Ihr wahrer Name
wichtig genug, um mich zum Essen einzuladen, damit sie mich aushorchen können. Er hat behauptet, er möchte mich einladen, weil seine Frau einsam ist und gern wieder mal Italienisch sprechen würde, aber sie war von lauter Freunden umgeben, oder sollte ich lieber Speichellecker sagen? Jedenfalls hat sie mich mit Sicherheit nicht gebraucht, höchstens um Informationen zu bekommen.«
Ich runzelte die Stirn und dachte eine Weile nach. »Er hat bestimmt Bescheid gewußt über Fepples Leiche; wahrscheinlich hat er mich eingeladen, um rauszufinden, was ich weiß. Allerdings begreife ich nicht, warum. Es sei denn natürlich, die Gesellschaft macht sich mehr Sorgen über den Anspruch der Sommers-Familie, als sie zugeben will. Was bedeutet, daß es sich nur um die Spitze eines häßlichen Eisbergs handelt, den ich noch nicht sehe.
Er hat mich so kurz vorher angerufen... Ich frage mich, ob die anderen Gäste schon eingeladen waren oder ob sie sie schnell informiert haben, weil sie wußten, daß sie mitspielen würden. Besonders Laura Bugatti, das ist die Frau vom italienischen Kulturattache. Ihre Rolle war die der begeisterungsfähigen Naiven.« »Was soll das heißen?«
»Daß sie plumpe Fragen stellen konnte, ohne daß man ihr das verübelt hätte. Obwohl das natürlich auch ihre wahre Persönlichkeit sein könnte. Die Wahrheit ist, daß alle mir das Gefühl gegeben haben, groß und plump zu sein, sogar die einzige Amerikanerin in der Runde, eine ziemlich gallige Schriftstellerin. Hoffentlich habe ich nie eins ihrer Bücher gekauft. Es war fast, als hätten sie mich zu ihrer Unterhaltung eingeladen. Da lief eine Show, in der ich mitgespielt habe, aber ich war die einzige, die den Text nicht vorher kannte.«
»Ob man mit Geld glücklicher ist, kann ich nicht beurteilen, aber eins weiß ich schon seit Jahren, Schätzchen, und das ist, daß man sich mit Geld keinen Charakter kaufen kann. Von dem haben Sie nämlich zehnmal soviel wie irgendwelche reichen Snobs, die Sie zum Essen einladen, damit sie sich ein bißchen über Sie lustig machen können.«
Ich gab ihm einen Kuß auf die Wange und stand auf, denn inzwischen war ich so müde, daß ich weder denken noch reden konnte. Mit fast genauso steifen Schritten wie der alte Mann ging ich zusammen mit Peppy hinauf in meine Wohnung: Wir beide konnten in dieser Nacht eine Extrastreicheleinheit brauchen.
Das rote Lämpchen an meinem Anrufbeantworter blinkte. Ich war so erschöpft, daß ich mit dem Gedanken spielte, es zu ignorieren, doch dann fiel mir ein, daß Morrell vielleicht versucht hatte, mich zu erreichen. Die erste Nachricht war tatsächlich von ihm. Er sagte mir, ich fehle ihm, er liebe mich und er sei hundemüde, aber zu aufgeregt, um zu schlafen. »Ich auch«, murmelte ich und hörte mir seine Stimme noch ein paarmal an.
Die zweite Nachricht war von meinem Anrufbeantwortungsdienst. Amy Blount hatte zweimal bei mir angerufen. Man teilte mir mit, sie sei wütend und bestehe darauf, daß ich mich sofort mit ihr in Verbindung setze, wolle aber selbst keine näheren Angaben machen. Amy Blount? Ach ja, die junge Frau, die über die hundertfünfzigjährige Firmengeschichte der Ajax geschrieben hatte. Sofort. Tja, aber nicht jetzt. Nicht um ein Uhr morgens nach einem Tag, der zwanzig Stunden zuvor begonnen hatte. Also stellte ich den Signalton des Telefons aus, schlüpfte aus meinem Hosenanzug und ließ mich ins Bett fallen, ohne das Oberteil und die Diamantohrhänger meiner Mutter abzulegen.
Zum erstenmal seit über einer Woche schlief ich eine ganze Nacht durch und stolperte erst aus dem Bett, als Peppy mich um kurz nach acht mit der Nase anstieß. Das rechte Ohr tat mir weh, weil ich auf dem Ohrring geschlafen hatte; der linke war irgendwie im Bettzeug verschwunden. Ich suchte so lange herum, bis ich ihn fand, und legte beide zurück in meinen Safe, gleich neben meine Waffe. Diamanten von meiner Mutter, Waffen von meinem Vater. Vielleicht konnte Fillida Rossys Schriftstellerfreundin daraus ein Gedicht machen.
Während ich geschlafen hatte, waren Nachrichten von meinem Anrufbeantwortungsdienst und Mary Louise eingegangen, in denen sie mir mitteilten, daß Amy Blount noch einmal verlangt habe, mit mir zu sprechen. Nach einem kurzen Aufstöhnen ging ich in die Küche, um mir einen Kaffee zu machen.
Dann setzte ich mich mit einem doppelten Espresso auf die hintere Veranda und ließ Peppy so lange im Garten herumschnüffeln, bis ich mich wach genug fühlte, um meine
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