Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)
fünfzehn Minuten dort sind, tötet er einen der beiden.«
72
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Eichberg
Von zwei Streifenwagen mit Blaulicht und Sirene eskortiert, jagten Inga Jäger und Kommissar Gebert in seinem Wagen mit Tempo hundertachtzig über die A66 in Richtung Eltville und trafen etwa drei Minuten vor Ablauf des Ultimatums auf dem Gelände der Psychiatrie Eichberg ein.
Die ersten Übertragungswagen der nationalen TV -Sender waren bereits hier und nahmen, gegen die vergeblichen Ordnungsversuche von völlig überforderten Polizeibeamten, ihre Positionen ein, um die Satellitenschüsseln auf den Dächern für die perfekte Sendung zu justieren.
Professor Götz stand im weißen Arztkittel im Zentrum des Chaos– seine Schultern hingen nach vorne herab, er hatte die Hände in den Taschen vergraben, und sein Blick war der eines geschlagenen Mannes. Er winkte Geberts Wagen mit kraftloser Geste zu sich heran und kletterte dann eilig auf den Rücksitz.
» Fahren Sie weiter!«, drängte er. » Nach oben zum Isolationsblock!«
» Er hat sich da oben verbarrikadiert?« Gebert legte den Gang ein und gab Gas. Die Räder seines Wagens drehten durch, und er schoss den Hang hinauf.
Inga Jäger sah, wie die Journalisten zu ihren Wagen eilten, um ihnen zu folgen.
» Unter der Androhung, die Geiseln zu erschießen, hat er sich Zugang verschafft«, bestätigte Götz und reichte Inga Jäger sein Funkgerät. » Hiermit können Sie ihn erreichen.«
Gebert jagte den Wagen die weit ausholenden Serpentinen hinauf.
» Achim Volz«, sprach sie in das Funkgerät. » Hier spricht Inga Jäger, die Staatsanwältin. Können Sie mich hören?«
Sie nahm den Finger von der Sprechtaste, um den Empfang zu ermöglichen.
Keine Antwort.
Das Ultimatum war beinahe abgelaufen.
» Ich wiederhole«, sagte sie. » Hier spricht Inga Jäger, Herr Volz. Können Sie mich hören?«
» Ja, Frau Jäger«, antwortete er endlich. Er klang erstaunlich ruhig. » Ich kann Sie hören. Wo sind Sie?«
» Auf dem Weg«, sagte sie. » Nur noch ein paar hundert Meter bis zum Isolationsblock.«
» Ah, also gerade noch rechtzeitig.«
» Bitte, Herr Volz, tun Sie nichts Unüberlegtes.«
» Nichts von dem, was ich tue oder jemals getan habe, war unüberlegt, Frau Jäger. Das sollten Sie sich merken, wenn Ihnen daran liegt, dass das hier kein blutiges Ende nimmt.«
» So habe ich das nicht gemeint«, beeilte sie sich zu versichern.
» Melden Sie sich wieder, sobald Sie den Block erreicht haben«, sagte er knapp. » Volz Ende.«
Gebert bog gerade von der kurvigen Hauptstraße des Geländes nach links in den dichten Wald.
» Herr Volz«, rief Inga Jäger in das Gerät– aber er antwortete nicht mehr.
73
Den Weg, für den sie beim ersten Mal mit dem elektrobetriebenen Golfwagen zehn Minuten gebraucht hatten, legte Gebert in weniger als zwei zurück. Sie erreichten die Lichtung, auf der der festungsähnliche Bau stand. Zwei Kleinbusse und ein Sondereinsatzkommando standen vor dem geschlossenen Tor diesseits der Mauer. Etwas abseits davon die Wärter der Station.
Die Otto rannte auf sie zu, noch ehe Gebert den Wagen zum Stillstand gebracht hatte. Sie war in voller Einsatzmontur, inklusive Halsschutz und Helm.
» Er hat die Wärter gezwungen, das Gebäude zu verlassen«, erstattete sie sofort Bericht, als Inga Jäger, Gebert und Professor Götz ausstiegen. » Die Mauer zu überwinden ist für das Team kein Problem, sofern er sich im Innern des Gebäudes aufhält und uns nicht sehen kann. Aber in den Bau selbst führt nur die Eingangstür.«
» Keine Chance, da unbemerkt hineinzugelangen, ohne die Geiseln zu gefährden«, erkannte Inga Jäger. » Weitere Optionen?«
» Wir könnten einen Sprengsatz an der hinteren Kurzwand anbringen«, sagte die Otto, » und bei der Explosion von vorn und hinten gleichzeitig stürmen. Aber das wäre nur eine geringfügige Ablenkung, und…«
» Zu gefährlich«, entschied Inga Jäger. » Wenn er sich in der hinteren Kammer aufhält, riskieren wir mit einer Sprengung das Leben der Geiseln. Wenn er sich hingegen im vorderen Gang aufhält, bleibt ihm immer noch genug Zeit, die Brüder und vielleicht auch ein paar der Patienten zu erschießen, und falls er unten im Keller ist, hätten wir erst recht nichts erreicht, und die Geiseln wären tot, ehe wir überhaupt am unteren Ende der Treppe angelangt wären.«
» Hat er weitere Forderungen gestellt?«, fragte Gebert.
» Nein«, antwortete seine Assistentin. » Er
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