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Ihr wahrer Name

Ihr wahrer Name

Titel: Ihr wahrer Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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gewesen, die in Amy Blounts Apartment eingebrochen waren. Ich rieb mir die Augen, als könnte mir das Klarheit bringen. Irgendwann beschloß ich, Gertrude Sommers die meisten Ereignisse der letzten eineinhalb Wochen zu erzählen und auch die alten Bücher zu erwähnen, in die Ulf Hoffman die Zahlungen seiner Kunden eingetragen hatte. »Ich verstehe das alles nicht«, sagte ich. »Aber ich werde mit Alderman Durham reden müssen. Und möglicherweise muß ich mich hinterher auch mit der Polizei in Verbindung setzen. Ein Mann ist tot, ein anderer schwer verletzt. Ich begreife nicht, was für ein Bezug bestehen könnte zwischen Hoffmans alten Büchern und Alderman Durham... «
    Ich schwieg. Aber Rossy hatte Durham am Dienstag auf der Straße angesprochen. Er war gerade aus Springfield zurückgekommen, von der Abstimmung gegen den Holocaust Asset Recovery Act, in der die Ajax sich hinter Durhams Forderungen nach Entschädigungszahlungen für die Nachkommen der Sklaven gestellt hatte. Und danach waren die Demonstrationen beendet worden. Rossy kam aus einer europäischen Versicherungsgesellschaft. Carl hatte den Eindruck gehabt, daß Hoffmans Aufzeichnungen ähnlich aussahen wie die, die ein europäischer Versicherungsvertreter viele Jahre zuvor über seinen Vater angelegt hatte. War das die Verbindung zwischen Rossy und der Midway Insurance Agency?
    Ich nahm meine Aktentasche und holte die Kopien von Hoffmans Büchern heraus. Mrs. Sommers beobachtete mich, anfangs ein wenig verärgert über meine mangelnde Aufmerksamkeit, dann jedoch interessiert.
    »Was ist das? Das sieht aus wie Mr. Hoffmans Handschrift. Sind das seine Aufzeichnungen über die Versicherung von Mr. Sommers?«
    »Nein. Doch ich frage mich, ob es sich um die Aufzeichnungen über eine andere Versicherung handeln könnte, die er vor fünfundsechzig Jahren in Europa verkauft hat. Sehen Sie sich das mal an.« Ich zeigte ihr die Seite mit den Zahlen:
    »Aber das ist kein >E<, sondern ein >N<, also kann es sich nicht um eine Policennummer der Edelweiß handeln. Oder vielleicht doch, und sie haben ihren eigenen Unternehmenskode.« »Sie wissen wahrscheinlich, wovon Sie sprechen, junge Frau. Aber mir sagt das überhaupt nichts.« Ich schüttelte den Kopf. »Mir sagen die Zahlen auch nichts. Doch andere Dinge beginnen allmählich, einen schrecklichen Sinn zu ergeben.«
    Nur, was die Versicherung ihres Mannes mit der ganzen Sache zu tun hatte, wußte ich nicht. Ich hätte liebend gern das Einkommen eines Monats und noch ein bißchen mehr gegeben, um sehen zu können, was Howard Fepple in der Akte von Aaron Sommers gefunden hatte. Doch wenn Hoffman vor dem Krieg Versicherungen für die Edelweiß verkauft hatte, wenn er einer jener Männer gewesen war, die jeden Freitagnachmittag mit dem Fahrrad ins Getto kamen, wie Carl es beschrieben hatte... Aber die Edelweiß war vor dem Krieg lediglich regional tätig gewesen.
    Behaupteten die Vertreter des Unternehmens jedenfalls. Und so hieß es auch in der Firmengeschichte.
    Ich erhob mich abrupt. »Irgendwie wird es mir gelingen, alle Vorwürfe gegen Ihren Neffen Isaiah zu widerlegen, obwohl ich ehrlich gestehen muß, daß ich im Moment noch nicht weiß, wie. Und was Ihren Neffen Colby anbelangt - ich hab's nicht gern, wenn Leute irgendwo einbrechen oder anderen Leuten Waffen für Verbrechen besorgen. Allerdings habe ich das Gefühl, daß Colby mehr Gefahr von seinen Komplizen als vom Gesetz droht. Ich muß jetzt gehen. Wenn mein Verdacht sich bestätigt, liegt des Rätsels Lösung im Zentrum der Stadt, vielleicht auch in Zürich, nicht hier.«

46
    Uralte Geschichten
    Im Wagen schaltete ich das Handy wieder ein und rief Amy Blount an. »Heute hätte ich eine neue Frage an Sie, über den Teil der Ajax-Firmengeschichte, in dem's um die Edelweiß geht. Woher hatten Sie das Material?« »Das hat das Unternehmen mir gegeben.«
    Ich wendete, eine Hand auf dem Steuer, in der anderen das Handy. Plötzlich mußte ich bremsen, weil eine Katze über die Straße lief. Ihr folgte ein kleines Mädchen, das ihren Namen rief. Der Wagen brach nach hinten aus. Ich ließ das Handy fallen und lenkte den Mustang mit klopfendem Herzen an den Straßenrand. Was für ein Glück, daß ich das Mädchen nicht erwischt hatte. »Entschuldigung - im Augenblick bin ich ziemlich durch den Wind. Ich versuche, zu viele Dinge gleichzeitig zu machen und fahre wie der Henker«, sagte ich, als ich mich genug erholt hatte, um das Handy wieder ans Ohr zu halten.

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