Iluminai - Das Zeichen der Drachenhüter (Iluminai - Kabal Shar) (German Edition)
so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.
Aber dieser Zwischenfall sollte nicht der einzige bleiben. Während sie unter dem Gewirr und Gewölbe aus übereinander gebauten Holzhäusern, Arkaden, Treppen und Brücken verschwanden, blieben eine Menge einfacher Leute an den Straßenrändern stehen und starrten ihnen hinterher.
Auch der Besitzer des Wirtshauses, in dem Fay kurz darauf eintraf, betrachtete die beiden Schwestern mit überraschten Augen. Fay stützte Lucy, die kaum die Augen offen halten konnte.
„Könnt Ihr einen Stallburschen hinausschicken, der sich um unsere Pferde kümmert?“, bat Fay, als sie vor der speckigen Theke angelangt war. „Und gebt uns Euer bestes Zimmer. Ich bezahle jeden Preis.“
Der Mann mit dem strähnigen Haar, der gerade dabei war, einen Trinkbecher mit einem schmutzigen Fetzen zu reinigen, musste erst seine Stimme wiederfinden, bevor er eine Antwort geben konnte.
„Was ist mit ihr?“, fragte er barsch und deutete auf die blasse Lucy. „Sie hat doch nicht etwa den Schatten ... oder?“
Einige zwielichtige Gestalten, die an den Tischen der Wirtsstube saßen, drehten sich interessiert zu ihnen um.
„Sie ist meine Schwester, und wir wurden in den Wäldern von Ashjafal angegriffen“, erklärte Fay geradeheraus. „Sie braucht dringend Ruhe. Gibt es einen guten Heiler hier in der Nähe?“ Die Prinzessin ließ ein paar Goldstücke auf das zerschrammte Holz des Tresens rollen, die sie aus dem Reisegepäck gesucht hatte, bevor sie die Schenke betreten hatten.
Der Mann blickte ungläubig darauf nieder. „Nein ...“, murmelte er schließlich. „Ich fürchte, der letzte gute Arzt ist vor einem halben Jahr nach Shidabayra gezogen. Es gibt natürlich ein paar Hebammen und ...“
„Schon gut“, unterbrach Fay den Wirt. „Zeigt uns lieber das Zimmer.“
Das beste Zimmer des Hauses war gerade einmal so groß wie eine Pferdebox im königlichen Stall von Shidabayra. Es gab zwar ein Bett, aber darin fand nur einer Platz.
Fay half Lucy dabei, die Rüstung auszuziehen und bekam einen großen Schrecken, als sie die dunklen Flecken auf ihrer beinahe weißen Haut bemerkte.
Dann steckte sie ihre Schwester ins Bett und versuchte die Panik zu bekämpfen, die langsam Besitz von ihr ergriff.
Fay legte ebenfalls die Rüstung ab und holte ein einfaches Kleid aus den Gepäcktaschen. Sie streifte es über und wollte sich gerade auf die Suche nach Hilfe begeben, als es an die wurmstichige Türe pochte.
Fay erstarrte und blickte auf die schlafende Lucy. Wenn sie nun auch noch überfallen wurden, war alles vorbei. Warum war sie nur auf die unselige Idee gekommen, nach Effèlan zu reiten? Erst jetzt begriff sie langsam, wie verrückt ihr dummer Plan war.
Sie hatte es sich so einfach vorgestellt. Kein einziges Mal hatte sie darüber nachgedacht, dass ihr oder Lucy etwas zustoßen könnte.
„Wer ist denn da?“, fragte Fay vorsichtig.
„Mein Name ist Natalja ... es tut mir sehr leid, dass ich störe, aber vielleicht kann ich Euch ... helfen.“
Die Stimme klang schüchtern und noch sehr jung. Fay überlegte. Sie konnte hier niemandem trauen.
Die Prinzessin hastete zur Türe und öffnete sie einen Spaltbreit. Dann lugte sie hinaus und erkannte ein junges Mädchen mit schmutzigem Haar. So weit sie sich erinnerte, hatte es unten in der Stube neben dem Ofen gesessen.
„Was willst du!“, fuhr Fay das Mädchen barsch an.
„Ihr habt doch sicher schon einmal von der Heilerin von Usonday gehört“, wisperte es und blickte sich hastig auf dem Gang um.
Fay runzelte die Stirn.
„Ja, allerdings. Der König ließ sie verbannen. Sie ist eine Hexe, und er will in Faranjoma keine Zauberinnen haben.“ Damit wollte Fay die Türe wieder ins Schloss fallen lassen, aber das Mädchen schob dreist den Fuß dazwischen.
„Ja, ich weiß“, flüsterte es. „Aber sie hat Faranjoma nie verlassen, sie lebt jetzt hier in Falgamond.“
„Geh weg, du Dirne“, zischte Fay und wollte das Mädchen aus der Türe drängen, aber es erwies sich als außergewöhnlich widerspenstig.
„Wenn Ihr wollt, führe ich Euch zu ihr. Sie könnte Eurer ... Schwester sicher helfen. Sie kann jeden heilen. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Bitte, ich will Euch doch nur helfen.“
Der fiebrige Glanz in den Augen des Mädchens gefiel Fay ganz und gar nicht. Außerdem konnte sie Lucy unmöglich in dieser Gaststätte alleine lassen.
„Verschwinde jetzt und lass uns gefälligst in Ruhe!“, rief sie, und
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