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Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Hagen
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wollte ihm die Schande der Verhaftung ersparen und vor allem die Demütigung, die letzten Tage seines Lebens hinter Gittern zu verbringen.«
    » Demütigung?«, fragte Inga Jäger zynisch. » Ausgerechnet Sie sprechen von Demütigung? Was glauben Sie denn, wie sich die Schneider-Frauen gefühlt haben, als Ihr Vater und dann später Sie sie mit vorgehaltener Pistole dazu zwangen, sich in den Schlamm zu knien, ehe Sie ihnen eine Kugel in den Hinterkopf schossen? Hatten denn sie diese Demütigung verdient?«
    » Der Wunsch nach Vergeltung hat meinen Vater blind gemacht«, sagte er mit belegter Stimme.
    » Nicht blind«, sagte sie. » Gefangen. Gefangen in einem Kreislauf der Hilflosigkeit. Er konnte so viele von ihnen morden, wie er wollte; es hat weder den Schmerz gelindert, noch hat es sein schlechtes Gewissen beruhigt, die Dinge vielleicht erst losgetreten zu haben, als er als junger Soldat mit der Waffe auf Else Weiß losgegangen ist und sie bedroht hat.«
    » Sie kennen das?«, fragte Emil Volz erstaunt.
    Sie stockte. Doch dann sammelte sie sich schnell wieder.
    » Wir sind nicht hier, um über mich zu reden, Herr Volz«, machte sie klar. » Sagen Sie mir, was Sie dazu bewogen hat, das blutige Erbe Ihres Vaters anzutreten. Wieso haben Sie da weitergemacht, wo er aufhören musste, weil er zu alt geworden war? Sie hätten es besser wissen müssen.«
    » Ja«, gab er zu. » Ich hätte es besser wissen müssen. Ich wusste es sogar besser. Aber Familienehre ist etwas, das bei uns im Rheingau noch sehr großgeschrieben wird.«
    » Ehre ist hier wohl das falsche Wort.«
    » Sie haben recht«, sagte er. » Nennen wir es Loyalität. Sich verpflichtet fühlen. Oder auch Gehorsam. Zusammenhalt. Blut ist dicker als Wasser. Etwas für die Familie tun, auch wenn man weiß, dass es falsch ist… weil man glaubt, die Familie sei das höchste Gut… und der Wille des Vaters das höchste Gesetz. Vielleicht wollte ich ihm auch nur beweisen, dass ich seinen Schmerz verstand, indem ich zeigte, dass ich bereit war, dieselbe Schuld auf mich zu nehmen, die er auf sich geladen hatte.«
    » Sie können es nennen, wie Sie wollen«, sagte sie. » Ich nenne es kaltblütigen Mord. Was Ihr Vater und Sie getan haben, ist durch nichts zu entschuldigen.«
    » Ich weiß«, erwiderte er. » Deswegen bin ich hier. Um die Konsequenzen zu tragen.«

68
    » Sein Geständnis ist alles, was Sie haben?«
    Inga Jäger war überrascht, dass plötzlich der Leitende Staatsanwalt Peiß vor ihr stand, als sie das Verhörzimmer verließ. Noch überraschter aber war sie von seiner Frage.
    Er war sichtlich außer sich– die Hände an den Seiten seines Körpers waren nervös zu Fäusten geballt, und den Oberkörper hatte er leicht nach vorne gebeugt, ganz so als wolle er tatsächlich körperlich auf sie losgehen. Seine Nasenflügel bebten– so sehr schnaufte er.
    » Sie haben nicht einmal die Tatwaffe! Ihnen ist doch wohl klar, dass Ihnen der Fall vor Gericht um die Ohren fliegt, wenn er das Geständnis widerruft!«
    » Ich sorge dafür, dass es in einem richterlichen Protokoll niedergelegt wird«, sagte sie. » Dann kann es als Urkundenbeweis durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingebracht werden.«
    » Das ist mir zu dünn!«, bellte er. » In einer halben Stunde habe ich eine Pressekonferenz. Bis dahin haben Sie etwas wirklich Verwertbares, oder Sie sind endgültig raus!«
    Er rauschte ab.
    Eine Pressekonferenz– da also lag der Hase im Pfeffer. Inga Jäger massierte sich erschöpft die Nasenwurzel mit Daumen und Zeigefinger. Wann war es zur Gewohnheit geworden, dass Vorgesetzte einen für Erfolge in den Dreck traten, statt einen zu beglückwünschen oder wenigstens zu loben?
    » Wow!«, sagte die Otto, die Peiß’ Auftritt aus einiger Entfernung mitbekommen hatte und jetzt zu Inga Jäger kam, um ihr einen Becher Kaffee zu reichen. » Und ich hab gedacht, mein Boss sei ein Sklaventreiber.«
    » Gebert?«, fragte Inga Jäger. » Im Vergleich zu Peiß ist Gebert ein Schoßhündchen.«
    Die Otto zog zweifelnd eine Augenbraue nach oben. » Sie haben ihn nur noch nicht richtig wütend erlebt«, sagte sie. » Aber zurück zum Fall– weil Peiß etwas Handfestes braucht: Ich habe den Zettel, den Sie im Krankenzimmer von Clemens Volz hinter dem Foto von Gretchen entdeckt haben, mit den anderen Sachen zu Elli gebracht.«
    » Und?«
    » Sie hat etwas gefunden.«
    » Was denn?«
    » Sie dreht mir den Hals um, wenn ich ihr die Überraschung verderbe«, wehrte die

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