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Ihre Leidenschaft

Ihre Leidenschaft

Titel: Ihre Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Véronique Olmi
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Tankstellenwart am Géant Casino Wechselgeld in dem Täschchen suchte, das an seinem Hals hing, und das Täschchen war voller Scheine, es quoll über, es war eine Erleuchtung, eine Offenbarung gewesen, Hélène hatte zu ihrem Vater gesagt: »Papa, ich weiß, wie du viel Geld kriegen kannst, du brauchst nicht mehr Maurer zu sein, ich weiß, was du machen musst, du musst bei der Tankstelle arbeiten, der Mann da hat ein Täschchen voll Geld, ich habe es gesehen, ich schwöre es dir, ich habe es gesehen!« Ihr Vater hatte gelacht und ihr erklärt, dass der Tankstellenwart noch ärmer war als er, dass dieses Geld nicht ihm gehörte, das war das Geld für das Benzin, das Geld für den Diesel, und wenn er Feierabend hatte, musste er es seinem Chef geben. Hélène dachte oft an den Tankstellenmann, der dieses Geld den ganzen Tag bei sich in seinem Täschchen herumtrug und es am Abend abgeben musste, an diesen Mann mit so viel Geld, der arm war, ärmer als ein Maurer, dann war es besser, mit Zement und Steinen zu arbeiten, auf gerade Mauern zu achten, die Häuser der anderen zu bauen und nicht nach Benzin zu riechen, sondern nach Arbeit, nach Putz und Müdigkeit, wie ihr Vater, ihr Vater, der ganz bestimmt nicht wusste, was sie wusste: In Paris waren die Geldscheine größer als ihre Hände.

 
     
     
     
    S IE HATTE MIT DEN G ELDSCHEINEN gespielt, sie hatte versucht zu verstehen, wie das Geld funktionierte, es kam und ging, wie konnte man es loswerden, zurückrufen, misshandeln und erneut begehren, und es war so einfach gewesen, dass sie nur einmal damit gespielt hatte, denn diese Einfachheit war erschreckend.
     
    Sie ist sechs oder sieben. Bald ist Weihnachten, und die Cousine ist mit ihr in einem Spielzeugladen. Hier ist es. Alles ist hier. Alle Wünsche in einem Raum, alle Wünsche um sie herum in den Auslagen, den Regalen, auf dem Fußboden und in den Vitrinen. Das Geschäft ist unwirklich. Hélènes Anwesenheit eine Fiktion. Der Ort in seinem offensichtlichen Behagen, seinem liebenswürdigen Wohlstand gleicht den gemalten Spielzeuggeschäften in den Kinderbüchern, den ach so perfekten Bildern der »Martine«, in denen man versinken, die Perfektion, die Reinheit, die vollendete Komposition von Umfeld und Personen berühren möchte.
    Hélène betrachtet die Spielsachen. Die Cousine betrachtet Hélène, wie sie die Spielsachen betrachtet. Um zu erraten, was ihr gefallen würde. Hélène weiß es. Sie ist die kleine Arme, der kleine Liebling, jetzt ist der Moment, sich etwas zu wünschen, und die gute Fee wird es erfüllen. Aber sie traut sich nicht, etwas anzufassen, etwas zu entscheiden. Die anderen Kinder um sie herum fühlen sich wohl, sind oft hier und amüsieren sich. Hélène findet das nicht lustig, die Spielsachen sind geschwollen vor Stolz und Herablassung, sie warten darauf, dass die reichen Kinder, die Kenner, ihren Wert würdigen, sie aber weiß nicht, was sie will, sie gehört nicht in diese Welt, die Welt des geäußerten Wunsches.
    Und die Cousine ist geduldig. Sie wartet. Sie spricht mit der Verkäuferin, und Hélène hat Angst, dass sie über sie spricht, über ihre Armut, die Armut ihrer Eltern (oft sagt die Cousine: »Deine arme Mutter!«, einfach so, in einem Seufzer, halb erschöpft, halb bewundernd, müde Bewunderung, »Deine arme Mutter!« und nichts weiter), und die Geschwister fehlen ihr schrecklich, sie wäre so gern mit ihnen in diesem Geschäft, um mit ihnen zu fliehen, ja, sie möchte weglaufen, denn sie weiß, dass man sie erkennen wird, sie weiß, dass sie fehl am Platze ist. Und damit das Tuscheln der Cousine mit der Verkäuferin aufhört, wagt sie, die blonde Puppe mit runden Lippen und langen geraden Wimpern anzusehen und den kleinen automatischen Hund, der bellt und dessen Bauch sich im Rhythmus seines Hechelns hebt und senkt, wagt das winzige Puppengeschirr anzusehen, so hübsch, so fein, ein Puppengeschirr aus »Malheurs de Sophie«, das Puppengeschirr eines kleinen Mädchens mit Kinderfrau und grauem Esel, mit Schlafzimmer und Spielzimmer, und Hélènes Herz überschlägt sich, draußen ist es dunkel, und sie steht mitten in diesem strahlenden Geschäft, im Zentrum des Traums, sie hat die Augen auf drei unerreichbare Wunder gerichtet, und die Cousine sagt, sie soll ein Stück weggehen, aber Hélène sieht, wie die Verkäuferin mit liebenswürdiger Komplizenschaft die Puppe, den Hund, das Puppengeschirr nimmt, es ist getan, es gehört ihr, so einfach ist das, ein Blick. Nur ein

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