Ilium
schließen. Ich will Krieg. Krieg und göttliches Blut.«
»Wenn du gegen die Götter kämpfen willst«, erwidere ich, »musst du zuerst diesen sinnlosen Krieg gegen die Helden Trojas beenden.«
Achilles dreht sich um und macht eine Handbewegung zu den fernen Kampflinien. Ich sehe achäische Fahnen jenseits des Verteidigungsgrabens; sie rücken dorthin vor, wo noch in der vergangenen Nacht die trojanischen Linien waren. »Aber wir besiegen sie gerade«, schreit Achilles. »Weshalb sollte ich Frieden mit Hektor schließen, wenn ich schon in ein paar Stunden seine Eingeweide auf meine Lanzenspitze spießen kann?«
Ich zucke die Achseln. »Mach es so, wie du es für richtig hältst, Peleussohn. Ich bin hierher geschickt worden, um dir zu helfen, Patroklos zu rächen und seinen Leichnam für die Bestattungsriten zurückzuholen. Wenn dies nicht dein Wunsch ist, gehe ich wieder.« Ich kehre ihm den Rücken zu und entferne mich ein paar Schritte.
Achilles ist so schnell über mir, wirft mich in den Sand und zieht sein Messer, dass ich ihn nicht mit dem Taser hätte schocken können, selbst wenn mein Leben davon abgehangen hätte. Vielleicht hängt es davon ab, denn jetzt setzt er mir die rasiermesserscharfe Klinge an den Hals. »Du wagst es, mich zu beleidigen?«
Ich spreche sehr vorsichtig, um keinen Blutverlust zu riskieren. »Ich beleidige niemanden, Achilles. Ich bin hergeschickt worden, um dir zu helfen, Patroklos zu rächen. Wenn du das willst, dann tu, was ich sage.«
Achilles starrt mich einen Moment lang an, dann steht er auf und steckt sein Messer wieder in die Scheide. Er streckt mir die Hand hin und zieht mich auf die Beine. Aus zehn Metern Entfernung sehen Odysseus und die anderen Hauptleute schweigend zu; offensichtlich platzen sie geradezu vor Neugier.
»Wie ist dein Name?«, fragt Achilles.
»Hockenberry.« Ich klopfe mir Sand vom Hintern und reibe mir die Stelle am Hals, wo er die Klinge angesetzt hat. »Sohn des Duane«, füge ich eingedenk des üblichen Rituals hinzu.
»Ein seltsamer Name«, murmelt der Männertöter. »Aber dies sind seltsame Zeiten. Willkommen, Hockenberry, Sohn des Duane.« Er streckt die Hand aus und umfasst meinen Unterarm so fest, dass er mir das Blut abdrückt. Ich versuche, den Druck zu erwidern.
Achilles wendet sich wieder seinen Hauptleuten und Adjutanten zu. »Ich rüste mich gerade für den Krieg, Sohn des Duane. Wenn ich fertig bin, werde ich dich bis in die Tiefen des Hades begleiten, falls nötig.«
»Nach Ilium reicht für den Anfang«, sage ich.
»Komm, ich will dich meinen Kameraden und Generälen vorstellen, nachdem Agamemnon nun besiegt ist.« Er führt mich zu Odysseus und den anderen hinüber.
Ich muss die Frage stellen. »Sind Agamemnon und Menelaos tot?«
Achilles schüttelt mit grimmiger Miene den Kopf. »Nein, ich habe die Atriden nicht getötet, obgleich ich sie beide heute Morgen im Zweikampf besiegte, einen nach dem anderen. Sie sind grün und blau geschlagen und bluten, sind aber nicht sehr schwer verletzt. Der Heiler Asklepios kümmert sich um sie, und obwohl sie mir Treue geschworen haben, wenn ich ihnen das Leben schenke, werde ich ihnen niemals trauen.«
Dann stellt Achilles mich Odysseus und all den anderen Helden vor, die ich mehr als neun Jahre lang beobachtet habe. Jeder der Männer packt meinen Unterarm zur Begrüßung, und schon nach der Reihe der wichtigsten Hauptleute sind mein Handgelenk und meine Finger taub.
»Gottgleicher Achilles«, hebt Odysseus an, »an diesem Morgen bist du unser König geworden, und wir haben dir Treue geschworen und den Eid abgelegt, dir notfalls bis zum Olymp zu folgen, um nach Athenes Verrat – so unglaublich das klingt – den Leichnam unseres Kameraden Patroklos zurückzuerobern, aber ich muss dir sagen, dass deine Männer und Anführer Hunger haben. Die Achäer müssen essen. Sie haben in der Nacht wenig oder gar keinen Schlaf gefunden, haben den ganzen Vormittag gegen die Trojaner gekämpft und Hektors Truppen von unseren schwarzen Schiffen, unserem Wall und unseren Gräben zurückgeworfen, aber die Männer sind müde und hungrig. Lass Talthybios dort einen Eber für die Anführer zubereiten, während du dich mit deinen Männern zum Essen zurückziehst und …«
Achilles fährt zum Sohn des Laertes herum. »Essen? Bist du von Sinnen, Odysseus? Mich verlangt am heutigen Tag nicht nach Nahrung. Mein Herz sehnt sich nach Mord und Blut, nach dem Schreien und Stöhnen sterbender Männer und
Weitere Kostenlose Bücher