Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
Mireille. Markby erschauerte. Ein leichter Lufthauch ging über seinen Rücken. Vielleicht war es auch nur Einbildung – das Wissen, dass Mireille im Begriff stand, ihnen etwas anzuvertrauen, das man besser nicht wusste.
»Ich habe ihren Nachruf gelesen«, sagte Mireille.
»Ich ha
be ihn aus der Zeitung ausgeschnitten und behalten. Darin stand, dass sie in einem Einspänner mit einem Pony durch die Landschaft gefahren ist.«
»Das ist richtig«, antwortete Markby.
»Das letzte Pony hat sie behalten, nachdem sie damit aufgehört hat. Es stand hinter dem Haus auf einer Koppel, wo es sein Gnadenbrot bekam. Als es … als es starb, bestand sie darauf, dass es auf der Koppel begraben wurde.«
Mireille schüttelte den Kopf.
»Aber Olivia hat mir einmal erzählt – und ich bin ganz sicher, ich erinnere mich sehr deutlich daran –, dass sie allergisch gegen Pferde war!«
»Was?« Das war Sir Basil. Er hatte vor dem Kamin gedöst und war mit einem Mal hellwach.
»Was war das, Mireille? Sind Sie sicher?«
»Natürlich bin ich sicher! Eines Tages wollten ein paar Freunde mit den Pferden zu irgendeinem Fest reiten, irgendeine Dressur- und Springveranstaltung … kein Rennen. Ich hab vergessen, was es war. Jedenfalls dachte ich eigentlich, Olivia würde mitkommen. Aber sie sagte nein, unmöglich. Allein die Nähe zu Pferden würde bei ihr einen grauenhaften Ausschlag verursachen.« Mireille rieb sich zur Demonstration über den Arm.
»Eine Allergie. Und es war keine Ausrede, weil sie nicht mit uns gehen wollte. Die Allergie war der Grund dafür, dass sie sich für Autos zu interessieren begann. Pferde erzeugten bei ihr große Pusteln, ihre Augen juckten und tränten und so weiter. Wirklich unangenehm. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie in späteren Jahren in einem Einspänner mit einem Pony durch die Gegend gefahren sein soll.« Das Licht wird heller …
William Shakespeare
KAPITEL 22
DAS WETTER klarte
gegen Nachmittag auf und gestattete Moira und Meredith, einen Spaziergang zu unternehmen. Es war kein besonders schöner Spaziergang; die Wege waren nass, die Luft feucht. Sie kehrten nach Hause zurück und setzten sich vor den Kamin zu Hefeplätzchen und Tee.
Ein Anruf gegen sechs Uhr informierte sie, dass a) Sir Basil unbequem in eine Telefonzelle am Straßenrand gequetscht stand, b) die zuvor erwähnte Telefonzelle in der Gegend von Keswick stand, c) es fast unmöglich war, eine Hand vor Augen zu sehen und d) die Reisenden nach ihrem Besuch bei den Smeatons beabsichtigten, in einem kleinen Hotel zu übernachten und erst am folgenden Tag nach Hause zurückzukehren.
»Es geht ihnen gut«, berichtete Moira, als sie wieder neben Meredith vor dem Kamin saß.
»Wir können die beiden für den Rest des Abends vergessen und es uns gemütlich machen.«
Das Ergebnis war, dass Meredith das Heim der Newtons erst viel später verließ, als sie ursprünglich beabsichtigt hatte. Die ursprüngliche Einladung zum Mittagessen hatte sich irgendwie verselbstständigt und bis halb neun abends ausgedehnt. Als Meredith Anstalten machte aufzubrechen, hatte Moira ihr Angebot erneuert, Meredith über Nacht aufzunehmen.
Sie war kaum zwei Kilometer weit gekommen, da bereute sie bereits, das Angebot ausgeschlagen zu haben. Doch sie hatte die warmherzige Gastfreundschaft Moiras an diesem Tag mehr als genug strapaziert, und sie wollte unbedingt zu Hause sein, falls Alan am Abend im Cottage anrief. Außerdem musste sie auch an Wynne denken, die alleine in ihrer Hälfte des Doppelhauses saß und wahrscheinlich ängstlich durch das Fenster nach draußen sah und auf die Rückkehr von Meredith wartete.
Die Landstraße lag leer und verlassen da; kein anderer Verkehr war unterwegs. Jeder mit ein wenig Verstand war daheim. Die Wolken hingen tief über dem Land und machten die Nacht stockdunkel, etwas, woran Meredith hätte denken müssen. Sie überlegte, dass der nordamerikanische Indian Summer, den sie so lange genossen hatten, nichts als eine Illusion gewesen war und die Nächte inzwischen doch empfindlich abkühlten. Ein kurzer Herbst stand bevor. Die Blätter an den Bäumen hatten gerade erst angefangen, sich zu verfärben, doch der Wind und der Regen des Tages hatten schon eine Menge von den Bäumen geweht.
Die hohe Wölbung der gewundenen Landstraße hatte das Wasser zu den Seiten hin ablaufen lassen, wo es sich in großen Lachen sammelte. Das zwang Meredith dazu, in der trockenen Straßenmitte zu fahren und
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