Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
Klicks von der Chaos-Hauptbasis entfernt und befand sich nun im Fernsteuerungsbereich der U-Boot-Bunker. Mahnmut übergab das Schiff an die Basis und betrachtete die Eisklippen, die vor ihm lagen.
    Von außen sah die Conamara-Chaos-Hauptbasis genauso aus wie fast die ganze restliche Oberfläche von Europa – ein Gewirr aus Pressrücken, die zwei- bis dreihundert Meter hohe Eisklippen auftürmten, Eismassen, die das Labyrinth aus offenen Wasserrinnen und schwarzen Lenticulae blockierten –‚ aber dann zeigten sich erste Anzeichen dafür, dass dieses Gebiet bewohnt war: Das schwarze Maul der U-Boot-Bunker öffnete sich, die Fahrstühle an der Eiswand bewegten sich, weitere Fenster wurden in ihr sichtbar, Navigationslichter pulsierten und blinkten auf Bodenmodulen, Habitationsknoten und Antennen, und – weit oben, wo die Klippe an den schwarzen Himmel stieß – waren mehrere interlunare Shuttles sturmsicher auf dem dortigen Landeplatz festgemacht.
    Raumschiffe hier in der Chaos-Hauptbasis. Sehr ungewöhnlich. Noch während Mahnmut das Andockmanöver abschloss, die Schiffsfunktionen auf Standby schaltete und sich von den System des U-Boots abkoppelte, dachte er: Warum, zum Teufel, haben die mich hergeholt?
    Mahnmut durchlitt das Trauma der Reduktion seiner Sinne nd Kontrollmöglichkeiten auf seinen unbeholfenen, mehr oder minder humanoiden Körper und verließ das Schiff. Er ging ins blau leuchtende Eis hinein und nahm den Hochgeschwindigkeitslift zu den Habitationsknoten hoch über ihm.
     

5
Ardis
    Ein Festmahl für ein Dutzend Personen am Tisch unter dem von Laternen erleuchteten Baum: Wildbret und Bärenfleisch aus dem Wald, Forelle aus dem Fluss unten, Rindfleisch von den Herden, die zwischen Ardis und dem Farcaster-Feld weideten, Rotwein und Weißwein aus den Weinbergen von Ardis, frischer Mais, Kürbis, Salat und Bohnen aus dem Garten sowie Kaviar, der von irgendwo hergefaxt worden war.
    »Wer hat Geburtstag, und der wievielte Zwanziger ist es?«, fragte Daeman, während die Servitoren den zwölf Speisenden an dem langen Tisch die Teller füllten.
    »Ich, aber es ist kein Zwanziger«, antwortete Harman, ein gut aussehender Lockenkopf.
    »Wie bitte?« Daeman lächelte, verstand es aber nicht. Er ließ sich Kürbis geben und reichte die Schüssel an die Frau neben sich weiter.
    »Harman feiert seinen jährlichen Geburtstag«, sagte Ada von ihrem Platz am Kopfende des Tisches her. In ihrem braunschwarzen Seidengewand war sie aufreizend schön.
    Daeman schüttelte den Kopf. Er verstand es immer noch nicht. Der jährliche Geburtstag wurde nicht beachtet oder gar gefeiert. »Also feierst du heute Abend in Wirklichkeit gar keinen Geburtszwanziger«, sagte er zu Harman und gab dem schwebenden Hausservitor mit einem Nicken zu verstehen, dass er sein Weinglas nachfüllen sollte.
    »Aber meinen Geburtstag feiere ich schon«, wiederholte Harman mit einem Lächeln. »Meinen neunundneunzigsten.«
    Daeman erstarrte schockiert und sah sich dann rasch um. Ihm wurde klar, dass dies ein spezieller, wenn auch ziemlich geschmackloser Witz dieser Provinzlerschar sein musste. Mit seinem neunundneunzigsten Lebensjahr trieb man keine Scherze. Daeman lächelte dünn und wartete auf die Pointe.
    »Harman sagt die Wahrheit«, erklärte Ada leichthin. Die anderen Gäste schwiegen. Nachtvögel riefen im Wald.
    »Tut… mir Leid«, brachte Daeman heraus.
    Harman schüttelte den Kopf. »Ich freue mich auf das Jahr. Ich habe eine Menge vor.«
    »Vergangenes Jahr ist Harman hundertfünfzig Kilometer weit in den atlantischen Bruch hineingelaufen«, sagte Adas junge Freundin mit den kurzen Haaren.
    Jetzt war Daeman sicher, dass sie ihn aufzogen. »In den atlantischen Bruch kann man nicht hineinlaufen.«
    »Aber ich hab’s getan.« Harman knabberte an einem Maiskolben. »Es war bloß ein Erkundungsgang – nur hundertfünfzig Kilometer, wie Hannah sagt, und dann wieder zurück zur nordamerikanischen Küste –, aber schwierig war es jedenfalls nicht.«
    Daeman lächelte erneut, um zu zeigen, dass er kein Spielverderber war. »Aber wie bist du denn zum atlantischen Bruch gekommen, Harman Uhr? Da sind doch gar keine Faxknoten in der Nähe.« Er hatte keine Ahnung, wo der atlantische Bruch war, hatte keine genaue Vorstellung von Nordamerika und war auch nicht ganz sicher, wo der Atlantik lag, aber er wusste, dass sich keiner der 317 Faxknoten in der Nähe des Bruchs befand. Er war mehr als einmal zu jedem dieser Knoten gefaxt, hatte den

Weitere Kostenlose Bücher