Ilias
mich verblendet
Jenes Tags, da ich selber Achilleus’ Gab ihm entwandte.
Aber was konnt ich tun? Die Göttin wirkt ja zu allem,
Zeus’ erhabene Tochter, die Schuld, die alle betöret,
Schreckenvoll; leicht schweben die Füß’ ihr. Nimmer dem Grund auch
Nahet sie; nein, hoch wandelt sie her auf den Häuptern der Männer,
Reizend die Menschen zum Fehl, und wenigstens einen verstrickt sie.
Ihn ja selber einmal, Zeus, irrte sie, der an Gewalt doch
Weit vor Menschen und Göttern emporragt; aber auch ihn hat
Here, wiewohl ein Weib, durch listige Ränke verleitet
Jenes Tags, wie Alkmene die hohe Kraft Herakles’
Jetzo gebären sollt in der starkummauerten Thebe.
Rühmend redete Zeus in der Schar der seligen Götter:
Hört mein Wort, ihr Götter umher und ihr Göttinnen alle,
Daß ich rede, wie mir das Herz im Busen gebietet.
Heute schafft an das Licht die ringende Eileithya
Einen Mann, der hinfort die Umwohnenden alle beherrschet
Jenes Heldengeschlechts, die aus meinem Blute gezeugt sind.
Listenreich antwortete drauf die Herrscherin Here:
Wahrlich du trügst, und nimmer zum Ausgang führst du die Rede.
Oder wohlan, gleich schwör, Olympier, heiligen Eid mir,
Daß gewiß er hinfort die Umwohnenden alle beherrsche,
Welcher an diesem Tage dem Schoß des Weibes entsinket,
Jenes Heldengeschlechts, die aus deinem Blute gezeugt sind.
Jene sprach’s, doch Zeus argwöhnete nichts des Betruges,
Sondern schwur ihr den Eid und büßte darauf die Verblendung.
Here, voll Ungestüms, entschwang sich den Höhn des Olympos,
Und zur achaiischen Argos gelangte sie, wo ihr bekannt war
Sthenelos’ edles Weib, des perseiadischen Königs.
Jene trug ein Knäblein, und jetzt war der siebente Monat.
Dies nun zog sie ans Licht, unzeitig annoch, und hemmte
Dort der Alkmene Geburt, die Eileithyen entfernend.
Selber nunmehr es verkündend, zu Zeus Kronion begann sie:
Vater Zeus, Strahlschwinger, ein Wort nun leg ich ans Herz dir.
Schon ist geboren der Held, der einst die Argeier beherrschet,
Sthenelos’ Sohn Eurystheus, des perseiadischen Königs,
Dein Geschlecht und kein unwürdiger Herrscher für Argos.
Jene sprach’s; und heftiger Gram durchwühlte das Herz ihm.
Eilend faßt’ er die Schuld an den glänzenden Locken des Hauptes,
Tief im Herzen ergrimmt, und schwur den heiligen Eidschwur,
Nie zum Olympos hinfort und dem sternumleuchteten Himmel
Solle sie wiederkehren, die Schuld, die alle betöret.
Also Zeus, und warf sie vom sternumleuchteten Himmel
Aus umschwingender Hand, und sie stürzt’ auf die Werke der Menschen.
Diese fortan beseufzt’ er, wann seinen Sohn er erblickte,
Wie mühselig er rang im harten Dienst des Eurystheus.
Also auch ich, solange der heimumflatterte Hektor
Argos’ Scharen vertilgt’ um die ragenden Steuer der Schiffe,
Konnt ich nicht vergessen der Schuld, die zuerst mich verblendet.
Aber nachdem ich gefehlt und Zeus die Besinnung mir wegnahm,
Will ich gern es vergelten und biet unendliche Sühnung.
Auf denn, zeuch in den Kampf und treib auch die anderen Völker!
Auch die Geschenke zu reichen erbiet ich mich, alle die gestern
Dir im Gezelt ankommend verhieß der edle Odysseus.
Oder willst du, so bleib, wie sehr dich verlangt nach der Feldschlacht,
Und dir sollen Genossen aus meinem Schiff die Geschenke
Bringen, damit du sehest, was dir zur Versöhnung ich gebe.
Ihm antwortete drauf der mutige Renner Achilleus:
Atreus’ Sohn, Ruhmvoller, du Völkerfürst Agamemnon,
Ob die Geschenke zu reichen dir gut deucht, wie es geziemet,
Ob zu behalten, du magst! Jetzt laß uns gedenken der Kampflust,
Ohne Verzug; nichts frommt es, allhier im Gespräche zu zaudern
Und mit dem Werke zu säumen; denn viel ist annoch unvollendet!
Daß man Achilleus wieder im Vordertreffen erblicke,
Wie sein eherner Speer hinstreckt die Geschwader der Troer!
Also auch ihr seid jeder bedacht, mit dem Feinde zu kämpfen!
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus:
Nicht also, wie tapfer du seist, gottgleicher Achilleus
Treibe sie ungegessen vor Ilios hin, die Achaier,
Trojas Volk zu bekämpfen! Denn nicht für wenige Zeit nur
Währt das Gefecht, wenn sich einmal begegnet sind die Geschwader
Kämpfender, aber ein Gott Mut einhaucht jeglicher Heerschar.
Laß sich erquicken zuvor an den rüstigen Schiffen die Männer
Alle mit Speis und Wein; denn Kraft gibt solches und Stärke.
Denn kein Mann vermöchte den Tag bis zur sinkenden Sonne,
Ungestärkt von Speise, dem Feind
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