Ihr wahrer Name
Unternehmen, aus denen die Ajax-Gruppe bestand -, um nachzuweisen, daß sie keine Gelder zurückhielt, die eigentlich den Kriegsopfern in Europa gehörten. Und das würde eine hübsche Summe kosten.
Hatte Fepple sich auf diese Gelegenheit gestürzt? Hatte er genug Informationen in der Akte von Aaron Sommers gefunden, um einen Erpressungsversuch unternehmen zu können? Er war völlig aus dem Häuschen gewesen über eine neue Möglichkeit, Geld zu verdienen. Wenn das tatsächlich diese Möglichkeit gewesen war, hatte dann jemand bei der Ajax Anlaß gehabt, ihn umzubringen? Und wer hatte geschossen? Ralph? Der fröhliche Bertrand? Seine sanfte, aber doch stahlharte Frau?
Ich beschleunigte, weil ich so schnell wie möglich beginnen wollte, neue Informationen zu sammeln. Im Augenblick war ich noch dabei, ein Kartenhaus zu bauen; ich brauchte Fakten aus solidem Mörtel und Zement. Während ich auf den Jackson Boulevard einbog und in Richtung Osten in den Loop fuhr, trommelte ich an jeder Ampel ungeduldig mit den Fingern aufs Lenkrad. Etwas westlich vom Fluß, im Schatten der Union Station und der verrufenen Kneipen der Gegend, fand ich einen Parkplatz. Ich warf eine Handvoll Vierteldollarmünzen in die Parkuhr und lief die vier Häuserblocks nach Osten zur Insurance Exchange.
Dabei handelte es sich um ein altes Gebäude an der südwestlichen Ecke des Loop. Das Illinois Insurance Institute erwies sich als eins der ältesten und verstaubtesten Büros darin. In altmodischen Hängelampen befanden sich Neonleuchten, die irritierend flackernd das Gesicht der Frau gleich beim Eingang beleuchteten. Sie hob blinzelnd den Blick von der Post, die sie gerade fertig machte, wie eine Eule, die nicht daran gewöhnt ist, Fremde im Wald zu sehen. Als ich ihr erklärte, daß ich herauszufinden versuchte, wie groß die Edelweiß in den dreißiger Jahren gewesen war und ob das Unternehmen eine Niederlassung in Wien gehabt hatte, legte sie seufzend den Stapel Papiere beiseite, die sie gerade faltete.
»Keine Ahnung. Wenn Sie wollen, können Sie selbst in der Bibliothek nachschauen, aber leider habe ich keine Zeit, Ihnen zu helfen.«
Sie rutschte mit ihrem Stuhl zurück und öffnete die Tür zu einem düsteren Raum am hinteren Ende, der bis zur Decke mit Regalen voller Bücher und Akten war.
»Es ist alles ungefähr in chronologischer Reihenfolge«, sagte sie und deutete dabei mit dem Arm vage in die linke Ecke. »Je weiter Sie in die Vergangenheit kommen, desto ordentlicher wird's - die meisten Leute wollen Einblick in aktuellere Dokumente nehmen, und ich habe kaum die Zeit, hinterher wieder alles zu ordnen. Sie würden mir sehr helfen, wenn Sie die Unterlagen nach dem Lesen an denselben Platz zurückstellen. Wenn Sie von irgendwas Kopien machen wollen, können Sie mein Gerät benutzen, aber es kostet zehn Cent pro Kopie.«
Da klingelte das Telefon, und sie huschte nach vorne. Ich ging in die Ecke, in die sie gedeutet hatte. Dafür, daß der Raum ziemlich klein war, befand sich hier eine deprimierende Menge von Material -ganze Regale mit National Underwriter und Insurance Blue Books; Reden vor dem American Insurance Institute und internationalen Versicherungskongressen; Anhörungen vor dem Kongreß, die dazu dienen sollten herauszufinden, ob im Spanisch-Amerikanischen Krieg versenkte Schiffe nach Seeversicherungsrecht versichert waren. Ich arbeitete mich so schnell ich konnte mit Hilfe einer mobilen Bücherleiter vor, bis ich eine Abteilung mit Dokumenten fand, die bis in die zwanziger und dreißiger Jahre zurückreichten. Ich blätterte sie durch. Mehr Reden, mehr Anhörungen vor dem Kongreß, diesmal über Versicherungsleistungen für Veteranen des Ersten Weltkriegs. Meine Hände waren schon ganz schwarz vom Staub, als ich es fand: ein kleines dickes Buch, dessen ursprünglich blauer Umschlag nun ausgeblichen grau war. Le Registre des Bureaux des Compagnies d'Assurances Europeennes, 1936 in Genf gedruckt.
Ich kann Französisch nicht besonders gut lesen - anders als das Spanische ist es dem Italienischen nicht ähnlich genug, als daß ich der Handlung eines Romans folgen könnte -, aber eine Liste europäischer Versicherungsgesellschaften erforderte keinen Linguisten. Fast hätte ich den Atem angehalten, als ich damit zu der schwachen Lampe in der Mitte des Raums ging, wo ich mich abmühte, die winzigen Buchstaben zu entziffern. In dem schlechten Licht war es schwer, den Aufbau des Buches zu ergründen, noch dazu in einer Sprache, die
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