Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)
darüber empören konnte, schnell hinzu: » Wenn ich recht behalte, können Sie einen Sieg für die Staatsanwaltschaft verbuchen. Sollte ich mich aber irren, können Sie mich wegen Inkompetenz feuern. Sie gewinnen also auf jeden Fall.«
Die Wut verschwand aus seinem Gesicht, aber noch immer stierte er sie prüfend an.
» Wenn das hier schiefgeht«, fragte er lauernd, » bieten Sie freiwillig Ihren Posten an?«
Sie zögerte, dann aber sagte sie: » Wenn das hier schiefgeht, komme ich in Wiesbaden eh nicht mehr auf die Füße. Also ja, für den Fall, dass ich mit meinen Vermutungen falsch liege, biete ich im Anschluss freiwillig meinen Posten an.«
» Gut«, sagte er, offenbar zufrieden. » Dann fahren Sie fort mit den Ermittlungen. Aber von jetzt an will ich über jeden einzelnen Schritt informiert werden. Ist das klar?«
Er ließ ihr gar keine andere Wahl.
» Klar.«
» Gut. Und gehen Sie dabei diskret vor. Die Öffentlichkeit soll davon nichts erfahren.«
Er drehte sich herum und ging.
Sie hatte ihn verstanden. Die Öffentlichkeit sollte davon nichts erfahren… bis sich herausstellte, ob sie mit ihrem Verdacht falsch lag oder richtig… und er es der Presse mitteilen konnte… als ihre Niederlage oder seinen Erfolg.
In manchen Situationen kann man sich drehen und wenden, wie man will– das Leben fickt einen von allen Seiten. Aber das war ihr gleichgültig. Ihr ging es einzig und allein darum, den oder die Mörder der Schneider-Frauen unschädlich zu machen und der gerechten Strafe zuzuführen. Denn sosehr sie auch den Wunsch nach Rache auf Seiten der Familie Volz nachvollziehen konnte, so wenig erlaubten es ihre Position und alles, woran sie glaubte, sie mit Selbstjustiz davonkommen zu lassen.
Nemisis
66
Rüdesheim am Rhein. Der Gretchenhof.
Das Team von Einsatz und Spurensicherung war vierzehn Männer und Frauen stark und auf zwei Kleintransporter und drei Pkws verteilt, die nun vor dem Gretchenhof im Eiltempo, aber ohne Sirenen und Blaulicht vorfuhren. Inga Jäger und Kommissar Gebert hätten sich dem Grundstück gern unbemerkt genähert, damit die Volz’ nicht vorgewarnt waren und gegebenenfalls Beweismaterial verschwinden lassen konnten, aber bei der isolierten Lage des Weingutes inmitten der steilen Ebene bot sich dafür keine Möglichkeit. Ihre einzige Chance war ein direkter und schneller Zugriff.
Sie alle, auch Inga Jäger, trugen schusssichere Westen, und das Team der Spurensicherung war angewiesen, in einem der gepanzerten Transportbusse zu warten, bis das Einsatzkommando, das obendrein mit Helmen und Schutzmasken, Rauch-, Blend- und Tränengasgranaten ausgerüstet war, seine Arbeit getan und das gesamte Gelände gesichert hatte.
Doch dazu kam es nie.
Kaum waren sie mit ihren Fahrzeugen durch das offene Tor auf den weitläufigen Gutshof gefahren, trat Emil Volz mit erhobenen Händen durch die Hintertür des Haupthauses zu ihnen hinaus.
» Ich ergebe mich!«, rief er mit seiner sonoren Stimme weithin hörbar.
Inga Jäger hätte nicht geglaubt, dass es so einfach sein würde, und auch Gebert sah überrascht aus.
Das Einsatzkommando stürmte aus dem Bus, wie es das wohl Hunderte Male trainiert hatte.
Zwei der Männer nahmen links und rechts der Bustür Stellung und zielten mit ihren Heckler & Koch - MP 5-Maschinenpistolen auf den Winzer, die beiden nächsten Mitglieder des Trupps sicherten die Fenster der umliegenden Wohn- und Wirtschaftsgebäude, während die zwei letzten zu Volz rannten, ihn packten, auf den Boden warfen, ihm Handschellen anlegten und ihn zügig durchsuchten.
» Ich leiste keinen Widerstand!«, beteuerte Emil Volz.
Er wurde eilig wieder auf die Füße gestellt und zum Bus verfrachtet, wo einer der SEK ler ihn bewachte, während die Otto mit zwei der anderen in das Haus stürmte. Die übrigen drei sicherten weiterhin das Gelände.
Von drinnen hörte Inga Jäger das krachende Auffliegen von Türen und gleich darauf aus dem Headset die Stimme der Otto:
» Erdgeschoss sicher!«
Dann schwere Stiefelschritte von der Treppe und erneut das Aufstoßen von Türen.
» Erster Stock sicher!«
Wenig später kam die Meldung, dass auch das Dachgeschoss sicher war.
» Aber hier gibt es einen Toten«, fügte die Otto hinzu. » Vermutlich der Vater, Clemens Volz.«
Anschließend wurden die restlichen Gebäude und die Weinkeller gesichert.
Inga Jäger begab sich mit Gebert nach oben in das Krankenzimmer von Clemens Volz.
Noch immer oder schon wieder lief das Lied der
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