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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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nur gestreift, damit du das, was jetzt folgt, ebenso genießen kannst, wie ich.“
    Seine Rechte langte an seinen Stiefelschaft und brachte das Messer mit der schnabelförmigen Klinge zum Vorschein. Die Sonne blitzte funkelnd auf dem Metall. Clement beugte sich weiter zu mir herab, setzte die Klinge auf meiner Stirn an, direkt unter meinen Haaransatz. Seine Miene war von Gier und unersättlicher Wollust verzerrt.
    „Endlich“, sagte er leise. Es klang liebevoll.
    Ein einzelner Schuss peitschte durch die Stille.
    Clement wurde zur Seite geworfen, richtete sich mit einem Ruck wieder auf und starrte auf den Schützen. Johannes hielt meine Waffe mit seinen gefesselten Händen und zielte auf Clements Brust. Der ließ das Messer fallen und versuchte unbeholfen, seine Automatik zu ziehen.
    Johannes schoss ein zweites Mal.
    Clement fiel erneut um, sein Körper zuckte. Ich drehte meinen Kopf, blickte in seine Augen und sah nichts als Hass darin. Ich dachte, er würde noch etwas sagen. Ich hatte den starken Eindruck, dass er seinen letzten Atemzug mit einem Racheschwur verbinden wollte. Doch Clement kam nicht mehr dazu. Sein Leben verließ ihn so abrupt, wie die Melodie der Spieluhr geendet hatte.
    Ein gefährliches Zischen erfüllte die Luft. Aus den gefrorenen Holzresten, die sich in der ehemaligen Feuerstelle befanden, züngelten Flammen – zuerst klein, dann immer höher, bis ein mächtiger greller Strahl entstand. Geblendet richtete ich meine Augen zu Boden. Als ich wieder aufsah, hatte sich das beißende Licht zu einer Gestalt verdichtet.
    Mühsam erhob ich mich, wobei ich es instinktiv vermied, direkt in das Zentrum der lodernden Flammen zu blicken.
    „Du himmlische Missgeburt. Du hast es gewagt, meinen Sonderbeauftragten zu töten!“, dröhnte eine körperlose Stimme über den Friedhof.
    Ich wies auf Clements Leiche. „Mehr hast du nicht zu bieten, um uns aufzuhalten?“
    Die Flammengestalt verschwand kurz in einem blitzartigen Auflodern. Dann hörte ich die Antwort: „Warte nur, Clement war lediglich die Vorhut. Bald komme ich persönlich, und werde dir dein Leben stückweise aus dem Körper reißen!“ Die dunklen Löcher in seinem Haupt schienen sich zu weiten. „Sehr bald werde ich dich in meiner Gewalt haben! Ich bin Baal. Merke dir den Namen gut!“
    „Schön“, antwortete ich ungerührt. „Baal. Ich warte.“
    Das Feuer erlosch. Die Gestalt verschwand. Lediglich der Geruch von geschmolzenem Gestein hing für einen Moment über dem Friedhof, bis der Wind ihn vertrieb.
    Ich bückte mich nach dem Messer, das Clement hatte fallen lassen und ging zu Johannes, der völlig fassungslos dastand, seine Hände um meine Waffe gekrallt. Ich schnitt ihm die Fesseln durch, nahm den Lauf meines Revolvers und wand ihn fast gewaltsam aus seinem eisernen Griff.
    „Was war denn das?“, fragte er entgeistert. „Das Monster kam mir bekannt vor. Aber das ist doch vollkommen unmöglich!“
    „Komm, lass uns zurück nach Snowhill gehen“, erwiderte ich. „Ich habe dir wirklich vieles zu erklären.“
    Johannes machte einen zögerlichen Schritt nach vorne. Dabei fiel sein Blick auf Clements toten Körper. „Mein eigener Bruder“, flüsterte er. „Ich hatte keine andere Wahl.“ Er wirkte wie erstarrt.
    „Nein, die hattest du nicht“, gab ich ihm behutsam recht. „So leid es mir tut, aber dein Bruder war ein wirklicher Mistkerl. Der gehörte von vornherein in die Hölle und da ist er jetzt hingefahren.“
    Johannes schluckte schwer. Es gelang ihm nicht aus eigenem Antrieb, sich von seinem toten Bruder zu lösen.
    „Komm“, sagte ich erneut. Diesmal zog ich ihn am Arm mit. „Lass mich dir alles erzählen. Dann, verspreche ich dir, wirst du verstehen, was hier geschieht.“
     

 
    3
     
    W ir passierten das hölzerne Ortsschild von Snowhill. Leise quietschend hing es in seinen verrosteten Angeln. Nicht weit dahinter kam uns ein Leiterwagen entgegen – hoch bepackt, von einem einzelnen Maultier gezogen. Ein älterer Mann saß auf einem provisorischen Kutschbock. Eine grauhaarige Frau folgte durch den knöcheltiefen Schnee, wobei sie darauf achtete, dass die Ladung nicht ins Rutschen kam. Keiner der beiden nahm von uns Notiz. Überhaupt herrschte in der Stadt ein seltsam geschäftiges Treiben. Die Türen der Häuser standen offen, die Menschen drängten hinaus auf die Straße. Sie trugen überquellende Rucksäcke und stemmten sich entschlossen gegen deren Gewicht. Andere schoben Karren, auf denen sie ihre

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