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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Schuppiges huschte vorbei und sprang klatschend in den stinkenden Teich unter ihm. Gelbe Dämpfe stiegen um sie herum empor.
    »Wer ist Setebos?«, fragte Harman, der sich offenbar bemühte, mit ebenso ruhiger Stimme zu sprechen wie Savi. »Ist Setebos dein Herr? Holst du ihn her, damit er uns freilassen kann? Wir werden mit ihm sprechen.«
    Caliban hob den Kopf, kratzte mit seinen Klauen vorn und hinten am Rohr, und bellte zum Dach der Grotte hinauf. »Setebos, Setebos und Setebos! Denkt, er lebt in der Kälte des Mondes.«
    »Des Mondes?«, sagte Savi. »Dein Setebos lebt auf dem Mond?«
    »Denkt, Er hat den Mond geschaffen, und dazu passend die Sonne«, schnurrte die Kreatur. »Aber nicht die Sterne, diese sind anders entstanden. Nur Wolken, Winde, Meteore und dergleichen, und diese Insel und was darauf lebt und wächst, und die Schlangensee, die sie umgibt und begrenzt.«
    »Wovon redet er?«, flüsterte Daeman Savi über Anzugfunk zu. »Ist er verrückt? Es klingt, als würde er von irgendeinem Gott reden.«
    »Ja, ich glaube, er redet von einem Gott«, erwiderte Savi ebenso leise. »Seinem Gott. Oder von etwas Wirklichem, was er als einen Gott betrachtet.«
    »Wer oder was hat dieses Ungeheuer erschaffen? Ganz bestimmt kein Gott«, flüsterte Daeman.
    Bei diesen Worten spitzte Caliban seine merkwürdigen, durchsichtigen Ohren. »Denkt, Sycorax, meine Mutter, hat mich sterblichen Brocken erschaffen. Denkt, Prospero, der stumme Diener des Ruhigen, hat Ihn zum Diener des Dieners gemacht. Denkt aber, dass Setebos, der so viele Arme hat wie ein Tintenfisch und der durch seine Taten Angst einflößt, zuerst nach oben schaut und merkt, dass Er sich nicht dorthin erheben kann, wo Ruhe und ein glückliches Leben sind; dann schaut Er hier herab, und aus reiner Bosheit macht Er diese Welt zu Tand, sodass sie jene, die echte, nachäfft, lässt die guten Dinge dieser Welt jene abbilden, wie die Hagebutte das Bild der Weintraube ist.«
    »Macht Er diese Welt zu Tand«, wiederholte Savi. »Meinst du die Asteroidenstadt hier im Ä-Ring, Caliban?«
    Statt zu antworten, kroch Caliban vorwärts wie eine schuppige, sprungbereite Katze. Seine gelben Augen waren nur einen Meter von ihren Köpfen entfernt. »Denkt, ob sie wohl Prospero kennen?«
    »Ich kenne Ariel, das Biosphären-Wesen«, sagte Savi. »Ariel hat uns nach Atlantis durchgelassen und uns erlaubt, hierher zu kommen. Wir dürfen hier sein. Frag Ariel.«
    Caliban lachte und wälzte sich auf den Rücken. Nur seine Klauen und die mit Schwimmhäuten bewehrten Füße verhinderten, dass er von dem glitschigen Rohr in das stinkende Wasser darunter rollte. »Denkt, er wäre Prospero, als Ariel hält er sich einen Kranich mit Kehlsack, den er ausschickt, watend Fische zu fangen, um sie sogleich wieder auszuwürgen; außerdem ein plumpes Wesen aus dem Meer, das ihm in die Falle gegangen ist, das er geblendet und mehr oder weniger gezähmt hat, dem er die Schwimmhäute durchtrennt hat und das er jetzt als Arbeitstier in einer Höhle im Stein hält und … Caliban nennt.«
    »Wovon, zum Teufel, redet er?«, fragte Daeman über Funk. »Das Ding ist wahnsinnig. Erschieß es, Savi. Erschieß es!«
    »Ich glaube, ich … verstehe … vielleicht«, flüsterte Harman. »›Er‹ ist Caliban. Er spricht von sich in der dritten Person, Savi. Dein Logosphären-Prospero hat ihn irgendwie versklavt und dafür Ariel, die Biosphären-Figur, benutzt.«
    »Und Caliban hat ein kleines Meerestier geblendet, vielleicht eine Echse wie die im Teich da unten, und sie Caliban genannt«, sagte Savi. Ihre Stimme klang seltsam – distanziert, beinahe nachdenklich –, als hätte das gelbäugige Ding, das sich vor ihnen zurücklehnte und reckte, sie hypnotisiert. »Er spielt, dass er sein Herr, Prospero, ist«, sagte sie leise.
    Caliban lachte und kratzte sich die Seite. Daeman konnte über seinen Rippen und direkt unter seinen Achselhöhlen Kiemen erkennen, die sich öffneten und schlossen wie obszöne graue Münder. »Spät nachts hat er gespäht und Prospero über seinen Büchern gesehen, sorglos und hochmütig, Herrscher nun über die Insel«, zischte Caliban. »Verärgert hat er selbst ein Buch genäht, aus breiten pfeilförmigen Blättern, hat eine Gerte geschält und ihr einen Namen gegeben; manchmal trägt er anstelle eines Zauberermantels das gefleckte Fell des geschmeidigen Ozelots.«
    »Ozelots?«, sagte Harman.
    »Erschieß es, Savi!«, zischte Daeman. »Erschieß es jetzt, bevor es uns

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