Iluminai - Das Zeichen der Drachenhüter (Iluminai - Kabal Shar) (German Edition)
während er die Verbindungsbrücke zum Sternenturm hinüberhuschte. Als er in den dunklen Türausschnitt auf der anderen Seite trat, war er durchnässt bis auf die Knochen.
Nevantio stellte die Kerze beiseite und wrang den Endzipfel seines blütenweißen Nachthemdes aus. Dann tappte er die lange Wendeltreppe bis zum höchsten Punkt des Turmes empor und sperrte das Laboratorium auf.
Hier sah es recht wundersam aus. Die Kuppel über dem Dach war aus Glassegmenten zusammengesetzt. Man sah den trüben Regen wie Tränen darüber rinnen. Drei lange Tische befanden sich im runden Raum. Auf jedem von ihnen türmte sich eine unüberblickbare Anzahl von übereinander gestapelten Glasphiolen, Röhrchen, brodelnden Töpfen und stinkenden Flüssigkeiten. Es gab Haltevorrichtungen, die an einer Stange herabbaumelten, welche unter der Kuppel quer durch den Raum führte. Daran hingen kleine Kessel, die erhitzt werden konnten. Alchemistisches Werkzeug lag, stand oder rollte umher. Eine Unordnung herrschte hier, die allerdings für Nevantio von Romec ein für ihn leicht überblickbares System darstellte.
Seufzend ließ er sich auf seinen Lieblingsschemel sinken und nahm eine der Drachenschriften zur Hand. Ein ultramarinblauer Drachenkopf starrte ihn vom Buchdeckel her an. Es war Mirali, die blaue Drachenkönigin, die eine lange Zeit vor Algament regiert hatte.
Nevantio seufzte noch einmal, blätterte dann an die Stelle des Buches, an der er zuletzt gelesen hatte und murmelte: „Einen Drachen könnt Ihr bei einem Unwetter beschwören. Dann ist die Luft voll Energie. Manche behaupten zwar, auch bei schönem Wetter sei es möglich, aber Blitz und Donner, das ist es, was die Herrscher der Lüfte den ruhigen Schönwetterwolken vorziehen ...“
Von Romec ließ den schweren Folianten sinken und machte: „Hm ... Dachte ich es mir doch. Vielleicht hatte ich deswegen bisher keinen Erfolg.“
Nevantio sprang auf, legte das Buch auf den Stapel zurück und begann geschäftig an den Tischen entlangzueilen. Er schnappte sich hier eine Phiole, dort ein Röhrchen und einen Stößel. Dann nahm er einige Tinkturen und Pülverchen zur Hand und durchmischte alles in einem kleinen Kessel. Ein würziger Geruch nach Drachenatem stieg in die Luft auf und erfüllt die Glaskuppel. Ein heftiger Blitz erleuchtete das Laboratorium, und einen momentlang bildete sich von Romec ein, den Schatten eines Drachen an der alten Steinwand aufflackern gesehen zu haben.
Mit klopfendem Herzen ergriff er eine lange Kreide und huschte zu einem freien Platz zwischen all der Unordnung. Dort ließ er sich auf die Knie nieder und begann ein verwirrendes Muster auf die Steinfliesen zu malen.
Jeder, der ihm dabei zugesehen hätte, wäre der Meinung gewesen, ein altes Spukgespenst vor sich zu haben. Ohnehin gingen die Gerüchte um, es würde im Sternenturm ein Geist sein Unwesen treiben. Aber solche Nebensächlichkeiten interessierten Nevantio nicht. Dem Getratsche der Burgbewohner maß er keine besondere Bedeutung bei.
Als er mit dem Zeichen der Drachenhüter fertig war, ließ er sich auf die Hacken zurücksinken und betrachtete sein Werk mit einem zufriedenen Lächeln. Dann griff er in einen der Beutel, die ein rotes Pulver beinhalteten und begann das Zeichen damit zu bestäuben. Das rote Zeug verteilte sich in der Luft und brachte von Romec zum Niesen. Wieder erhellte ein Blitzschlag die Kuppel und zeichnete den bedrohlichen Schatten des Drachen an die Wände.
Mit einem begeisterten Glucksen, rannte Nevantio zu den Büchern zurück, zog ein anderes aus dem Haufen und begann wie wild darin zu blättern.
Es war das dicke Namensbuch von Ibrias, dem ersten Drachenhüter Faranjomas. Hier standen alle Drachen, die je gelebt oder angerufen worden waren, mit ihrem Namen verzeichnet. Das Buch war so dick wie ein Baum und viele tausend Drachennamen waren darin zu finden.
„Ich brauche nur einen ...“, murmelte von Romec. „Irgendeinen Namen. Welchen nehme ich denn bloß, es gibt so viele!“
Er legte das Buch auf den Boden, schloss die Augen, schlug eine Seite auf und tippte mit dem Finger auf eine x-beliebige Stelle. Dann öffnete er die Lider und blickte auf den Namen, den er durch Zufall getroffen hatte.
„Jonkanur der schwarze Riese“, stand da geschrieben. „Ein Drache aus dem Geschlecht der Lavaschuppen.“
Nevantio lief ein Schauer über den Rücken. Er schlug das Buch der Namen wieder zu. Ob ein Lavaschupper gerade das Richtige war, um die Prinzessinnen zu
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