Ihr stolzer Sklave
brauchst.“
„Und das Holz?“
„Ist dort.“ Davin beugte sich hinunter und hob den Dolch auf, den Deena zurückgelassen hatte. „Nach deiner Haft wirst du mit dem Schnitzen beginnen.“
Haft? Kieran ballte die Fäuste, als sich die volle Last seiner Versklavung auf seine Schultern legte. Natürlich. Er würde bestraft werden, weil er wieder geflohen war.
„Du wirst drei Tage lang abgesondert von den anderen in Seamus’ Hütte unter Bewachung stehen. Wenn du machst, was man dir sagt, werden die Wächter am dritten Tag gehen, und du erhältst die Erlaubnis, mit dem Schnitzen zu beginnen.“ Davin warf den Dolch in die Luft und fing ihn am Griff wieder auf. „Für diese Barmherzigkeit solltest du dich bei Iseult bedanken. Ich hätte dich die drei Tage im Freien gefangen gehalten.“
„Von einer Frau brauche ich kein Mitleid“, war die wütende Antwort. „Es gibt keine Strafe, die ich nicht ertragen könnte.“ Davin beugte sich zu ihm hinunter. Die Klinge des Dolchs blitzte auf. „Was sie betrifft, so werde ich keine respektlosen Worte dulden. Sie bat mich, dir gegenüber barmherzig zu sein, und um ihretwillen bin ich es.“ Er brachte die Klinge dicht an Kierans Haut. Es war eine stumme Drohung. „Ich schicke jetzt die Wachen. Sie werden dich zur Hütte bringen.“ Ohne ein weiteres Wort schritt er ins Sonnenlicht hinaus.
Kieran rollte sich auf den Rücken und starrte die Decke aus Stroh und Holz an. Er wollte seine Tage nicht damit verschwenden, das Abbild einer Frau zu schnitzen. Und es zählte auch nicht, dass sie die schönste Frau war, die er je gesehen hatte. Um sie sich zu imaginieren, musste sie noch nicht einmal anwesend sein. Schon jetzt konnte er die Linien ihrer Wangen vor sich sehen und den traurigen Ausdruck in ihrem Gesicht.
Er schloss die Augen und versuchte, die Erinnerung an die letzte weibliche Skulptur zu verdrängen, die er geschaffen hatte. Fast hätte er Branna geheiratet, doch am Ende gehörte ihr Herz einem anderen Mann.
Eine tückische Arbeit, in der Tat.
„Ich komme mit dir“, sagte Davin.
Sein Angebot brachte Iseult keine Erleichterung. Allein die Vorstellung, von dem Sklaven betrachtet zu werden und es zuzulassen, dass er sie in Holz verewigte, beunruhigte sie.
„Am liebsten würde ich gar nicht zu ihm hingehen.“ Sie wandte sich einem Korb mit Kleidung zu, die ausgebessert werden musste – Muirne hatte ihn dort hingestellt –, und griff nach einer Nadel aus Knochen. Die Näherei war etwas, womit sie ihre Hände beschäftigen konnte. „Es vermittelt mir ein Gefühl von Eitelkeit. Wozu brauchen wir ein Abbild von mir?“
„Ich möchte eines besitzen.“ Er stellte sich hinter sie und legte ihr die Hände auf die Schultern. „Ich möchte etwas von dir haben, falls wir einmal getrennt sind.“
„Du wirst mich jeden Tag sehen.“ Sie wollte es ihm ausreden. Dieser Sklave hatte etwas an sich, das war erschreckend und faszinierend zugleich. Kein anderer Mann hatte sie je derart aufgerüttelt.
Als sie ihn an jenem Tag draußen im Regen fand, gefesselt, hatte er sich trotz der jammervollen Umstände geweigert, sich in seinem Stolz brechen zu lassen. Er war ein Kämpfer bis in sein Innerstes. Irgendwie hatte er sich befreit, hatte sich im verzweifelten Ringen um seine Freiheit durch den Schlamm geschleppt.
Ob sie wohl das Gleiche getan hätte?
Ein stechender Schmerz durchfuhr ihr Herz. Sie hätte es nicht für sich getan. Doch wenn sie jemals Nachricht von ihrem Sohn erhalten würde, dann, ja dann würde sie niemals aufhören zu suchen, ganz gleich, was geschehen mochte.
Sie wusste, dass Davin keine andere Wahl gehabt hatte, als den Sklaven zu bestrafen. Aber sie wusste, wenn sie den Mann, angebunden und der Witterung ausgesetzt, ein weiteres Mal so am Geiselstein sehen würde, käme er ihr sicher nur noch unbezähmbarer vor, wie ein wildes Tier, das bereit war, jeden anzugreifen, der ihm wehtat.
Sie wollte Kieran nicht noch einmal sehen. Nicht so. Deshalb hatte sie Davin gebeten, ihn in einer Hütte einzusperren. Als ob er durch das Einsperren verschwinden würde. Was für kindische Gedanken. Früher oder später musste sie ihm gegenübertreten. Doch wenn sie dem Sklaven ihre Furcht zeigte, würde er das nur ausnutzen.
„Hat er dir etwas getan?“, fragte Davin.
Schon zuvor hatte er sie das gefragt. Und die Wahrheit war, Kieran hatte ihr nichts getan.
„Nein. Es waren nur Worte. Er
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