Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
dieser Kevin Berry. Wenn ich richtig informiert bin, gibt es außer ihm keine Familienangehörigen. Kevin Berry ist neunzehn Jahre alt. Trotzdem könnte ich ihn ans Jugendamt überstellen lassen. Allerdings hat man dort viel zu tun, und es wäre vielleicht besser, wenn sich jemand aus dem Dorf für ein paar Tage um ihn kümmern würde, jemand, den er respektiert und kennt.«
»Warum fragen Sie nicht Mrs Carter?«, schlug Meredith vor.
»Sie wohnt gleich nebenan.« Meredith deutete auf die Wand, hinter der Wynnes Cottage lag.
»Mrs Carter«, murmelte Inspector Crane und notierte den Namen ebenfalls.
»Haben Sie eine Waffe gefunden?«, fragte Markby aus seiner Zimmerecke. Die Inspektorin hob verblüfft den Kopf.
»Nein, Sir«, antwortete sie schließlich ein wenig trotzig.
»Noch nicht. Wir haben angefangen, die Wiese … die Koppel«, verbesserte sie sich mit einem verstohlenen Seitenblick zu Meredith, »… die Koppel abzusuchen, doch dann wurde es dunkel, und wir mussten aufhören. Wir machen gleich morgen früh als Erstes damit weiter. Wenn wir die Waffe hier nicht finden, dann werden wir unsere Suche ausdehnen, doch das Land ist weitläufig und stark bewachsen.«
»Haben Sie schon eine Idee, wonach Sie suchen müssen?«, fragte Markby.
»Der Arzt ist der Meinung, es müsse sich um eine schwere, große Klinge gehandelt haben. Es war mehr ein Abhacken als ein Schneiden oder Sägen. Wir müssen den Obduktionsbericht abwarten, bevor wir Einzelheiten wissen.« Sie wandte sich ab; das Thema war damit offensichtlich beendet. Dann legte sie ihre Notizen in den Schnellhefter zurück, klappte ihn zu und deponierte alles in ihrem Aktenkoffer.
»Stimmt es, Sir«, sagte sie, ohne Markby anzusehen, »dass es im Dorf in jüngster Zeit eine Reihe von Fällen blinder Zerstörungswut gegeben hat?«
»Meines Wissens drei«, antwortete Markby.
»Es sei denn natürlich, Sie zählen das vergiftete Pony mit hinzu. Doch das könnte zu weit hergeholt sein.«
»Das Pony, das auf dieser Wiese, pardon, Koppel begraben liegt?«
»Ganz genau«, antwortete Meredith für Alan.
»Und dann gab es auch noch diesen Hexensabbat.« Schweigen. Inspector Crane wandte sich zu Meredith um und blickte sie misstrauisch an.
»Ein Hexensabbat, sagen Sie …?«, wiederholte sie Merediths Worte mit fassungslosem Unglauben in der Stimme.
»Es wäre wirklich …«, sagte Markby, nachdem Inspector Crane ihren Aktenkoffer genommen hatte und gegangen war, »… es wäre besser gewesen, du hättest nichts von diesem Hexensabbat erzählt. Jedenfalls jetzt noch nicht. Wir wissen doch gar nicht, ob diese Geschichte etwas mit den anderen Vorgängen zu tun hat.«
»Aber sie musste es erfahren. Inspector Crane gehört zu der Sorte, die alles wissen muss. Damit sie es aufschreiben kann.«
»Ich vermute …«, entgegnete Markby resigniert, »… ich vermute, ich muss richtig froh sein, dass du sie nicht aufgefordert hast, dir den Buckel runterzurutschen.«
»Nun, sie hat mich ziemlich geärgert.« Meredith besaß den Anstand, ein wenig verlegen dreinzublicken.
»Mir war nicht bewusst, dass man mir das ansehen konnte.«
»Du hast dir nichts ansehen lassen, keine Sorge. Es ist nur so, dass ich dich besser kenne als sie es tut. Ich denke, sie hat die Befragung einigermaßen glatt und sauber abgehandelt. Es war schwierig für sie, angesichts der Tatsache, dass ich ebenfalls zugegen war.«
Sie hat dich anständig behandelt, zugegeben , dachte Meredith, doch sie sagte nichts. Welche Zeichen deuten sicherer auf Armut hin als Läuse und wenig Brot?
Aus einem Brief an Lewis le Grand, 1709
KAPITEL 16
ERNIE BERRY saß unter seinem Kastanienbaum. Aus irgendeinem geheimnisvollen Grund hatte er seinen Kopf wieder auf den Schultern. Er hatte ihn aus Gill Armitages Rosenbeet geholt, oder vielleicht hatte jemand anders ihn geholt und hierher zu ihm gebracht, und er hatte ihn sich wieder aufgesetzt. Nicht besonders gut, denn Meredith konnte die Nahtstelle deutlich erkennen. Sie lief um seinen Hals herum wie ein schwarzer Ring. Andererseits gut genug, denn er grinste sie auf seine typische, bedeutungslose Weise an.
Es war sehr heiß auf der Koppel. Meredith stand vor Ernie und blickte auf ihn hinunter.
»Sie sollten nicht hier sein, Ernie«, sagte sie.
»Das hier ist Mrs Smeatons Garten.«
Doch Ernie Berry grinste sie nur spöttisch an. Dann hob er einen seiner mächtigen Arme, deutete auf seinen Kopf – und der Kopf fiel von seinen Schultern, rollte über
Weitere Kostenlose Bücher