Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi
meisten ethnischen Guerillatruppen zu vereinbaren, die durch den jahrzehntelangen Krieg geschwächt worden waren. Zwar war keine dieser Gruppen bereit, die Waffen abzugeben, aber alle hatten eingesehen, dass sie das Regime in Rangun mit militärischen Mitteln niemals würden besiegen können.
Khin Nyunts geschicktester Schachzug war am Ende die Vereinbarung, die er mit den Überresten der alten kommunistischen Partei CPB im nordöstlichen Shan-Staat treffen konnte. Die CPB hatte das Gebiet seit 1968 unter Kontrolle, doch Ende der 1980er Jahre hatte China seine bisher gewährte Unterstützung entzogen, und die Unzufriedenheit unter den Soldaten war stark angestiegen. Die alte Führungsriege der CPB weigerte sich jedoch aufzugeben und lehnte auch das Angebot Pekings ab, sich in China niederzulassen. Im Frühjahr 1989 kam es zu einer Meuterei, und die Führungsoffiziere wurden von den Mannschaften ins Exil getrieben. Lediglich ein paar lose zusammenhängende Truppen blieben übrig. Die größte von ihnen hatte ihre Basis im Gebiet des Wa-Volkes und bezeichnete sich als United Wa State Army (UWSA).
Khin Nyunt rief den berüchtigten Drogenschmuggler Lo Hsing Han zu sich, um zwischen der Junta und dieser Gruppierung zu vermitteln. Das Ergebnis bestand in einer Vereinbarung über eine Waffenruhe mit dem Regime, welches stark an die Übereinkunft erinnerte, die Ne Win in den 1960er Jahren mit den KKY-Verbänden getroffen hatte. Die UWSA erhielt grünes Licht zur Produktion von Heroin und Metamphetamin und sagte im Gegenzug ihre Unterstützung im Krieg gegen andere Guerillagruppen zu.
Einige der größten Widerstandstruppen wie die Karen National Liberation Army (KNLA) und die Shan State Army verweigerten nach wie vor eine Zusammenarbeit mit dem Regime. Doch durch die Waffenruhe mit der UWSA konnte die Junta nun größere militärische Ressourcen gegen ihre Gegner einsetzen, die sich noch immer im Krieg befanden. Schritt für Schritt und oft mit äußerst brutalen Methoden, brachte die SLORC die Gebiete unter Kontrolle, die zuvor von den ethnischen Gruppen beherrscht worden waren.
Parallel dazu führte Khin Nyunt auch Gespräche mit Aung San Suu Kyi. Einige ihrer ehemaligen Mitarbeiter betonen ausdrücklich, dass sie diese Gespräche für sinnvoll erachtete. Bei einem dieser Treffen mit Khin Nyunt schlug sie vor, die bis dato geschlossenen Büros der NLD wieder zu öffnen und die demokratische Opposition ihre eigenen Delegierten für den Konvent auswählen zu lassen. Es scheint durchaus möglich, dass Khin Nyunt diese Möglichkeit tatsächlich erwog, aber von anderen Kräften in der Junta an der Umsetzung gehindert wurde.
Am 10. Juli 1995 wurde Aung San Suu Kyi aus dem Hausarrest entlassen. Die wenigen Bilder, die in jenen ersten Tagen nach der Freilassung entstanden, zeigen eine geradezu unglaublich energiegeladene Frau. Niemand, dem sie in diesen Tagen begegnete, konnte sehen, dass sie gerade sechs Jahre im Hausarrest verbracht hatte. Es schien, als wären diese sechs Jahre in der Isolation nur ein kurzes Zwischenspiel gewesen, eine unwillkommene, aber zu bewältigende Unterbrechung der Arbeit, die sie zu ihrer Lebensaufgabe gemacht hatte.
11.
Die Welt erwacht
Michael Aris war ein Mensch, der sich mit seinem Dasein als Wissenschaftler und Lehrer im Prinzip begnügte. Während der ersten Zeit von Aung San Suu Kyis Hausarrest trat er allerdings in internationalen Zusammenhängen auch als ihr Sprecher auf. Obwohl ihm diese öffentliche Rolle nicht gefiel und er sich auch nicht für besonders geeignet dafür hielt, absolvierte er seine Auftritte gleichwohl mit Bravour. Er vertrat die Sache Aung San Suu Kyis und der burmesischen Demokratiebewegung vor der UN, unzähligen Menschenrechtsorganisationen sowie ausländischen Regierungen, die sich ein Bild über den Stand der Dinge in der University Avenue machen wollten.
»Michael war ein beeindruckender Mensch«, sagt Peter Carey. »Er hatte keinerlei Ambitionen, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Eigentlich hielt er sich am liebsten im Hintergrund, hatte sich aber dann entschieden, sie zu unterstützen, und das tat er überaus geschickt. Er erläuterte ihre Situation, achtete aber sehr darauf, ihr nicht seine Worte in den Mund zu legen. Beinahe spielte er die Rolle eines Märtyrers, und leider endete er auch genauso.«
Michael Aris wurde von dem Willen angetrieben, seine Frau zu beschützen. »Ich bin weder Politiker noch Burmese«, sagte er. »Ich bin im wahrsten
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