Iloo - Die andere Welt (German Edition)
kaute auf ihrer Unterlippe. »Mir gefällt das nicht. Beim letzten Mal wären wir fast abgestürzt. Können wir das nicht auch direkt auf dem Boden machen? Wenn die Spule dann durchbrennt, wäre es gleich, ob die Bordelektronik verrücktspielt.«
»Vergiss es!«, rief Tammo. »Eurer Fernrohr zieht so viel Strom, dass die Helikopterturbine unter voller Last laufen muss. Das klappt nur, wenn wir in der Luft sind. Außerdem sehe ich noch ein weiteres Problem: Was ist, wenn es Niveauunterschiede zwischen den Welten gibt und der Boden hier nicht identisch mit dem Boden auf der Erde ist?«
»Dann müssen wir das Risiko also eingehen«, stellte Eva resignierend fest. »Es gefällt mir trotzdem nicht.«
Sie hatten zwar einige Zeit unter den Feliden gelebt, doch saßen die vorher eingeübten Handgriffe noch immer, und es zeigte sich, dass jeder genau wusste, was er zu tun hatte. Vanessa schaltete die Stromversorgung durch die Turbine frei und Eva aktivierte die Steuerkonsole des Fernrohres.
»So Leute, höher kann ich mit dem Helikopter nicht steigen!«, rief Tammo. »Von mir aus könnt Ihr anfangen!«
Sebastian ließ die Anlage des Fernrohres anlaufen und sie beobachteten, wie sich nach einer Weile der Fokus stabilisierte und sie ein Bild der Erde erhielten. Wie es schien, war der Weg, den sie genommen hatten, tatsächlich umkehrbar. Eva kontrollierte die Temperatur der Spule. Bisher hatte die Iloo-Spule einwandfrei funktioniert. Eluak war ein genialer Techniker. Nach kurzer Erklärung und Einführung hatte er diverse defekte Bauteile des Fernrohres ohne Probleme in seiner Werkstatt nachbauen können.
Gespannt warteten sie darauf, dass die Temperatur der Spule steigen würde. Diesmal hatten sie nicht vor, sie zu schonen. Im Gegenteil. Sie warteten darauf, dass sie durchbrennen, und den Effekt noch einmal auslösen würde, der sie vor einiger Zeit nach Iloo geführt hatte. Ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt, doch nach einiger Zeit ging es los und die Spule gelangte in den kritischen Bereich. Gespannt verfolgten sie, wie sie endlich durchbrannte. Unwillkürlich fassten sie sich gegenseitig an den Händen.
»Tammo, es geht los!«, rief Eva. »Achte auf die Steuerung.«
Die Warnung kam gerade noch rechtzeitig, denn im nächsten Moment liefen kleine Blitze über die überlastete Spule. Ein scharfer, brandiger Geruch breitete sich in der Kabine aus. Dann schien der Fokus, der bisher kaum die Größe einer Murmel gehabt hatte, förmlich zu explodieren. Es war gewaltiger, als beim ersten Mal und die Freunde hatten das Gefühl, durch die Mangel gedreht zu werden. Ein greller Blitz blendete ihre Augen und dann hatten sie das Gefühl des Fallens.
»Tammo, was ist los?«, brüllte Vanessa, der – ebenfalls wie den Anderen – die Angst ins Gesicht geschrieben stand. »Stürzen wir ab?«
»Wir verlieren massiv an Höhe!«, rief Tammo. »Lasst mich jetzt in Ruhe, ich versuch, den Vogel abzufangen!«
Sie hielten noch immer die Hände gefasst und merkten gar nicht, wie sehr sie sich verkrampft hatten. Es schien endlos zu dauern, doch war es das persönliche Zeitempfinden, dass die Sekunden zu Minuten zu dehnen schien. Tatsächlich waren es höchstens Sekunden, als das Gefühl des Fallens schlagartig aufhörte.
»Entspannt euch, Freunde«, rief Tammo von vorn aus dem Cockpit. »Ich hab die Maschine im Griff. Die Elektronik ist online. Ach ja, eines noch: Die Erde hat uns wieder.«
Der Jubel, der daraufhin in der hinteren Kabine ausbrach, fand keine Beschreibung. Wie die kleinen Kinder nahmen sie sich gegenseitig in den Arm und drückten einander. Inolak gab Eva einen langen Kuss, den sie gern erwiderte. Sebastian und Vanessa stürmten ins Cockpit und schlugen Tammo begeistert mit der Hand auf die Schulter.
»Tammo, du bist ein Wahnsinnspilot«, sagte Vanessa und küsste Tammo auf die Wange.
»Ich bin ein guter Pilot«, korrigierte Tammo. »Aber Wahnsinnspilot? Ihr hättet Sinnu besser kennenlernen sollen. Sie ist das, was ich eine Wahnsinnspilotin nenne.«
»Wieso?«, fragte Sebastian. »Bist du mit ihr geflogen?«
Tammo nickte. »Ja. Sie hat diesen Helikopter geflogen. Ich zeigte ihr, wie es geht und sie deutete an, dass sie es gern einmal versuchen würde. Ich setzte mich dann auf den zweiten Sitz und koppelte meine Steuerung mit ihrer, um eingreifen zu können, doch sie flog los, als wenn sie nie etwas anderes getan hätte. Es war unglaublich. Diese Kleine hat die Fliegerei einfach im Blut. Ich war wirklich
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