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Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Hagen
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er den Bruder für unfähig hielt, die ganze Tragweite der Angelegenheit auch nur zu erahnen. » Vater und ich haben wenige geopfert, um alle anderen zu schützen. Die Nichten und Neffen und Enkel und Großnichten und Großneffen. Wäre bekannt geworden, dass sie von dem Monster vom Eichberg abstammen, hätte keiner von ihnen in unserer Gesellschaft auch nur die Spur einer Chance erhalten, ein halbwegs normales Leben zu führen.«
    » So ein hanebüchener Unsinn!«, rief Gernot.
    » Kein Unsinn, Gernot!«, widersprach Gunther. » Das ist die hässliche Wahrheit!«
    Gernot schüttelte energisch den Kopf. » Unsere Gesellschaft macht doch nicht die Kinder und Kindeskinder für die Verbrechen ihrer Väter und Großväter verantwortlich.«
    » Du bist so naiv, Gernot«, hielt Gunther ihm vor. » Was einmal mehr zeigt, wie recht ich damit hatte, dir nicht von den Briefen zu erzählen und dich davon abzuhalten, die Polizei einzuschalten.«
    » Wie konntest du es wagen…?«
    » Ja, glaubst du denn wirklich, ich hätte wie du nicht auch gehofft, dass das Morden irgendwann einmal aufhört… dass die Vergangenheit endlich stirbt? Aber sieh ihn dir doch an!«
    Er deutete auf Achim Volz.
    » Er ist doch der beste Beweis dafür, dass sie nie stirbt… dass sie einen immer wieder einholt… dass die Gesellschaft eben doch Kinder und Kindeskinder büßen lässt für die Sünden ihrer Väter!«
    » Du hattest kein Recht, Gunther…«, sagte Gernot, doch diesmal unterbrach ihn Volz.
    » Schluss damit!«, befahl er. » Du gibst also zu, dass dein Vater, Wilhelm Schneider, trotz seiner furchtbaren Verbrechen und des über ihn verhängten Todesurteils nicht hingerichtet wurde, dass er dann auch noch begnadigt wurde und danach, um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, ohne Approbation und völlig unbehelligt von den Behörden, als Kinderarzt tätig war?«
    Gunther nickte müde.
    » Und auch, dass sowohl er als später auch du in den vergangenen über fünfzig Jahren jederzeit die Chance hattet, die Morde an den weiblichen Mitgliedern eurer Familie durch ein öffentliches Geständnis zu verhindern!«
    Gunther Schneider nickte abermals. » Aber der Preis wäre zu hoch gewesen.«
    » Höher als der Tod eurer Mädchen?!«
    » In Ordnung«, schaltete sich Inga Jäger ein, denn sie befürchtete, dass in Volz erneut der Hass aufwallte und die Sache ein böses Ende nahm. » Jetzt haben wir sein Geständnis. Wie ist es nun mit Ihrem, Herr Volz?«
    Die neu aufgekeimte Wut wich aus seinem Gesicht, und er schloss für einen Moment die Augen. Dann atmete er tief ein und aus und wandte sich direkt in die Kamera.
    » Mein Name ist Achim Volz«, begann er, » und ich gestehe die Morde an Magda Eser im Jahr 1997 und Frau Doktor Sieglinde Reichard vom 22. September dieses Jahres. Gleichzeitig erkläre ich, dass die anderen vier Morde von meinem Großvater Clemens Volz begangen wurden. Mein Vater Emil Volz jedoch ist unschuldig. Anders als ich war er zu weich, um zu tun, was getan werden musste. Tatsächlich hat er heute erst von all dem erfahren– durch Ihren Besuch im Weingut, Frau Jäger. Er hat sich nur schuldig bekannt, um die Familie zu schützen.«
    » Das stimmt nicht«, widersprach Inga Jäger entschieden. » Er hat es nicht für die Familie getan. Er hat sich schuldig bekannt, um Sie zu beschützen, Achim. Dafür hat er sogar seinen eigenen Vater umgebracht. Er hat ihn und sich geopfert, damit dies alles endlich ein Ende hat. Aber Sie haben die Chance, die er Ihnen gab, leichtfertig vertan.«
    » Welche Chance denn?«
    » Die Chance, diesen ganzen Wahnsinn endlich und ein für alle Mal hinter sich zu lassen, um von vorn anfangen zu können und ein normales Leben zu führen.«
    » Ein normales Leben, wie Sie es nennen«, sagte er, » ist nicht möglich, wenn der Preis, den man dafür zahlt, der ist, die Vergangenheit zu vergessen.«
    » Ich denke, genau das Gegenteil ist der Fall«, erwiderte sie.
    » Sie haben nicht die Spur einer Ahnung, wie es ist, wenn…«
    » Wissen Sie«, unterbrach sie ihn, » ich habe auch jemanden verloren, der mir sehr kostbar war. Mindestens ebenso kostbar, wie Gretchen Ihrem Großvater gewesen ist.«
    » Wen?«
    » Meinen Mann«, antwortete sie. » Auch er wurde ermordet. Und ich habe auf die harte Tour gelernt: Nach einem so schrecklichen Verlust ist ein normales Leben nur noch möglich, eben wenn man die Vergangenheit vergisst und noch einmal ganz von vorne anfängt. Weil keine Rache, keine Sühne und keine

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