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Ihr wahrer Name

Ihr wahrer Name

Titel: Ihr wahrer Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Genie zu sein, um sich einen Reim darauf zu machen. Aber die Sache hat noch einen anderen Aspekt.«
    Ich erzählte ihr, daß Rossy und Durham sich am Dienstag nachmittag während der Demonstration unterhalten hatten und Durham dann eine Stunde später zu Rossy nach Hause gegangen war. »Ich habe überlegt, ob die Ajax versucht hat, Durham zu kaufen. Aufgrund Ihrer Informationen frage ich mich nun, ob Durham Rossy erpressen wollte. War irgend etwas in den Akten, dessen Bekanntwerden die Edelweiß um jeden Preis verhindern möchte?«
    »Mir ist nichts aufgefallen, was ich für so geheim gehalten hätte. Nichts über den Holocaust zum Beispiel oder ernsthafte Ansprüche aus der Zeit der Sklaverei. Aber es waren Hunderte von Seiten Archivmaterial, die ich kopiert habe, um sie später möglicherweise für ein anderes Projekt zu verwenden. Die müßte ich mir noch einmal genauer ansehen. Doch natürlich kann ich das nicht.« Sie wandte den Kopf ab, damit ich Ihre Tränen der Enttäuschung nicht bemerkte. Durham und Rossy. Was hatte die beiden zusammengebracht? Posner hatte gesagt, Durham habe mit seiner Kampagne erst nach seinen Demonstrationen vor dem Ajax-Gebäude angefangen. Aber das bewies nichts außer Durhams Lust, im Rampenlicht zu stehen.
    Ich beugte mich vor. »Sie sind doch im Denken geübt. Ich habe Ihnen gestern gesagt, was hier los ist. Jetzt hat die Protestaktion von Durham komplett aufgehört. Dabei hat er letzte Woche vor dem Ajax-Gebäude und am Dienstag nachmittag im Gespräch mit Rossy noch den starken Mann markiert. Ich habe bei ihm im Büro angerufen; die Leute dort sagen, es freut sie, daß die Ajax den Holocaust Recovery Act gekippt hat, weil darin kein Abschnitt über eine Entschädigung afrikanischer Sklaven enthalten war. Deshalb halten sie sich fürs erste mit Demonstrationen zurück.«
    Sie hob die Hände. »Es könnte so einfach sein. Möglicherweise hat es wirklich nichts mit meinen Unterlagen zu tun. Ich sehe, daß das Ganze ein komplexes Problem ist. Leider muß ich jetzt zu einem anderen Termin - ich halte um sieben ein Seminar in der Newberry Library -, aber wenn Sie mir eine der Fotokopien geben, schaue ich sie mir später genauer an. Falls mir dann noch etwas einfällt, rufe ich Sie an.«
    Ich begleitete sie hinaus und schloß hinter mir alles sorgfältig ab. Die Fotokopien und die beiden Bücher selbst nahm ich mit, weil ich sie Max zeigen wollte. Vielleicht verstand er die deutschen Einträge. Und das Original war möglicherweise leichter zu entschlüsseln als die Kopie. Ich machte einen kurzen Zwischenstopp zu Hause, um Ninshubur aus dem Trockner zu holen. Der kleine Hund war immer noch ein bißchen feucht und hatte ein fahleres Blau als früher, aber die Flecken um seinen Kopf und an seiner linken Seite fielen fast nicht mehr auf: Wenn Calia ihn erst einmal eine Woche überallhin mitgeschleppt hatte, wäre er so schmutzig, daß die leichten Blutränder ohnehin keine Rolle mehr spielten. Bevor ich ging, versuchte ich es noch einmal bei Rhonda Fepple, doch die war entweder immer noch nicht zu Hause oder hatte keine Lust, ans Telefon zu gehen. Ich hinterließ meinen Namen und meine Handynummer zum zweitenmal. Gerade als ich in den Wagen steigen wollte, beschloß ich, noch einmal hinaufzugehen und meine Smith & Wesson aus dem Safe zu holen. Irgend jemand hantierte gefährlich nahe bei mir mit Schußwaffen. Und wenn dieser Jemand anfing, auf mich zu schießen, wollte ich wenigstens in der Lage sein, das Feuer zu erwidern.

41
    Familienfest
    Während ich nach Norden fuhr, schaltete ich die Lokalnachrichten ein. Die Polizei, hieß es, wolle unbedingt mit der Frau sprechen, die die Sanitäter in das Haus eines Angeschossenen beim Lincoln Park gelassen habe.
    Sie hat den Sanitätern gesagt, sie sei mit dem Opfer befreundet, hat aber keinen Namen angegeben. Als die Polizei eintraf, war sie nicht mehr da. Ihren blauen Overall hatte sie zurückgelassen. Möglicherweise gehört sie zu einer Putzkolonne und hat einen Einbrecher überrascht, denn es fehlen keinerlei Wertgegenstände. Die Polizei gibt den Namen des Opfers nicht bekannt, das sich nach der Entfernung einer Kugel aus dem Herzen in kritischem Zustand befindet.
    Genau. Warum hatte ich nicht einfach gesagt, ich gehöre zu einer Putzkolonne? Mein blauer Overall wäre die perfekte Tarnung gewesen. Hoffentlich dachten die Sanitäter, ich sei eine Illegale, die geflohen war, um der Polizei ihren Ausweis nicht zeigen zu müssen. Hoffentlich

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