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Illuminati

Illuminati

Titel: Illuminati Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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fühlte Langdon sich wie ein Kandidat bei einer surrealistischen Spielshow. Ich nehme Vorhang Nummer drei, dachte er.
    Die Kirche lag still. Die dicken Wände blockten jedes Geräusch von draußen ab. Sie eilten an den Nischen vorbei und sahen undeutlich helle Schemen von menschlicher Gestalt, die sich scheinbar wie Geister hinter dem raschelnden Plastik bewegten. Marmorstatuen, dachte Langdon und hoffte, dass er damit Recht hatte. Es war sechs Minuten nach acht. War der Mörder pünktlich gewesen? Hatte er die Kirche schon wieder verlassen, bevor Langdon und Vittoria hergekommen waren? Oder lauerte er noch irgendwo hier im Gebäude? Beide Vorstellungen waren wenig angenehm.
    Sie passierten die zweite Nische. Inzwischen wurde es rasch dunkler, und die Bleiglasfenster verstärkten die unheimliche Atmosphäre. Der Plastikvorhang neben ihnen wallte, als hätte jemand irgendwo eine Tür geöffnet, und ein Luftzug hätte den Vorhang erfasst.
    Vittoria blieb mit vorgehaltener Waffe vor der dritten Kapelle stehen. Sie deutete mit der Hand auf eine Stelle neben der Apsis. Zwei Worte waren in die Säule aus Granit gehauen:
     
    CAPELLA CHIGI
     
    Langdon nickte. Ohne einen Laut schoben sie sich zum Rand der Nische und gingen hinter einem breiten Pfeiler in Deckung. Vittoria zielte mit der Waffe um die Ecke in Richtung des Plastikvorhangs. Dann bedeutete sie Langdon mit einer Kopfbewegung, das Plastik beiseite zu ziehen.
    Jetzt wäre ein geeigneter Zeitpunkt, mit Beten anzufangen, dachte Langdon. Zögernd streckte er die Hand über ihre Schulter hinweg nach dem Vorhang aus und schob ihn beiseite, so vorsichtig es ging. Das transparente Material bewegte sich ein paar Zentimeter; dann raschelte es laut. Beide erstarrten. Stille. Nach einem langen Augenblick, der wie in Zeitlupe verging, beugte Vittoria sich vor und spähte durch den schmalen Spalt. Langdon blickte ihr über die Schulter.
    Keiner von beiden wagte zu atmen.
    »Leer«, sagte Vittoria schließlich und senkte die Pistole. »Wir kommen zu spät.«
    Langdon hörte nicht zu. Für einen Moment war er in eine andere Welt versetzt. Nie im Leben hätte er sich eine Kapelle wie diese vorgestellt. Sie war atemberaubend. Alles war mit rotem Marmor ausgekleidet. Langdon sog den Anblick in sich auf. Die Kapelle war so irden, wie man es sich nur vorstellen konnte, beinahe so, als hätten Galileo und seine Illuminati sie entworfen.
    Das Kuppeldach zeigte ein Sternenfeld und die sieben zur damaligen Zeit bekannten Planeten. Darunter die zwölf Tierkreiszeichen – heidnische Symbole, irdene Symbole, die in der Astronomie wurzelten. Der Tierkreis war direkt mit der Erde verbunden, mit der Luft, dem Feuer und dem Wasser… die Quadranten repräsentierten Macht, Intellekt, Wissensdurst und Emotionen. Die Erde steht für Macht, rief Langdon sich ins Gedächtnis.
    Ein Stück weiter an der Wand bemerkte er Anspielungen auf die vier Jahreszeiten primavera, estate, autunnound inverno. Doch viel unglaublicher als das alles waren die beiden gewaltigen Gebilde, die den Innenraum beherrschten. Langdon starrte sie voller Staunen an. Das kann nicht sein, dachte er. Das kann einfach nicht sein! Doch sie standen dort. Zu beiden Seiten der Kapelle und in vollkommener Symmetrie ragten zwei drei Meter hohe Pyramiden aus Marmor auf.
    »Ich sehe keinen Kardinal«, flüsterte Vittoria. »Und auch keinen Assassinen.« Sie schlug den Plastikvorhang beiseite und betrat die Nische.
    Langdons Blicke hafteten unverwandt auf den Pyramiden. Was machen Pyramiden in einer christlichen Kapelle?, fragte er sich. Unglaublicherweise war das noch längst nicht alles. Genau in der Mitte der Pyramidenseiten, eingefasst von Marmor, erblickte Langdon goldene Medaillons… Medaillons, wie er es noch nie zuvor gesehen hatte. Vollkommene, auf der Seite liegende Ellipsen… Die polierten Gebilde glänzten im schwachen Lichtschein, der durch hohe Bleiglasfenster in die Nische drang.
    Galileos Ellipsen?, dachte Langdon. Pyramiden? Eine Kuppeldecke voller Sterne? Der Raum enthielt mehr unverhüllte Hinweise auf die Illuminati, als Langdon sich jemals hätte vorstellen können.
    »Robert!«, stieß Vittoria leise hervor. »Sehen Sie nur!«
    Langdon wirbelte herum, und die Wirklichkeit kehrte zurück, als sein Blick auf das fiel, was sie ihm zeigen wollte.
    »Verdammt!«, rief er und zuckte zusammen.
    Das Bild eines Skeletts grinste sie vom Marmorboden herauf an – ein kunstvolles, detailliertes Marmormosaik, das den Tod zeigte.

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