Im Abgrund der Ewigkeit
in purer Verzweiflung. „Cecilia und ich - wir hängen im Fegefeuer fest, weil sie…, weil sie meine Tochter ist. Und obwohl sie in ihrem ganzen Leben nichts Böses getan hat, kann sie niemals von hier weg.“
Sie drehte mir ihren Rücken zu. „Das Tor nach Eden bleibt ihr für immer verschlossen. Inzwischen bin ich mir absolut sicher. Cecilia ist das Kind von Asmodeus. Und das macht sie zu einer Halbdämonin. Sie kommt nicht nach Eden. Das ist ein eisernes Gesetz.“
Ich stand auf, bückte mich nach meinem Poncho und hob ihn auf „Gesetze kann man ändern.“
„Nicht dieses. Glaub mir, wir haben es früher schon mehrmals vergeblich probiert. Das Tor öffnet sich nicht für meine Tochter.“
Ich blickte durch die offene Tür nach draußen. „Diesmal läuft das anders“, sagte ich.
Gundula wandte sich mir wieder zu. Ihre Augen waren wie vor Entsetzen groß aufgerissen. „Wie soll das funktionieren, Lilith?“
„Ich weiß, wie man das Tor öffnet und schließt. Morgen, bei Tagesanbruch, werde ich euch hinbringen. Also ruht euch aus und packt die Dinge zusammen, die ihr mitnehmen wollt.“
4
D ie Petroleumlampe verbreitete ihr warmes Licht in der Herberge. Es roch nach Kaffee und frischem Brot.
In der vergangenen Nacht hatte ich mit Johannes lange geredet und ihm die Zusammenhänge erklärt, die ihn und mich in die Zwischenwelt gebracht hatten. Ich hatte ihm von unserem gemeinsamen Leben erzählt und auch meine Bestimmung nicht ausgespart. Anfänglich hatte er an seinem und vor allem meinem Verstand gezweifelt, wie tags zuvor auf dem Friedhof, als uns Baal erschienen war. Aber mit der Zeit hatte ich ihn überzeugen können. Und dann waren auch seine Erinnerungen langsam aber unaufhaltsam zurückgekehrt.
Jetzt saß er mit Arne und Cecilia an einem Ende des großen Tisches und frühstückte.
„Guten Morgen, allerseits“, sagte ich in die Runde. Ich fühlte mich erholt und gut ausgeschlafen. Das Pochen in meiner Wunde hatte dank Gundulas Salbe merklich nachgelassen. Ich spürte es eigentlich nur noch, wenn ich bewusst darauf achtete.
„Stimmt es wirklich, dass wir heute nach Eden aufbrechen?“, fragte mich Cecilia, während ich mich setzte.
„Macht euch nur nicht allzu viele Hoffnungen“, ertönte die warnende Stimme Gundulas, die soeben den Gastraum betrat. Sie brachte eine große Bratpfanne mit einer bescheidenen Menge Rühreiern, die sie vor uns auf einen hölzernen Untersetzer abstellte. Dann nahm sie ebenfalls Platz und wir teilten das wenige Essen. Nur Gundula schien keinen Appetit zu haben, sie nippte lediglich an ihrer Kaffeetasse und ihre Miene zeigte mir, wie groß ihre Zweifel und ihre Angst waren, am Tor erneut zurückgewiesen zu werden.
Ich langte zu ihr hinüber und legte die Hand auf ihren Arm. „Mach dir keine Sorgen, Gundula. Du hast mir damals geholfen, als ich zu dir wegen Johannes kam und diesmal bin ich an der Reihe.“
„In Eden soll es wirklich toll sein“, sagte Cecilia. Auch ihr hatte die Ruhe gut getan. Ihre Wangen hatten wieder Farbe und ihre blauen Augen sprühten vor Leben.
„Ja?“, fragte Johannes. „Was erzählt man sich denn?“
„Immer gutes Wetter, Schnee nur zu Weihnachten, die Stadt liegt am Meer, mit einem breiten Strand – es muss wirklich schön sein.“ Arne schloss kurz die Augen. „Hach. Ich sehe mich schon in der Sonne faulenzen.“
„Du kannst ja auf alle Fälle hin, auch, wenn mir der Zugang verweigert wird“, fügte Cecilia knapp hinzu.
Arne lächelte. „Ohne dich macht das beste Klima keinen Spaß. Dann bleibe ich lieber mit dir in Snowhill. Mittlerweile ist hier ja richtig viel Platz und die nervigen Mitbewohner sind wir auch los.“
„Sind alle gegangen?“, fragte Johannes.
„Die Route wird nicht mehr von den Rattenmenschen belagert. Die Letzten haben Snowhill kurz vor Einbruch der Nacht verlassen“, meinte Arne.
Mein Teller war leer, ich trank meinen Becher aus und erhob mich. „Wir sollten los.“
„Geht nur vor, ich räume hier auf“, meinte Gundula.
„Das ist nicht nötig“, sagte ich. „Ihr werdet Snowhill niemals wiedersehen.“
Gundula wollte etwas erwidern, verkniff sich aber die Antwort, um stattdessen gezwungen zu lächeln. „Dann hole ich meinen Mantel.“
5
E in wolkenloser Himmel begrüßte uns. Zahlreiche Sterne glänzten noch am Firmament und kämpften mit den frühen Sonnenstrahlen um ihr Leben. Der Atem der Pferde hinterließ weiße Wolken.
Wir zurrten das spärliche
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