Illusion - das Zeichen der Nacht
den anderen Mitgliedern nicht mithalten kann.«
Jana wurde das Gefühl nicht los, dass Yadia log oder etwas verheimlichte. Aber sie bohrte nicht weiter. Yadias Familiengeschichte war im Moment nicht das, was sie am meisten beschäftigte. »Du hast also mit dieser Sache weitergemacht, um das Versprechen zu halten, das du Harold gegeben hattest«, fasste sie zusammen. »Du hast Argos Anweisungen sogar noch nach seinem Tod befolgt. Und der hatte dir gesagt, dass er Alex braucht, um das Buch zu lesen.«
»Eigentlich wollte er dich auch«, stellte Yadia klar. »Er wusste von dem Gegenstück des Nosferatu, dem Golem aus Lehm in der Loredan-Stiftung. Er hat darauf bestanden, dass ich dich von Alex trenne und dorthin führe.«
»Aber dort gab es kein magisches Buch, das ich hätte lesen können.« Jana blickte ihren Bruder an. »Nur alte Alchemie- und Kabbalabücher, nichts wirklich Wichtiges.«
»Bist du sicher?«, fragte David.
»Ganz sicher. Ich habe den Sarasvati benutzt, um mich zu vergewissern. In der Lehmfigur steckt keine Magie und die esoterischen Bücher, die völlig verstaubt in den Regalen standen, hätte jeder lesen können.«
»Das verstehe ich nicht.« Yadia schüttelte finster den Kopf. »Argos Anweisungen waren ganz eindeutig. Ich war mir sicher, dass der andere Teil des Buchs sich dort befindet, in dieser Figur, vielleicht innen drin versteckt.«
»Argo hat dich getäuscht«, sagte Corvino. »Er hat dich an der Nase rumgeführt, genau wie alle anderen. Er hat dich überredet, Alex und Jana zu trennen und jeden an einen anderen Ort zu führen, als gäbe es zwei getrennte Teile des Buchs der Schöpfung und jeder der beiden müsse einen davon lesen. Ein wirklich geschickter Schachzug.«
»Was willst du damit sagen?«, fragte Yadia auf einmal mit unverhohlener Feindseligkeit.
»Argo wollte nicht, dass die Medu ihre Macht zurückbekommen. Das Letzte, was er sich in dieser Welt gewünscht hätte, war, den Drakul wieder zu ihrem alten Glanz zu verhelfen. Nein, er kannte die zerstörerische Kraft des Buchs sehr gut und wollte sie nutzen, um seine Todfeinde loszuwerden. Alex und Jana. Zuerst würde der Nosferatu sich über Alex hermachen. Und sobald er von dem Ungeheuer beherrscht würde, würde er seinen finstersten Dämonen freien Lauf lassen und Jana vernichten.«
»Ich glaube, das hätte er auch getan, wenn … wenn er nicht daran gehindert worden wäre.« Jana lief ein Schauder über den Rücken.
»Ja, mich hätte er auch beinahe umgebracht«, pflichtete Yadia bei. »Wie bist du mit ihm fertig geworden, Jana? Ich war ohnmächtig, ich habe es nicht mitbekommen.«
»Ich erhielt unerwartet Hilfe.«
Zum ersten Mal, seit sie in der Küche waren, ergriff Heru das Wort. »Von wem, Jana? Das könnte wichtig sein.«
Jana wollte schon Garos Namen nennen, überlegte es sich aber in letzter Sekunde anders. »Ich weiß nicht, ich konnte das Wesen nicht sehen«, log sie. »Jedenfalls hat es uns das Leben gerettet. Das Ungeheuer ist zu Boden gestürzt und zu Asche zerfallen. Ich hoffe, das heißt nicht, dass Alex … dass Alex …« Sie konnte die letzten Worte, die ihr durch den Kopf wirbelten, nicht aussprechen.
»Der Anblick der Asche, die auf den Boden fällt, hat nichts zu bedeuten«, sagte Corvino beschwichtigend. »Alex war nicht diese monströse Hülle, die euch angegriffen hat, sondern ein Geist, der darin gefangen war. Und es ist nicht so einfach, einen Geist zu vernichten.«
»Aber vielleicht ist er verletzt worden, als er seine Hülle verloren hat. Vielleicht musste er fliehen. Es war, als wäre er auf einen Schlag verschwunden.«
Corvino nickte. »Wahrscheinlich ist er geflohen. Ich will dir nichts vormachen, Jana. Ich habe kein Patentrezept, um ihn zu finden. Es kann gut sein, dass er nicht einmal selbst weiß, wo er im Moment ist. Aber wir werden versuchen, ihn aufzuspüren und zurückzuholen. David, du musst uns noch einmal alles erzählen, was passiert ist, bis ins letzte Detail. Wir sehen uns diese alte Renaissancevilla an, wo Argo den Nosferatu bewacht hat. Alex’ Körper muss doch irgendwo sein, vielleicht liegt er ja noch dort. Wir könnten zumindest nachsehen.«
»Ich helfe euch«, erklärte Yadia. »Ich kenne diese Villa ziemlich gut. Argo hat mir viele ihrer Geheimnisse verraten, bevor er gestorben ist.«
»Nein, Yadia«, unterbrach Nieve ihn entschieden. »Du wirst uns nirgendwohin begleiten.«
»Aber …«
»Wenn dir das Wort ›Gefangener‹ nicht gefällt, dann betrachte dich
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