Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Hagen
Vom Netzwerk:
noch Gunther und Gernot von seiner Rolle als SS -Arzt, seiner Verurteilung zum Tode und der heimlichen Begnadigung. Keiner der anderen wäre jemals auf die Idee gekommen, dass ihr Onkel, Schwiegervater oder Großvater Wilhelm Schneider der gleiche Wilhelm Schneider war, der als das Monster vom Eichberg Hunderte von Kindern und noch sehr viel mehr Erwachsene töten ließ und selbst getötet hat.
    Er hat also nicht nur die Polizei nicht eingeschaltet, sondern nicht einmal seine eigene Familie in Sicherheit gebracht oder unter Schutz gestellt, damit ja niemand die Zusammenhänge erkannte.«
    » Mein Vater hat sehr wohl versucht, seine Familie zu beschützen!«, rief da plötzlich Gunther Schneider hitzig dazwischen. » Und das wissen Sie auch!«
    Ganz reflexartig richtete Max Hoffmann die Kamera auf den alten Arzt.
    Achim Volz stieß ein verächtliches Schnauben aus.
    » Wie hat er denn versucht, sie zu schützen?«, fragte Inga Jäger.
    » Er… er hat sich selbst gerichtet«, sagte Gunther Schneider leise. » 1971. Wenige Monate vor Ablauf des Ultimatums hat er die Konsequenzen aus seinen Taten gezogen und sich auf unserem Dachboden erhängt.«
    » Nur um erneut der Gerechtigkeit zu entgehen!«, schrie Volz wutentbrannt. » Das war kein Ziehen von Konsequenzen. Das war ganz feige Flucht. Damit wollte er seine Familie nicht beschützen, sondern einer Konfrontation mit seinen schrecklichen Verbrechen aus dem Weg gehen. Es war nur ein weiterer Versuch, die Vergangenheit zu begraben. Und das weiß niemand besser als du selbst, Gunther! Oder hast du nicht gerade selbst darum gebeten, dass ich dich erschießen soll? Warum glaubst du denn, habe ich auch Gernot entführt? Weil mir klar war, dass du lieber dem Tod ins Auge siehst als der Wahrheit!«
    » Ich verstehe nicht«, schaltete sich Gernot mit verwundertem Blick ein. » Warum hat Ihr Großvater dann in diesem Jahr noch meine Tochter Anna getötet, wenn mein Vater da doch schon tot war? Was wollte er damit noch erreichen?«
    » Das, Gernot«, sagte Volz, und er klang dabei beinahe teilnahmsvoll, » fragst du besser deinen Bruder.«
    » Was meint er damit, Gunther?«, wollte Gernot wissen.
    Doch Gunther antwortete nicht, sondern wich stattdessen dem Blick seines Bruders aus.
    » Das dachte ich mir«, sagte Volz voller Geringschätzung. » Aber hab nur noch ein wenig Geduld, Gernot, dann wird alles klarer. Lass mich weitererzählen. He, Kameramann!«
    Hoffmann schwenkte die Kamera zurück auf Volz.
    » Mein Großvater war am Boden zerstört, als er von Wilhelm Schneiders Selbstmord erfuhr«, berichtete Volz weiter, » und fühlte sich ein weiteres Mal um Gerechtigkeit für den Mord an Gretchen betrogen. Also schrieb er jetzt Gunther an, der die Praxis von seinem Vater übernommen hatte, und forderte von ihm das Gleiche, das er schon von Wilhelm gefordert hatte: ein öffentliches Bekenntnis der Familie. Wenn nicht, würden die Morde weitergehen. Aber Gunther hat ganz genauso reagiert wie sein Vater vor ihm: gar nicht. Und das nun schon seit fast vierzig Jahren. Denn genau so lange bekommt auch er jetzt schon Jahr für Jahr einen Brief. Aber weder gesteht er die Verbrechen seines Vaters, noch beschützt er seine Familie.«
    » Du hast davon gewusst?«, rief Gernot. » Du hast gewusst, dass es nicht vorüber ist? Dass es weiter- und weitergeht? Dass du es stoppen kannst, und sogar wie du es stoppen kannst?«
    Gunther versuchte Gernot anzuschauen, aber es gelang ihm noch immer nicht. Seine Augen waren feucht.
    » Anna könnte noch leben, hättest du den Mund aufgemacht, Mann!«, ereiferte sich Gernot weiter. » Deine eigenen Töchter… Marlene und Sieglinde… Sophias Tochter Magda… Das alles hast du in Kauf genommen? Nicht wie ich als Strafe eines unabänderlichen Schicksals– als unabwendbare Buße für unsere Erbsünde–, sondern für den guten Ruf unserer Familie? Hast du mir deswegen jedes Mal, wenn es wieder passiert war, eingeredet, es wäre das letzte Mal gewesen? Um ja zu verhindern, dass ich zu Polizei gehe?«
    Auf einmal wurden Gunthers tränennasse Augen hart.
    » Red keinen Schwachsinn, Gernot!«, herrschte er ihn an– mit demselben überheblichen Ton, den er vorhin Volz gegenüber angeschlagen hatte. » Es ging nie um den Ruf der Familie!«
    » Nein? Worum ging es dann?« Gernots Blick war nun nicht weniger hart und unerbittlich als der von Gunther. » Worum?«
    » Um nicht weniger als unsere Existenz«, erwiderte Gunther mit einer Miene, die verriet, dass

Weitere Kostenlose Bücher