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Ihr wahrer Name

Ihr wahrer Name

Titel: Ihr wahrer Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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anzieht. Wir haben 'ne Menge Juden hier im Haus, und die sind genauso normal wie Sie und ich. Wieso hat der denn 'nen Hut und 'nen Schal und die Locken?« Ein Taxi, das jetzt vor dem Haus vorfuhr, bewahrte mich davor, mir eine passende Antwort zu überlegen. Eine Frau mit mehreren Koffern stieg aus dem Wagen, und der Portier sprang auf, um ihr entgegenzueilen. Wahrscheinlich, so dachte ich, hatte ich nun erfahren, was es zu erfahren gab, auch wenn das nicht so viel war, wie ich eigentlich gewollt hätte. Also folgte ich ihm nach draußen und überquerte die Straße zu meinem Wagen.
    Ich fuhr über die Addison Street nach Hause und versuchte, Sinn in das alles zu bringen. Rossy hatte Durham zu sich nach Hause eingeladen. Noch vor der Demonstration? Oder nach seiner Rückkehr von Springfield? Und irgendwie hatte Posner davon erfahren, und so war er Durham hierher gefolgt. Wo Rossy ihn besänftigt hatte.
    Ich wußte nichts über Alderman Durhams Liebe zum Geld - obwohl er nach dem Kauf der teuren Anzüge nicht mehr allzuviel für Lebensmittel übrig haben konnte, wenn er sie von seinem Gehalt als Alderman bezahlte -, aber die meisten Chicagoer Politiker haben ihren Preis, und der ist im allgemeinen nicht sehr hoch. Vermutlich hatte Rossy Durham eingeladen, um ihn zu bestechen. Doch was konnte Rossy Posner bieten, um einen Fanatiker wie ihn loszuwerden? Es war schon fast Mitternacht, als ich endlich einen Parkplatz in einer der Seitenstraßen in der Nähe meines Hauses fand. Ich wohnte ungefähr fünf Kilometer westlich von den Rossys. Als ich damals in meine kleine Wohnung gezogen war, hatten in der friedlichen Gegend hauptsächlich Arbeiter gelebt, doch mittlerweile befanden sich so viele schicke Restaurants und Boutiquen dort, daß das Fahren selbst so spät am Abend noch anstrengend war. Ein Geländewagen, der mich vor Wrigley Field schnitt, erinnerte mich daran, daß ich mich auf den Verkehr konzentrieren mußte. Trotz der späten Uhrzeit waren mein Nachbar und die Hunde noch wach. Offenbar hatte Mr. Contreras an der Tür gesessen und auf mich gewartet, denn ich war kaum drinnen, als er schon mit Mitch und Peppy herauskam. Die Hunde sprangen in dem winzigen Eingangsbereich bellend um mich herum und zeigten mir, daß sie nach meiner langen Abwesenheit sauer waren.
    Mr. Contreras fühlte sich genauso einsam und verlassen wie ich. Obwohl ich nach einem kurzen Lauf mit den Hunden rund um den Block erschöpft war, setzte ich mich zusammen mit ihm in seine vollgestellte Küche. Mr. Contreras trank einen Grappa; ich entschied mich für einen Kamillentee mit einem Schuß Brandy. Das Geschirr auf dem Küchentisch war angeschlagen, das einzige Bild an der Wand ein Kalender vom Tierschutzverein mit ein paar Welpen, und der Brandy war billig und scharf, aber hier fühlte ich mich wohler als im prunkvollen Wohnzimmer der Rossys.
    »Ist Morrell heute geflogen?« fragte der alte Mann. »Ich merk' schon, daß es Ihnen nicht so gutgeht. Trotzdem alles in Ordnung?«
    Ich brummte etwas und fing dann zu meiner Überraschung an, ihm in allen Details zu erzählen, wie ich Fepples Leiche gefunden hatte, über die Sommers-Familie, das fehlende Geld, die fehlenden Dokumente und die Essenseinladung am Abend. Er war verärgert, daß ich ihm die Sache mit Fepple nicht früher gesagt hatte - »schließlich waren Sie bei mir in der Küche, wie sie die Geschichte mit dem Mord in den Nachrichten gebracht haben« -, ließ mich jedoch nach kurzem Grollen weiterreden.
    »Ich bin müde und kann nicht mehr klar denken. Aber irgendwie hab' ich den Eindruck, daß das heute abend sorgfältig geplant war«, sagte ich. »Ich hab' mich in das Gespräch verwickeln lassen, doch jetzt habe ich das Gefühl, daß sie mich dazu bringen wollten, über etwas ganz Bestimmtes zu sprechen, ob über meinen Fund von Fepples Leiche oder das, was ich in der Sommers-Akte gesehen habe, weiß ich nicht.«
    »Vielleicht beides«, meinte mein Nachbar. »Sie sagen, der Name von dem Mädchen in der Leistungsabteilung war im Computer von dem Agenten, aber sie behauptet, daß sie nie in seinem Büro gewesen ist. Vielleicht doch. Vielleicht war sie dort, nachdem man ihn erschossen hat, und hat Angst, es zuzugeben.«
    Ich ließ Peppys seidige Ohren durch meine Finger gleiten. »Möglich. Wenn das so wäre, würde ich auch begreifen, warum Ralph Devereux sie zu schützen versucht. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, daß das Rossy oder seiner Frau wichtig wäre. Jedenfalls nicht

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