Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
und jeder, ganz gleich, aus welchem Grund er kam, um der Abwechslung willen willkommen war. Markby sah sich im Wohnzimmer um. Das Mobiliar war alt, aber bequem. An den Wänden hingen einige schöne Bilder, Szenen aus der Umgebung, wahrscheinlich von einem einheimischen Künstler gemalt. Vielleicht hatte Smeaton sie selbst gemalt? Die Einbauregale waren mit Büchern voll gestopft. Das Kaminfeuer spiegelte sich auf einer Unzahl polierter Messingstücke, den Souvenirs und Erinnerungsstücken eines ganzen Menschenlebens. Olivia hatte alles
»entrümpelt« und nichts behalten. Lawrence und seine Frau hatten das genaue Gegenteil getan.
»Wir hätten uns längst einmal wieder treffen sollen«, sagte Sir Basil nun.
»Sie müssen uns unbedingt einmal besuchen und eine Weile bleiben, Lawrence, Sie und Mireille.«
Lawrence Smeaton bewegte unablässig die Hände. Durch die pergamentene Haut seiner Handrücken schimmerten dicke Adern, und er trug einen massigen Siegelring, der ihm im Alter zu weit geworden war. Vielleicht um sein Zittern unter Kontrolle zu bringen, faltete er die Hände und rieb sie gegeneinander, als wären sie kalt. Die trockene Haut erzeugte ein schabendes Geräusch.
»Ich hatte vor einigen Jahren eine Reise in Ihren Teil der Welt geplant«, gestand Lawrence.
»Das war, als ich versucht habe, den Kontakt mit Olivia wieder aufleben zu lassen. Ich glaube, Sie wissen davon.« Er hob die Augenbrauen und hörte zu Markbys Freude mit dem irritierenden Händereiben auf.
»Wenn ich richtig informiert bin, haben Sie ihr geschrieben, Sir«, sagte Markby.
»Und sie hat sich geweigert, bitte verzeihen Sie, wenn ich zu persönlich werde, sie hat sich geweigert, Sie zu treffen.«
»Es macht mir nichts aus, darüber zu sprechen«, sagte Lawrence Smeaton mit schiefem Grinsen.
»Sie scheinen ohnehin das meiste bereits zu wissen!« Er sah Markby sehr direkt in die Augen.
»Ihre Todesumstände sind doch nicht zweifelhaft, oder?«
»Soweit ich weiß, nicht, Sir«, antwortete Markby wahrheitsgemäß.
»Gut. Ich gestehe freimütig, dass mich das erleichtert. Ich wäre zu Olivias Begräbnis gekommen, doch meiner Frau ging es zu dieser Zeit nicht gut. Ich habe es wirklich bedauert, nicht dabei sein zu können. Ich bin altmodisch und denke wirklich, man sollte den Toten den letzten Respekt erweisen. Olivia wollte mich zwar nicht mehr sehen, solange sie am Leben war, doch ich denke, sie hätte es gutgeheißen, wenn ich auf ihrer Beerdigung gewesen wäre. Ich habe einen Kranz geschickt.«
»Haben Sie eine Vermutung, warum Olivia Sie nicht sehen wollte?«, fragte Sir Basil offen.
»Ich nehme an, dass sie mich immer noch gehasst hat«, erwiderte Lawrence Smeaton nicht weniger freimütig. Er erhob sich aus seinem Sessel und trat unter Sir Basils unverhohlen zustimmenden Blicken zum Sideboard, wo eine große Whiskeykaraffe stand.
»Normalerweise«, fuhr Smeaton fort, während er die Karaffe entkorkte, »normalerweise würde ich zögern, alte Geschichten aufzuwärmen, Geschwätz und Missverständnisse von gestern … eine schmerzhafte Sache ist das. Auf der anderen Seite bedeutet Ihr Besuch in gewisser Hinsicht eine Gelegenheit für mich. Ich denke, Sie nehmen beide ein Glas?« Sowohl Sir Basil als auch Markby nickten. Nachdem jeder ein Glas in der Hand hielt, kehrte Smeaton zu seinem Sessel zurück.
»Eine Gelegenheit, wenn ich das so sagen darf, Ihnen einiges von dem zu sagen, was ich Olivia sagen wollte und aus den bekannten Gründen nicht konnte.« Er nahm einen Schluck Whiskey.
»Aber ich denke, ich sollte von vorne anfangen.« Markby lehnte sich zurück. Der Wind rüttelte an den Scheiben, und das Feuer prasselte und knisterte. Eine weitere Präsenz schien sich im Wohnzimmer zu ihnen zu gesellen. Auch sie lauschte voller Interesse. Vielleicht erhielt Lawrence ja doch noch seine Gelegenheit, zu Olivia zu sprechen.
»Sie war eine außergewöhnlich schöne Frau.« Lawrence blickte ein wenig schuldbewusst zur Tür; er fürchtete offensichtlich, seine Frau könnte hören, wie er seine uneingeschränkte Bewunderung für eine andere kundtat.
»Aber sie war auch verflixt eigensinnig. Mein Bruder Marcus war ihr hoffnungslos verfallen. Er war ein feiner Mensch.« Lawrence stockte, und seine Blicke waren weit, weit entfernt in der Vergangenheit.
»Die Ehe steuerte einem vollkommenen und katastrophalen Desaster entgegen. Wäre er nicht im Krieg umgekommen, hätte sie vor dem Scheidungsrichter geendet, daran besteht nicht
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