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Ihre Leidenschaft

Ihre Leidenschaft

Titel: Ihre Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Véronique Olmi
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man das Beste, das Kostbarste gewinnt, die Liebe ist ein Luxus, der nicht jedem gehört.
     
    Sie gehörte niemandem mehr. Sie war in die Gewöhnlichkeit zurückgeworfen, sie gehörte zur Gattung Mensch, Geschlecht neutral, Gruppe Passanten, sie gehörte zur Menge, nichts zu machen, nur der Bewegung folgen, kleine Soldaten der Eintönigkeit.
     
    Aber er, was machte er jetzt?
     
    Man liebt sich, man sagt sich »Wir werden uns niemals trennen«, und man weiß bereits, dass es nicht stimmt. Also sagt man »Wenn wir uns trennen, bleiben wir für immer Freunde«. Und das ist eine weitere Lüge. Also murmelt man ganz leise: »Wir werden uns immer respektieren«, und man senkt den Blick, so sehr schämt man sich wegen so wenig, so sehr weiß man, dass dieses »so wenig« niemals kommen wird, man wird sich trennen, man wird sich mit Tränen und Qualen trennen, man wird sich trennen, als verlöre man sein Leben, als verlöre man seine Kindheit, seine Jugend, jedes Alter verschlungen von der Trennung, der schrecklichen Trennung, man wird sich trennen. Man weiß es. Um das Unheil zu beschwören, spricht man im Futur »Ich werde dich immer lieben«, aber man wird sich hassen, man wird sich verleugnen, man wird sich vergessen, gleichgültige Körper, abgewandte Blicke, und auf der Straße werden die Wege nie mehr dieselben sein, zwei getrennte Wesen, zerrissener Stoff, brennendes Theater, das große Theater der Liebe, der einzigartige Moment verhöhnt, das Wort entweiht, lügen, nur lügen und sein Blut verlieren.
     
    Was machte er? Was machte er jetzt, da er gelacht hatte? Was macht man mit einem Lachen, das man nicht teilen kann, wie hält man diese Feuerkugel zurück, diesen Bumerang, das unerträgliche Echo seines Lachens in seinem getrennten Zimmer, dem Zimmer, das sie nicht kennt, nie hatte er sie dort erwartet, nie hatte er das Bett schön gemacht, das Licht schön gemacht, um sie zu empfangen, ihr in diesem Zimmer die Arme entgegengestreckt, dem Zimmer, in dem er von ihr geträumt hatte, wo er die geschenkten Gemälde aufgehängt und in das er ihre Fotos und ihre Bücher und ihre Briefe gelegt hatte, das Zimmer, in dem er jetzt allein war. Mit seinem Lachen.

 
     
     
     
    U ND SIE WAR ALLEIN in einer unwirklichen Nacht, einer Nacht voller Nebel, der bald schwinden würde, und der Tag würde anbrechen vor dem Nichts, nichts war geschehen, keine Liebe, keine Liebesgeschichte, ein banaler Ehebruch, ganz normales Fremdgehen. Seit Moses’ »Du sollst nicht ehebrechen«, seit den Gesetzestafeln die Lust, sich woanders umzusehen. Und zurückzukommen. Und in seinem Zimmer zu lachen. Seinem Haus. Seinem Leben. Ohne sie. Sie, die direkt daneben war, der weiße Fleck unter seinen Schritten.
    Paris zerstört.
    Arsenal, Île Saint-Louis, Eglise Saint Gervais, Select, zerstört. Die warm ins Ohr gehauchten Liebesworte, zerstört. Die Rendezvous, die Halt mich ganz fest, die Überraschungen, die Gib mir die Hand, die Kuschel dich an mich, vorbei. Die Rituale, die Wiedersehensfreude, vorbei. Die Gefällt es dir? Ich habe es für dich angezogen, Ich habe es für dich gekauft, Ich habe mich für dich schön gemacht, Ich bin für dich zur Welt gekommen, für diesen Moment, diesen Augenblick, diese Arme, diesen Geruch. Vorbei. Der Lebenssinn. Die Lebenslust. Der Schwindel. Die Zukunft. Die wunderbare Zukunft. Vorbei.
     
    Ich liebe dich
    Du bist meine erste Liebe
    Du bist meine erste Liebesgeschichte
    Du bist meine schönste Liebensgeschichte
    Vorbei.
     
    Die Tage leer. Die Hände leer. Die Betten, die Schränke, die Züge, die Hotels, die Nächte, leer. Sie würde die Arme ausstrecken, sie würde nichts greifen, sie würde seinen Namen aussprechen, er würde nicht hören, sie würde sich nackt ausziehen, sie würde frieren.
    Nichts mehr.
    Und dafür war sie in diesem Zimmer. Um zu begreifen, dass es das war. Das Leben. Diese Wände. Diese Accessoires. Die Sperrholzmöbel. Der schwarze, unter der Decke hängende Bildschirm. Die seelenlose Reproduktion. Die farblosen Vorhänge. Bitte, hier ist es, das ist alles, das ist nichts, das hat keinen Sinn, man pfeift drauf, aber man kann sich nicht beklagen über dieses Zimmer, man kann schlafen, pinkeln, sich waschen, es gibt sogar Flaschen mit Whisky und Mineralwasser, es gibt ein großes Telefon und ein kleines Frühstück mit Zimmerservice bis zehn Uhr, ein akzeptables Zimmer, ein Zimmer, gegen das man sich nicht wehren kann. Leben ohne Reklamation, nutzloser Kampf.
    Und deswegen war sie

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