Ihre Leidenschaft
aber der Himmel würde schweigen, während man die Hunde loben und den Kofferraum öffnen würde.
Die Hirschkuh hatte ihr ungewollt gezeigt, woher der Schuss gekommen war, sie musste nur die Richtung einschlagen, aus der das Tier aufgetaucht war, rechts in den Wald, bei den nackten Maulbeerbäumen, den aufgewühlten Steinen und den von verfolgten Hufen zerrissenen Blättern.
Hélène ging ein Stück durch das, was sie für einen riesigen Wald hielt und was doch nur ein kleines Wäldchen war, und sehr bald stand sie im Freien. Die Unendlichkeit dieses Waldes war nur eine Illusion, man hatte ihn verkleinert, die Bäume waren gefällt worden, um Platz zu machen, um Feuer zu machen, um Möbel, Bücher und Parkplätze zu machen.
Außerhalb des Wäldchens war der Morgen heller, der Nebel hatte sich verzogen, man trat ans Ufer der Menschen und ihrer Eitelkeit, und schon bald sah Hélène ihre auf einer Anhöhe geparkten Autos. Sie selbst sah sie nicht. Hörte sie nicht. Nicht mal ihre Hunde. Es war weniger kalt als im Wald, trotzdem war die Luft schneidender jenseits der Intimität des Waldes, des geschlossenen Raums, der Rufe der Nachttiere und der Gesänge jener Vögel, die den Tag, aufstiebende Schwärme und Paarungsrituale ankündigten; einer Harmonie beraubt, die von den Autos auf dem improvisierten Parkplatz bedroht wurde.
Plötzlich hörte Hélène das Geräusch eines Motors. Instinktiv versteckte sie sich hinter einem Busch, ihr Mantel strich über das Laub, ihr Körper war angespannt. Es war ein schwarzes Auto, schlammbespritzt schaukelte es zwischen den Schlaglöchern, die Scheinwerfer hüpften durch die Dämmerung, es fuhr neben die anderen. In diesem Moment, wie von ihm angekündigt, ertönten weitere Schüsse. Näher diesmal, dazu die Rufe von Männerstimmen, das Bellen aufgeregter Hunde … Da stoppte das Auto; ohne den Motor oder die Scheinwerfer auszustellen, sprang ein Mann heraus, gefolgt von einem Bretonen-Spaniel, der mit seiner ganzen mühsam gezähmten Jugendlichkeit um ihn herumsprang.
Der Mann verharrte einen Moment, er sah sich um und versuchte zu verstehen, stellte sich auf die Zehenspitzen, reckte den Hals: Ein Stück weiter, mitten in einem großen Feld ohne Vegetation und ohne Farbe, vollführten Jäger und Hunde ein seltsames Ballett. Etwas Großes lag auf dem Boden, eine schwere, dunkle Masse, die Hélène kaum erkennen konnte, um die man sich zu schaffen machte, sich mit dumpfer Gewalt rief, sie hörte Pfiffe, grobe Anschnauzer, unflätige Beschimpfungen, unterdrückte Panik, nur die Gewehre waren verstummt. Der Spaniel wollte losstürzen, zögerte zwischen Reflex und Unterwerfung, der Mann wollte gerade zum Auto zurückkehren, als ein Schrei, schriller, lauter als alle anderen, vom Ende des Feldes her ertönte, sein Echo wurde vom Nebel erstickt, die Verzweiflung durch den nackten Morgen vervielfacht. Da rannte der Jäger auf den Weg aus aufgewühlter Erde, die großen Stiefel schmatzten im Schlamm, der Hund kläffte und lief jetzt vor ihm her, sie waren ein unpassendes Paar, ein überstürzter und unharmonischer Tanz.
Als sie die Gruppe erreicht hatten, richtete sich Hélène auf. Das Auto brummte und verbreitete seine Abgase, die Tür offen, die Scheinwerfer weiß, fast wie ein menschliches Wesen, ein unpassendes Hecheln an diesem gehetzten Ort.
Hélène ging darauf zu, wie sie auf den Wald zugegangen war, mit der gleichen Selbstverständlichkeit, der gleichen Ruhe. Es war ein anonymes Auto, ohne Fotos oder Amulette, Kunstledersitze, eine gelbe Decke für den Hund, ein Christophorus-Amulett am Schlüssel, der noch im Zündschloss steckte. Hélène sah auf den stummen Wald, das trostlose Feld und die Gruppe der Jäger in der Ferne, wie verirrte Soldaten ohne Anführer und ohne Befehle, in kopflosem Durcheinander um die Masse auf dem Boden versammelt. Das Auto verströmte seine Wärme wie einen kranken Atem, und trotzdem, trotz dieser etwas übelriechenden Neutralität setzte sich Hélène auf den Fahrersitz, knallte die Tür zu, wendete und fuhr dorthin zurück, woher das Auto gekommen war.
S IE WAR F ORSTWEGEN , Sandstraßen, asphaltierten Straßen gefolgt, sie hatte sich etwas verfahren, zögerte an den Kreuzungen, Schnittpunkten von Nebenstraßen und Weilern, die Fläche war groß und nackt, alle Richtungen führten irgendwohin, alle waren möglich, aber sie wollte nur eine. Sie wollte die Straße finden, die nach Paris führte. Die zu Patrick führte. Sie
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