Ihr wahrer Name
den Akten gefunden, mit denen ich zu tun hatte, aber natürlich gibt es bei der Ajax nur Unternehmensakten und keine Aufzeichnungen über Kunden.« Sie schien noch nicht gehen zu wollen, also fragte ich sie, ob sie weitere Anschuldigungen von Bertrand Rossy gehört habe, daß sie Ajax-Dokumente an Alderman Durham weitergegeben habe. Sie spielte mit einem großen Türkisring an ihrem Zeigefinger, drehte ihn und betrachtete ihn im Licht.
»Das war merkwürdig«, sagte sie. »Wahrscheinlich ist das der eigentliche Grund, warum ich vorbeikommen wollte. Um Sie nach Ihrer Meinung zu fragen, vielleicht auch, um mich mit Ihnen auszutauschen. Ich hatte gehofft, Ihnen etwas über Ihr Dokument sagen zu können, damit Sie mir mitteilen würden, was Sie von einem Gespräch halten.«
Mein Interesse war geweckt. »Sie haben Ihr Bestes getan, und ich versuche das meine.«
»Es fällt mir nicht leicht, Ihnen das zu sagen, und Sie würden mir einen großen Gefallen tun, wenn es unter uns bleibt und Sie die Informationen von mir nicht zur Basis irgendwelcher Handlungen machen.«
Ich runzelte die Stirn. »Ohne irgend etwas zu wissen, kann ich Ihnen nichts versprechen. Es könnte ja sein, daß ich dadurch mitschuldig werde an einem Verbrechen oder Ihre Informationen dazu beitragen, meinen Klienten vom Verdacht des Mordes zu befreien.« »Ach! Sie meinen Ihren Mr. Sommers, Ihren nichtjüdischen Mr. Sommers. Nein, um solche Informationen handelt es sich nicht. Es ist... es ist politisch. Es könnte politischen Schaden anrichten und peinlich werden. Für mich, als jemand bekannt zu sein, der die Informationen herausgegeben hat.«
»Dann kann ich ohne Probleme versprechen, das, was Sie mir sagen, vertraulich zu behandeln«, erklärte ich ernst.
»Es geht um Mr. Durham«, sagte sie, den Blick immer noch auf ihren Ring geheftet. »Er hat mich tatsächlich gebeten, ihm Dokumente aus den Ajax-Akten zu überlassen. Er wußte, daß ich an der Firmengeschichte arbeite -das wußte jeder. Mr. Janoff - Sie wissen schon, der Leiter der Ajax - hat mich bei der Gala zum hundertfünfzigjährigen Firmenjubiläum einer ganzen Menge von Leuten vorgestellt. Allerdings ist er dabei ein bißchen herablassend vorgegangen - Sie wissen ja, wie das geht: >Hier ist das Mädchen, das unsere Firmengeschichte geschrieben hat.< Wäre ich weiß, hätte er mich dann auch als >Mädchen< vorgestellt oder als >Jungen<, wenn ich ein Mann wäre? Aber jedenfalls habe ich den Bürgermeister und sogar den Gouverneur kennengelernt und ein paar Leute aus der Stadtverwaltung, unter ihnen auch Mr. Durham. Am Tag nach der Gala hat er, ich meine, Mr. Durham, dann angerufen. Er wollte, daß ich ihm alle Materialien aus den Archiven zukommen lasse, die seiner Kampagne nützen könnten. Ich habe ihm erklärt, das stünde nicht in meiner Macht, und selbst wenn dem so wäre, glaubte ich nicht an die Opferpolitik.« Sie hob kurz den Blick. »Er war nicht beleidigt. Statt dessen - ich weiß nicht, ob Sie ihn je persönlich kennengelernt haben, aber er kann sehr charmant sein, und diesen Charme hat er bei mir spielen lassen. Und ich war... erleichtert, daß er mich nicht sofort als Verräterin unserer Rasse oder etwas Ähnliches beschimpft hat, wie Leute das manchmal tun, wenn man nicht ihrer Meinung ist. Er hat gesagt, er sei offen für weitere Diskussionen.«
»Und hat er die Diskussion mit Ihnen tatsächlich weitergeführt?« fragte ich, als sie schwieg. »Er hat mich heute morgen angerufen und gesagt, er wäre froh, wenn ich seine Frage nach dem Material vergessen könnte. So etwas sei sonst nicht seine Art, und es sei ihm peinlich, daß ich ihn für einen Mann halten könnte, der sich so wenig um die ethischen Grundsätze schert.« Sie wandte den Kopf ab. »Aber jetzt scheint das alles... Sie wissen ja, daß jemand meine sämtlichen Notizen gestohlen hat.«
»Und Sie überlegen, ob Durham hinter diesem Diebstahl stecken könnte? Beziehungsweise ob er nur angerufen hat, weil er nun ja sowieso hat, was er wollte?«
Sie nickte unglücklich, immer noch nicht in der Lage, mich anzusehen. »Bei seinem Anruf heute morgen war ich erst mal nur wütend. Ich habe gedacht, mein Gott, für wie dumm hält der Mann mich eigentlich? Aber das habe ich nicht gesagt.«
»Wollen Sie meine professionelle Meinung hören? Aufgrund der Informationen, die Sie mir gegeben haben, würde ich Ihnen beipflichten. Wenn man einen leeren Milchkrug sieht und eine Katze, die sich das Maul leckt, braucht man kein
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