Ilium
warmen Farbtönen gehaltene Flure entlang, Innentreppen hinauf und durch Gemeinschaftsräume zu den Privatbereichen an der Kraterseite des Domi-Komplexes.
»Der Servitor hat mir natürlich mitgeteilt, dass ihr kommt«, erklärte Marina, die vor einer Mahagonitür mit wunderschönen Schnitzereien stehen blieb, »aber ich habe Daeman nichts davon gesagt. Er ist immer noch … verwirrt… von dem Unfall.«
»Aber er erinnert sich doch nicht daran, oder?«, fragte Harman.
»O nein, natürlich nicht.« Marina war eine attraktive Frau, und Ada sah die Ähnlichkeit mit ihrem Sohn in ihren roten Haaren und ihrer kräftigen Figur. »Aber ihr wisst ja, wie man bei solchen Dingen sagt … die Zellen erinnern sich.«
Aber es sind nicht dieselben Zellen, dachte Ada, sagte aber nichts.
»Meinst du, es regt Daeman auf, wenn er uns sieht?«, fragte Hannah. In Adas Ohren klang es eher neugierig als besorgt.
Marina machte eine anmutige, indifferente Handbewegung, als wollte sie sagen: »Wir werden sehen.« Sie klopfte an die Tür und öffnete sie, als Daemans gedämpfte Stimme sie herein bat.
Der Raum war groß und mit Stoffen in satten Farbtönen, fließenden Wandbehängen aus Seide und Spitzenvorhängen um Daemans Schlafbereich geschmückt, aber die gegenüberliegende Wand war vollständig verglast und eröffnete den Blick auf eine private Veranda. Das Licht in dem großen Raum war gedämpft, aber der hell erleuchtete Stadtrand draußen vor dem Balkon verlief zu beiden Seiten im Bogen am Kraterrand entlang, und etwa achthundert Meter entfernt, auf der anderen Seite des dunklen Kraters, konnte man weitere Konstellationen aus Laternen, Leuchtkugeln und weichem elektrischem Licht erkennen. Daeman saß auf einem Klappstuhl am regennassen Fenster und schaute hinaus, als dächte er über die Lichter nach. Als er Ada, Harman und Hannah sah, machte er ein erstauntes Gesicht, aber dann winkte er sie zu dem Rund aus weichen Möbeln herüber. Marina entschuldigte sich und schloss die Tür hinter sich, während die drei Platz nahmen. Die Glastüren standen offen, und die kühle Luft, die durch die Fliegenfenster hereinkam, roch nach Regen und nassem Bambus.
»Wir wollten sehen, wie es dir geht«, sagte Ada. »Und ich wollte mich persönlich für den Unfall entschuldigen … weil ich nicht besser auf meinen Gast aufgepasst habe.«
Daeman lächelte und zuckte die Achseln, aber seine Hände zitterten leicht. Er legte sie auf seine in Seide gehüllten Knie. »Ich weiß nur noch, dass etwas Großes durch die Bäume brach – und der Aasgeruch, an den erinnere ich mich – und dann bin ich im Krippentank der Klinik aufgewacht. Die Servitoren hier haben mir natürlich erzählt, was passiert ist. Es wäre amüsant, wenn die Vorstellung nicht so … abscheulich wäre.«
Ada nickte, beugte sich zu ihm und nahm seine Hand. »Ich entschuldige mich, Daeman Uhr. Die Allosaurier sind in den letzten Jahrzehnten nur sehr selten auf das Anwesen gekommen, und die Voynixe sind immer da, um uns zu beschützen …«
Daeman runzelte die Stirn, entzog ihr die Hand jedoch nicht. »Als Beschützer haben sie bei mir offenkundig keine besonders gute Arbeit geleistet.«
»Das ist wirklich seltsam.« Harman schlug die Beine übereinander und tippte auf die Wellpapier-Armlehnen seines Sessels. »Sehr seltsam. Ich weiß gar nicht mehr, wann es einem Voynix zum letzten Mal nicht gelungen ist, einen Menschen in einer solchen Situation zu beschützen.«
Daeman sah den älteren Mann an. »Bist du Situationen gewöhnt, in denen rekombinante Tiere Menschen fressen, Harman Uhr?«
»Ganz und gar nicht. Ich meinte Situationen, in denen Menschen in Gefahr sind.«
»Ich entschuldige mich nochmals«, sagte Ada. »Das Versagen der Voynixe ist unerklärlich, aber meine Unachtsamkeit ist durch nichts zu entschuldigen. Es tut mir Leid, dass dir das Wochenende in Ardis Hall verdorben worden ist und dass dein Harmoniegefühl gestört wurde.«
»Gestört, ja … vielleicht nicht ganz das richtige Wort dafür, von einem sechs Tonnen schweren Fleischfresser verspeist zu werden«, sagte Daeman, aber er lächelte kaum merklich und neigte noch unmerklicher den Kopf zum Zeichen, dass er die Entschuldigung angenommen hatte.
Harman beugte sich vor, faltete die Hände und hob und senkte sie zur Betonung, während er sprach. »Wir waren in Ardis Hall bei einem bestimmten Thema stehen geblieben, Daeman Uhr… «
»Dem Raumschiff.« Jetzt hatte Daemans ironischer Ton einen unverkennbar
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