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Ihr wahrer Name

Ihr wahrer Name

Titel: Ihr wahrer Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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verschnörkelten Schrift weiter durch.
    »Mein Vater hat seine Versicherung über eine italienische Gesellschaft abgeschlossen. 1959 ist mir plötzlich der Gedanke gekommen, daß ich mir diese Lebensversicherung eigentlich ausbezahlen lassen könnte. Es ging nicht um viel Geld, aber warum sollte ich es dem Unternehmen schenken? Es war ein ewiges Hin und Her. Doch sie haben sich nicht erweichen lassen: Ohne Sterbeurkunde und Policennummer wollten sie mir nicht weiterhelfen.« Er verzog verbittert den Mund. »Dann habe ich jemanden angeheuert - ich konnte es mir leisten, jemanden anzuheuern -, der die Unterlagen der Gesellschaft für mich durchgegangen ist und die Policennummer gefunden hat. Trotzdem haben sie nichts gezahlt, weil ich keine Sterbeurkunde vorweisen konnte. Diese Versicherungshaie in ihren Wolkenkratzern aus Glas. Ich bestehe darauf, daß das Cellini-Ensemble keinerlei Spendengelder von Versicherungsgesell-
    Schäften annimmt. Unser Management macht das natürlich wütend, aber ich denke immer: Es könnten die Münzen meines Vaters sein, mit dem sie sich einen Platz in der Kunst erkaufen.« Max nickte verständnisvoll; Lotty murmelte: »Wahrscheinlich klebt am Geld immer das Blut irgendeines Menschen.«
    »Glaubt ihr also, daß diese Zahlen sich auf Versicherungsabschlüsse beziehen?« fragte ich nach einer Weile. »Und die Kreuze könnten bedeuten, daß der Betreffende gestorben ist. Vielleicht hat er nur die abgehakt, bei denen er sich sicher war.«
    Da begann das Handy in meiner Tasche auf dem Boden zu klingeln. Es war Rhonda Fepple, die mit der gedämpften Stimme der Trauernden sprach. War jemand festgenommen worden? Ihr sagte die Polizei ja nichts.
    Ich ging mit dem Telefon in die Küche und erläuterte ihr den Stand der Ermittlungen, falls man sie als solche bezeichnen konnte, bevor ich sie fragte, ob Al Hoffman Deutscher gewesen sei. »Deutscher?« wiederholte sie, als habe ich sie gefragt, ob er vom Pluto gekommen sei. »Das weiß ich nicht mehr. Aber jetzt, wo Sie's erwähnen: Ich glaube, er war tatsächlich aus dem Ausland. Mr. Fepple hat seinerzeit irgendwelche juristischen Sachen für ihn erledigt, als Mr. Hoffman Amerikaner werden wollte.« »Und sein Sohn hieß Paul?«
    »Paul? Ja, ich glaube, das könnte stimmen: Paul Hoffman. Ja, genau. Was? Hat Paul meinen Jungen getötet? War er neidisch, weil Howie die Agentur geerbt hat?«
    Konnte Paul Hoffman-Radbuka ein Mörder sein? Verwirrt ja, aber ein Mörder? Möglicherweise hatte er Howard Fepple für einen Sympathisanten der Einsatzgruppen gehalten. Wenn er wußte, daß Fepple eins von Ulfs alten Versicherungsbüchern hatte, war er unter Umständen wahnsinnig genug zu glauben, daß er Fepple umbringen müsse. Das klang absurd, doch alles im Zusammenhang mit Paul Radbuka-Hoffman ließ sich nicht mit Vernunft erklären. »Hätte Ihr Sohn es Ihnen erzählt, wenn er Paul Hoffman in letzter Zeit gesehen hätte?« »Vielleicht nicht, wenn er irgendeinen geheimen Plan hatte«, sagte Rhonda teilnahmslos. »Er hatte gern Geheimnisse; sie haben ihm das Gefühl gegeben, wichtig zu sein.«
    Was für ein trauriges Epitaph. Eher um mich zu trösten als sie, fragte ich sie, ob sie jemanden habe, mit dem sie reden könne, der ihr in dieser schwierigen Zeit helfen würde - eine Schwester vielleicht oder einen Geistlichen.
    »Alles ist so unwirklich seit Howies Tod. Seitdem fühle ich gar nichts mehr. Nicht einmal der Einbruch ins Haus hat mich so aus der Fassung gebracht, wie man erwarten würde.« »Wann ist denn das passiert?« Obwohl sie das so apathisch gesagt hatte, als lese sie von einer Einkaufsliste ab, ließ mich diese Information aufhorchen.«
    »Ich glaube, es war an dem Tag, nachdem sie ihn gefunden haben. Ja, das stimmt, denn gestern war's nicht. Was wäre das dann für ein Tag gewesen?« »Dienstag. Ist irgend etwas gestohlen worden?«
    »Hier gibt es nichts wirklich Interessantes, aber den Computer von meinem Jungen haben sie mitgenommen. Wahrscheinlich kommen Banden aus der Stadt hier raus, um Sachen zu stehlen, die sie für Drogen verscherbeln können. Die Polizei hat nichts unternommen. Aber eigentlich ist mir das auch egal. Jetzt ist alles egal - und einen Computer hätte ich sowieso nie benutzt, soviel steht fest.«

42
    Lottys großer Auftritt
    Ich starrte durch das Küchenfenster hinaus in den dunklen Garten. Dieselbe Person, die Paul angeschossen hatte, mußte auch bei Rhonda Fepple eingebrochen sein. Sie?... Ilse die Wölfin... hatte

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