschen recht machen zu müssen, damit sie

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