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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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nicht von der Stelle.«
    Orphu ließ sein rumpelndes Lachen hören. »Wie sollte ich mich von der Stelle rühren, alter Freund? Alle meine Manipulatoren und Flagellen sind in den großen Moravec-Himmel eingegangen. Ich bin ein Krebs ohne Scheren. Und ich weiß nicht genau, wie es mit meinem Panzer steht. Mahnmut … warte!«
    »Was ist?« Mahnmut hatte sich losgeschnallt und entfernte gerade Nabelschnüre und die Kabel für die virtuelle Steuerung.
    »Angenommen, du gelangst … irgendwie … zu mir, sofern der Innengang nicht platt gedrückt ist und die Außentüren nicht vollständig verbogen oder durch die Eintrittshitze zugeschweißt sind … was machst du dann mit mir?«
    »Ich sehe nach, ob mit dir alles in Ordnung ist.« Mahnmut stöpselte die optischen Leitungen aus. Auf den Monitoren war sowieso alles dunkel.
    »Denk nach, alter Freund«, drängte Orphu. »Wenn du mich hier herausholst – falls ich dir nicht unter den Händen in Stücke breche –, was dann? In deine inneren Zugangskorridore passe ich nicht. In deine Milieu-Nische auch nicht, selbst wenn du mich außen um das U-Boot herumschleppen würdest. Und ich kann mich garantiert nicht an der Hülle festklammern. Willst du auf dem Meeresboden tausend Klicks weit zu Fuß gehen und mich mitnehmen?«
    Mahnmut zögerte.
    »Ich funktioniere noch«, fuhr Orphu fort. »Zumindest kommuniziere ich noch. Durch die Nabelschnur fließt sogar noch O 2 , und es kommt etwas elektrische Energie herein. Im Laderaum bin ich am besten aufgehoben, selbst wenn er geflutet ist. Warum bringst du die Dark Lady nicht in Gang und fährst uns zu einem angenehmeren Ort, bevor wir versuchen, wieder zueinander zu kommen?«
    Mahnmut ging auf Außenluft und atmete ein paarmal tief durch. »Du hast Recht«, sagte er schließlich. »Sehen wir mal, wie die Dinge stehen.«
     
    Die Dark Lady starb.
    Mahnmut hatte mehr als ein Erdjahrhundert lang in diesem U-Boot gearbeitet, durch seine diversen Verbesserungen und Weiterentwicklungen hindurch, und er wusste, dass es zäh war. Bei ordentlicher Vorbereitung hielt es vielen metrischen Tonnen Druck pro Quadratzentimeter stand, ja sogar den Belastungen der 3000-g-Flussröhrenbeschleunigung, aber das zähe kleine U-Boot war nur so stark wie sein schwächstes Teil, und die energetischen Belastungen des Angriffs im Marsorbit hatten diese Schwachstellen-Toleranzen überschritten.
    Die Hülle hatte Belastungsbrüche und irreparable Hitzeschäden davongetragen. Im Moment war der größte Teil des U-Boots mit dem Bug voran in über drei Meter dickem Schlick und härterem Meeresboden begraben – nur ein paar Meter des Hecks waren frei von Schlamm –, die Hülle und der Rahmen waren verzogen, die Türen der Ladebucht ließen sich nicht mehr öffnen und waren unerreichbar, und zehn der achtzehn Ballasttanks waren beschädigt. Die innere Gangway zwischen Mahnmuts Kontrollraum und der Ladebucht war überflutet und zum Teil zusammengebrochen. Draußen waren zwei Drittel des Tarnmaterials weggebrannt, und mit ihm alle externen Sensoren. Drei der vier Sonarsysteme waren außer Betrieb, und das vierte konnte seine Impulse nur noch nach vorn schicken. Nur eine der vier Düsen des Hauptantriebs war funktionsfähig, und die Manövriertriebwerke waren in fürchterlichem Zustand.
    Was Mahnmut größere Sorgen bereitete, war der Schaden an den Energiesystemen des Schiffes: Der Hauptreaktor war bei dem Angriff durch einen Überspannungsstoß beschädigt worden und arbeitete mit nur acht Prozent seiner Kapazität; die Speicherzellen waren auf Reserve. Das reichte, um das Lebenserhaltungssystem bei minimaler Leistung aufrecht zu erhalten, aber der Nährstoffwandler war endgültig hinüber, und sie hatten nur noch für ein paar Tage Trinkwasser.
    Schließlich war auch der O 2 -Konverter offline. Die Brennstoffzellen produzierten keine Luft. Lange bevor ihnen das Wasser oder die Nahrung ausgingen, würden Mahnmut und Orphu keinen Sauerstoff mehr haben. Mahnmut verfügte über interne Luftvorräte, aber die reichten nur für einen oder höchstens zwei E-Tage, wenn sie nicht erneuert wurden. Mahnmut konnte nur hoffen, dass eine solche Kleinigkeit wie Sauerstoffmangel dem monatelang im All arbeitenden Orphu jetzt nicht schaden würde. Er beschloss, den Ionier später danach zu fragen.
    Weitere Schadensmeldungen kamen von den überlebenden KI-Systemen des Schiffes. Wenn die Dark Lady einen E-Monat oder mehr in einem Eisdock in Conamara Chaos verbringen könnte, wo ein

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