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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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paar Sekunden lang ertönte nur atmosphärisches Rauschen. »Faszinierend«, sagte Orphu. »Womit hat sich ein alter Mann von der Erde wohl Tausende dieser Steinköpfe überall an der marsianischen Küstenlinie verdient?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Ist er einer der Streitwagenleute? Sieht er aus wie ein Gott?«
    »Nicht wie ein griechischer Gott«, sagte Mahnmut. »Hauptsächlich sieht er wie ein mächtiger, aber unter Magenbeschwerden leidender alter Mann aus. Kann ich jetzt zurückkommen? Bevor doch noch einer der graubärtigen Togaträger in einem Streitwagen angeflogen kommt und mich hier herumstehen und wie ein Tourist Maulaffen feilhalten sieht?«
    »Ja«, sagte Orphu. »Ich denke, du solltest zurückkommen.«
     

23
Sumpfzypressenwald
    Beim Frühstück an diesem Morgen in der grünen Blase auf der Golden Gate bei Machu Picchu erzählte Odysseus die Geschichte seiner Reisen nicht. Niemand dachte mehr daran, ihn danach zu fragen. Ada fand, dass alle geistesabwesend wirkten, und bald wurde ihr auch klar, weshalb.
    Sie selbst war geistesabwesend, weil sie wenig geschlafen, mit Harman aber die schönste Nacht ihres Lebens verbracht hatte. Sie hatte bereits »Sex gehabt« – welche Frau ihres Alters hätte das nicht? –‚ aber sie erkannte, dass sie noch nie zuvor jemanden körperlich geliebt hatte. Harman war ungeheuer zärtlich, aber auch begierig und beharrlich gewesen, einfühlsam, aber auch kraftvoll, und er hatte auf ihre Bedürfnisse und Reaktionen geachtet, sich jedoch nicht von ihnen beherrschen lassen. Im schmalen Bett am gebogenen Glasfenster aneinander gekuschelt, hatten sie ein wenig geschlafen, waren aber oft aufgewacht, und sie hatten sich neuerlich geliebt, bevor ihnen richtig bewusst wurde, was sie taten. Als die Sonne über der Bergspitze östlich von Machu Picchu aufging, fühlte sich Ada wie ein völlig anderer Mensch – nein, das stimmte nicht; sie fühlte sich wie ein größerer, vollständigerer, weniger abgekapselter Mensch.
    Ada fand, dass Hannah sich an diesem Morgen ebenfalls seltsam benahm; sie wirkte erhitzt und übertrieben lebhaft und achtete auf jede Bemerkung des Mannes, der sich Odysseus nannte; h in und wieder warf sie Ada einen raschen Blick zu, schaute dann weg und errötete beinahe. Ada ging erst ein Licht auf, als sich das Frühstück dem Ende näherte und sie sich zum Aufbruch bereit machten, um zusammen nordwärts nach Ardis Hall zu fliegen. Mein Gott, dachte sie, Hannah hat mit Odysseus geschlafen!
    Eine Minute lang konnte sie es nicht glauben, denn während ihrer Freundschaft hatte sich Hannah noch nie über Beziehungen zu Männern oder über sexuelle Dinge geäußert, aber dann fing sie die Blicke auf, die Hannah dem bärtigen Mann zuwarf, und bemerkte die körperlichen Anzeichen – die junge Frau saß Odysseus gegenüber, aber ihr Körper reagierte trotzdem auf jede seiner Bewegungen, ihre Hände flatterten nervös, sie beugte sich vor –, und Ada erkannte, dass es eine lebhafte Nacht in den Domis auf der Golden Gate gewesen war.
    Daeman und Savi waren sichtlich die Außenseiter. Der junge Mann war genauso schlecht gelaunt wie am Vorabend und stellte barsche Fragen über das Mittelmeerbecken; offenbar konnte er es kaum erwarten, dass sein Abenteuer mit Harman und Savi endlich begann, hatte gleichzeitig aber auch Angst davor. Savi wirkte in sich gekehrt, beinahe traurig, und schien es mit dem Aufbruch eilig zu haben.
    Harman war schweigsam, und Ada hatte den Eindruck, dass er immer noch auf sie konzentriert war, obwohl er es sich den anderen gegenüber nicht anmerken ließ. Ein paarmal fing sie seinen Blick auf, und etwas Warmes regte sich in ihrer Brust, als er sie anlächelte. Einmal legte er die Hand unter dem Tisch außen an ihr Bein und tätschelte es.
    »Also, wie sieht unser Plan nun aus?«, fragte Daeman, nachdem sie sich ihr Frühstück aus warmen Croissants – Ada hatte Savi zuvor erstaunt beim Backen zugesehen –, Butter, Beeren, frisch gepresstem Fruchtsaft und starkem Kaffee einverleibt hatten.
    »Der Plan sieht so aus, dass wir Odysseus, Hannah und Ada nach Ardis Hall bringen – wir sind schon spät dran, wenn wir bis Sonnenuntergang dort sein wollen – und dass Harman, du und ich dann zum Mittelmeerbecken weiterfliegen«, antwortete Savi. »Willst du noch immer bei dieser Expedition dabei sein, Daeman Uhr?«
    »Ja, will ich.« Für Ada klang Daeman nicht sonderlich willig, sondern eher müde, verkatert oder beides.
    »Dann sollten wir unsere

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