Ihr wahrer Name
Fepple umgebracht. Nicht wegen der Sommers-Akte, sondern aus einem völlig anderen Grund, nämlich um an das Fragment aus Ulf Hoffmans Kladde zu kommen, das ich in Fepples Aktentasche gefunden hatte. Und dann war diese Person auf der Suche nach dem Rest der Bücher durch ganz Chicago gefahren.
Howard Fepple hatte in seiner Aufregung über seinen baldigen Reichtum Druck auf den Falschen ausgeübt. Ich schüttelte den Kopf. Fepple hatte nichts über Hoffmans Bücher gewußt, seine Aufmerksamkeit war durch etwas in der Sommers-Akte geweckt worden. Er war aufgeregt gewesen, hatte seiner Mutter gesagt, sie würde schon bald einen Mercedes fahren. Er hatte herausgefunden, wie Al Hoffman trotz seiner lausigen Kundenliste Geld machte. Nicht wegen der Kladde.
Hinter mir hörte ich laute Stimmen, dann Türenschlagen und den Motor eines Wagens. Konnte es noch einfacher sein? Konnte Paul Hoffman-Radbuka Fepple ermordet haben? Vielleicht war er so von seinem Wahn besessen, daß er Fepple für einen Angehörigen der Einsatzgruppe seines Vaters hielt. Aber wer hatte dann auf Paul geschossen? Ich begriff das Ganze einfach nicht, kam mir vor wie ein Hamster im Rad. Was war Fepple aufgefallen, das ich nicht sah? Oder welches Papier hatte er zu Gesicht bekommen, das nun in den Händen seines Mörders war? Die geheimen Dokumente von Paul, von denen ich mir eine Klärung aller Rätsel erhofft hatte, verwirrten mich nur noch mehr.
Ich ging zeitlich noch ein bißchen weiter zurück. Auf dem Fragment von Hoffmans Büchern, das ich in Fepples Tasche gefunden hatte, war auch der Name »Aaron Sommers« gewesen. War das der Onkel meines Klienten? Oder hatte es zwei Aaron Sommers gegeben, einen jüdischen und einen schwarzen?
Connie Ingram hatte mit Fepple gesprochen, so viel stand fest. Selbst wenn sie nie bei ihm gewesen war, hatte sie doch mit ihm gesprochen. Und er hatte ihren Namen in seinen Terminkalender im Computer eingetragen. War sie vielleicht doch zu Fepple ins Büro gegangen - auf Ralphs Anweisung hin? Ein schrecklicher Gedanke. Auf Rossys Anweisung? Wenn ich Connie Ingram eine Kopie von Hoffmans Büchern zeigte, würde sie mir dann sagen, ob sie etwas Ähnliches in Fepples Kopie der Sommers-Akte gesehen hatte? Ich kehrte ins Wohnzimmer zurück. Lotty war verschwunden.
»Sie wird von Mal zu Mal seltsamer«, beklagte sich Carl. »Nach einem Blick auf die Seite, auf die dieser Wahnsinnige in Rot geschrieben hatte, daß Sofie Radbuka seine Mutter im Himmel sei, hat sie eine melodramatische Ansprache gehalten und das Haus verlassen.« »Um was zu tun?«
»Sie wollte diese Therapeutin Rhea Wiell aufsuchen«, sagte Max. »Offen gestanden finde ich, es ist höchste Zeit, daß jemand mit der Frau redet. Ich weiß, Victoria, du hast das bereits versucht, aber Lotty - sie hat den professionellen Hintergrund für eine echte Konfrontation.«
»Will Lotty das noch heute abend machen?« fragte ich. »Inzwischen ist es schon ein bißchen zu spät für einen Besuch in ihrer Praxis, und ihre Privatadresse steht nicht im Telefonbuch.« »Dr. Herschel wollte in ihre eigene Klinik«, sagte Tim aus der Ecke, von der aus er uns schweigend beobachtet hatte. »Ihrer Aussage nach hat sie in ihrem Büro ein Verzeichnis, das Aufschluß über Ms. Wiells Privatadresse geben müßte.«
»Sie wird schon wissen, was sie tut.« Ich ignorierte Carls spöttische Bemerkung. »Bei der Konfrontation wäre ich wirklich gern dabei: Die Prinzessin von Österreich gegen die Hypnosepäpstin. Ich setze auf Rhea - sie leidet unter einer gesegneten Kurzsichtigkeit, die in so einer Situation der perfekte Panzer sein könnte... Max, ich lasse dir jetzt deine Ruhe. Ich weiß, daß es eine lange, harte Woche gewesen ist, auch wenn ihr durch die Attacke auf Paul nun aufatmen könnt. Aber zu den Abkürzungen in diesen Büchern wollte ich dich noch etwas fragen. Wo sind sie übrigens ? Könntest du...« Ich ging die Unterlagen auf dem Beistelltischchen durch. »Lotty hat sie mitgenommen«, sagte Carl. »Nein. Das ist nicht möglich. Diese Bücher sind wichtig.«
»Tja, sag das ihr.« Carl zuckte gleichgültig mit den Achseln und schenkte sich noch ein Glas Champagner ein.
»Verdammt!« Ich wollte aufspringen und Lotty nachlaufen, doch dann kam mir das Bild von der Flipperkugel in den Sinn, und ich setzte mich wieder. Zum Glück hatte ich ja noch die Kopien, die ich von den Seiten der Bücher gemacht hatte. Vielleicht gelang es Max auch mit ihrer Hilfe, etwas
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