Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)
junge Assistentin ab. » Sie kennen doch Elli. Am besten gehen Sie gleich selbst zu ihr.«
69
Forensisches Institut Wiesbaden. Spurensicherung.
» Was haben Sie gefunden, Elli?«, fragte Inga Jäger schon in dem Moment, in dem sie durch die Tür kam.
Die kleine Forensikerin strahlte wie ein Honigkuchenpferdchen. » Ich bin sooo gut«, sagte sie und machte zwei Daumen-hoch-Fäustchen. » Sooo gut!«
» Lob gibt’s später«, sagte Inga Jäger. » Jetzt brauche ich Ergebnisse. Und zwar schnell.«
» Wieso schon wieder so eilig?«, fragte Elli mit gerunzelter Stirn. » Der Fall ist doch geklärt. Das ist er doch, oder ist er nicht?«
» Das reicht meinem Chef nicht«, klärte sie sie auf. » Er gibt gleich eine Pressekonferenz, und wenn er bis dahin nicht mehr hat als das Geständnis von Emil Volz, bin ich raus.«
Elli stieß ein ungehaltenes Knurren aus. » Undankbarer Gnom. Bei Peiß bin ich mir nie sicher, ob er mehr Angst hat vor unfähigen Mitarbeitern oder vor den fähigen.«
» Ich bin mir inzwischen ziemlich sicher, dass er in den fähigen die weit größere Bedrohung für sich und seine Position sieht. Aber anders als er habe ich keine Zeit für interne Politik und Machtspielchen. Also, was hat die Untersuchung des Zettels ergeben?«
» Okay-okay-okay«, sagte Elli schnell und schaltete einen der Monitore ein. Darauf waren unterschiedliche Tabellen zu erkennen, die Inga Jäger jedoch nicht entziffern konnte. » Die Blutspuren auf dem Papier– sie waren, wohl durch Regen, stark verdünnt, aber ich konnte sie isolieren und untersuchen. Sie stammen von sechs verschiedenen Personen, die allesamt miteinander verwandt sind.«
» Die Schneider-Frauen«, schloss Inga Jäger daraus.
» Zuerst habe ich gedacht, um das wirklich mit Sicherheit sagen zu können, müssten wir sie alle erst exhumieren, was aber nicht nur enorm aufwendig wäre, sondern auch im Falle der älteren Morde nichts bringen würde. Der Verwesungsprozess ist bei denen schon viel zu weit fortgeschritten.«
» Aber?«
» Die Herzen«, sagte Elli und kniff dabei die Augen zusammen, um zu demonstrieren, was für eine schlaue Füchsin sie doch war.
» Obwohl oder auch gerade weil sie so gut konserviert sind, konnte ich mit Doktor Buschs Hilfe in jedem von ihnen noch brauchbare Blutspuren sicherstellen. Und siehe da: Sie stimmen alle sechs mit denen auf dem Zettel überein.«
» Und das von Sieglinde Reichard ist ebenfalls darunter?«
» Jawohl«, bestätigte Elli. » Und wir haben es sicherheitshalber auch noch einmal mit dem Blut der Leiche verglichen.«
» Wunderbar!«, stieß Inga Jäger triumphierend aus und holte das Handy aus der Tasche. Sie drückte eine Kurzwahltaste, und gleich darauf wurde auf der anderen Seite abgenommen. » Herr Peiß, wir haben den Beweis, den Sie gefordert haben.«
70
Staatsanwaltschaft Wiesbaden. Konferenzraum.
Als Inga Jäger den Raum betrat, war die Pressekonferenz bereits in vollem Gange. In gleißendem Blitzlichtgewitter saß Peiß am Kopf der langen Tafel hinter einer Batterie von Mikrofonen und sagte gerade: » …und deshalb freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die Ermittlungen meiner Abteilung zur Festnahme des Rüdesheimer Weingutsbesitzers Emil Volz als Hauptverdächtigen im Mordfall der Frankfurter Kinderärztin Sieglinde Reichard geführt haben.«
Emil Volz als Hauptverdächtigen im Mordfall der Frankfurter Kinderärztin Sieglinde Reichard? Inga Jäger stutzte, während sie am anderen Ende der Tafel zwischen den Reportern Platz nahm.
Was war mit den anderen Morden?
Und was mit Clemens Volz?
» Über das Motiv der Tat ist uns zurzeit leider noch nichts bekannt«, fuhr Peiß fort.
Was?!? Inga Jäger konnte es nicht fassen. Peiß spielte den Fall herunter. Wieso das? Warum verheimlichte er die anderen Morde, den Zusammenhang zwischen ihnen und dem an Sieglinde Reichard und vor allem das ihm sehr wohl bekannte Motiv? Sie fühlte, wie die Wut in ihr hochkochte. Es war ihr egal, dass er sie nicht namentlich erwähnt hatte und damit den ganzen Ruhm für sich selbst einstrich. Aber sie hatte eine Mordserie aufgedeckt und gestoppt, die fünfundsechzig Jahre lang angehalten hatte und für die Unschuldige hinter Gitter gesteckt worden waren, und er hatte vor, das unter den Teppich zu kehren? Das konnte sie unmöglich zulassen.
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, warf der Leitende Staatsanwalt ihr einen warnenden Blick zu. Doch das kümmerte sie nicht. Jetzt und hier war die perfekte
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