Ihr wahrer Name
mir nicht sicher war, ob es sich um eine rhetorische Frage handelte oder nicht. Sie würde Zeit brauchen, um zum eigentlichen Thema zu kommen. Und ich durfte sie nicht drängen. Ich schaltete das Handy in meiner Tasche aus; wenn jemand anrief, sollte das Klingeln sie nicht ablenken.
»Seit dem Tod von Mr. Sommers mache ich mir Sorgen um Isaiah. Er hat die Beisetzung aus eigener Tasche bezahlt, und er hat Sie angeheuert, wieder mit Geld aus der eigenen Tasche, damit Sie herausfinden, was aus dem Versicherungsgeld von Mr. Sommers geworden ist. Für diese guten Taten sitzt ihm jetzt die Polizei im Nacken, und auch seine Frau läßt ihm keine Ruhe. Er hat einen guten Job in der Maschinenfabrik. Sie hat Glück, daß sie mit einem so fleißigen Arbeiter und gläubigen Mann verheiratet ist, mein Mann war genauso. Aber sie ist wie ein Kind und will immer das, was sie nicht haben kann.«
Sie musterte mich mit strengem Blick. »Insgeheim habe ich Ihnen die Schuld für Isaiahs Probleme gegeben, obwohl er immer wieder gesagt hat, Sie wollen das Feuer austreten, es nicht schüren. Als der Reverend mit mir über Colby sprechen wollte, war ich zuerst nicht bereit, ihm zuzuhören, doch dann hat der Reverend mich an den Satz aus der Bibel erinnert: >Augen haben sie und sehen nicht; Ohren haben sie und hören nicht. < Und da wußte ich, daß für mich die Zeit gekommen war zuzuhören.«
Sie nickte, als hielte sie sich selbst einen Vortrag. »Der Reverend hat mir gesagt, daß Colby plötzlich mit viel Geld herumwedelt, und ich habe mich gefragt, was er mir mitteilen will - daß Colby das Versicherungsgeld meines Mannes hat? Aber da hat der Reverend gesagt, nein, es ist ganz anders. Colby hat das Geld bekommen, weil er geholfen hat, eine Arbeit zu erledigen. >Eine Arbeits habe ich gesagt. >Wenn mein Neffe Colby Geld fürs Arbeiten bekommt, danke ich meinem Herrn auf Knien.< Doch der Reverend hat gesagt: >Er treibt sich mit ein paar von den Empower-Youth-Energy-Männern rum.< Und ich hab' gesagt: > Alderman Durham tut viel Gutes hier im Viertel, da will ich nichts Böses über ihn denken.< Und der Reverend hat gesagt: >Ich höre, Schwester Sommers, und denke auch nichts Böses über ihn. Ich weiß, was er für Ihren Sohn getan hat, als er ein Kind war, und wie er Ihnen und Mr. Sommers geholfen hat, als Ihr Sohn mit der Geißel der Muskeldystrophie geschlagen war. Aber ein Mann weiß nicht immer, was die linke Hand seiner linken Hand tut. Und manche der linken Hände von Alderman Durham finden einen Weg in die Brieftasche und Kassen der Leute.<«
Sie brummte etwas, verbittert darüber, daß sie mir, einer Fremden, einer Weißen, Schlechtes über ihre Familie erzählen mußte. »Und der Reverend hat gesagt: >Ich habe gehört, daß Ihr Neffe Colby Geld bekommen hat dafür, daß er bei der Polizei anruft und den Beamten sagt, sein Cousin Isaiah sei in dem Büro von dem Versicherungsagenten gewesen, der Sie um das Geld Ihres Mannes betrogen hat und dann ermordet wurde. Genau wie Kain Abel gehaßt hat, weil er ein rechtschaffener Mann war vor dem Herrn, hat auch Colby seinen Cousin Isaiah gehaßt. Ich habe gehört<, sagte der Reverend, >ich habe gehört, daß er den Anruf gern erledigt hat. Und ich habe gehört, als dieselben linken Hände der linken Hand von Alderman Durham eine Waffe brauchten, wußte Colby, wo man sie finden kann. Und als sie mit einem Schweißbrenner in eine Wohnung in Hyde Park eingebrochen sind, hat Colby gern für sie Schmiere gestanden<.
>Ich werde nicht meine eigene Familie bei der Polizei anschwärzen, habe ich dem Reverend gesagt. >Aber es ist nicht richtig, daß Isaiah ins Gefängnis kommt, was passieren wird, wenn die Polizei dem Haß seines Cousins glaubt.< Und als diese andere Frau heute morgen hier erschienen ist, um mir Fragen über Colby zu stellen, weil auch sie Geschichten über ihn gehört hatte, sind Sie mir eingefallen. Und ich habe gewußt, daß die Zeit gekommen ist, mit Ihnen zu reden.« Ich war so verblüfft, daß ich nicht wußte, was ich sagen sollte. Alderman Durhams EYE-Team hatte den Auftrag erhalten, Howard Fepple umzubringen? Das konnte doch wohl kaum sein. Ich hielt es jedenfalls nicht für möglich, denn dem Wachmann im Gebäude der Hyde Park Bank wären Angehörige des EYE-Teams mit Sicherheit aufgefallen. Man konnte sie eigentlich nicht mit zukünftigen Eltern verwechseln, die einen Lamaze-Kurs besuchten. Aber mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit waren es Sympathisanten des EYE-Teams
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