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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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öffnet.“
    Clements Miene wurde ausdruckslos. Er verstärkte den Griff, mit dem er die Haare von Johannes festhielt. Dieser stöhnte auf, Blut lief über sein Gesicht und tropfte in den Schnee. Doch ein Blick in seine Augen genügte, um mir zu zeigen, dass er trotz seiner Verletzungen und Schmerzen hellwach war.
    „Kannst du mir denn verraten, wie das Portal funktioniert? Wie man die Barriere niederreißt, die die Hölle von den Menschen trennt?“, fragte Clement.
    Ich antwortete ihm nicht sofort, sondern gab mir den Anschein, als würde ich nachdenken. Dann meinte ich: „Selbstverständlich kann ich das. Aber…, bei genauerem Überlegen, will ich es nicht!“
    „Nein?“
    Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Eigentlich ist es mir zuwider, mit jemandem zu reden, der seinen Vater und Bruder zusammen mit Hunderten von Menschen ermorden wollte, nur um sein schnödes Geld zu retten.“
    „Ach, wie ich sehe, ist deine Erinnerung zurückgekehrt. Vollständig.“ Clement grinste. „Hast du wieder Hilfe von außen bekommen?“
    „Ja, das habe ich und ich soll dir schöne Grüße von Asmodeo bestellen.“
    Clement wurde blass vor Wut. Seine Hand, mit der er die Waffe hielt, zitterte. Für einen Augenblick dachte ich, er würde abdrücken. Aber dann beherrschte er sich. Sein lauernder Blick versuchte zu ergründen, was ich vorhatte.
    Ich schlug meinen Poncho zurück. Die Waffe an meiner rechten Hüfte wurde sichtbar.
    Clement starrte mich ungläubig an. „Was soll das?“ Und als ich nichts erwiderte, fügte er hinzu: „Du willst, dass ich mich mit dir schieße? Was springt dabei für mich heraus? Ich bin ohnehin schneller als du, und wenn ich dich töte, erfahre ich nie das Geheimnis, wie man das Tor zwischen den Dimensionen öffnet.“
    Wortlos ging ich zu einem der Kreuze, hängte das Medaillon daran, betätigte dessen Mechanismus und trat einen Schritt zur Seite. Dabei ließ ich Clement keinen Moment aus den Augen.
    „Du musst dir den Schlüssel für das Tor erst verdienen. Hinter den Kinderportraits meines Medaillons ist detailliert eingraviert, wie du das Portal öffnen kannst“, log ich. „Allerdings bekommst du das Medaillon nur über meine Leiche.“
    Ein diabolisches Lächeln verzerrte Clements Lippen. „Hinter den Portraits, sagst du? Scheiße, verdammt! Wieso hast du mir das nicht früher erzählt!“
    Er stieß Johannes beiseite und trat nochmals nach, als dieser im Schnee landete. Dann drehte er sich mir zu, betrachtete nachdenklich seine Automatik und steckte sie widerstrebend in das Holster unter seiner Achsel. Trocken lachte er auf. „Ich hab’s doch gewusst!“
    „Wenn der letzte Ton verklungen ist“, erwiderte ich, „bist du tot.“
    „Diese beschissene Spieluhr“, sagte er. „Ich hab’s doch gewusst!“
    Die Melodie entwickelte sich, wurde lauter, erfüllte den trostlosen Platz. Dann erlahmte die Feder der Mechanik, die Töne folgten langsamer aufeinander und die Abstände wurden größer.
    Clements grüne Augen leuchteten im Schatten seiner Hutkrempe. Seine Hand wanderte millimeterweise in Richtung seiner Waffe.
    Ich verdrängte all meine Gefühle, all meine neu gewonnenen Erinnerungen aus mir, verließ Johannes, verabschiedete mich von Asmodeo und konzentrierte mich nur auf mich und den Willen, den Mann zu töten, der zum zweiten Mal versucht hatte, seinen eigenen Bruder zu ermorden.
    Das Lied endete ohne jede Vorwarnung.
    Ich riss meine Waffe heraus, spannte den Hahn mit der Linken und betätigte den Abzug. In diesem Moment blickte ich in das Mündungsfeuer von Clements Automatik, gefolgt von deren lautem Knall. Ein Hammerschlag erwischte mich an der Schulter, wirbelte mich um die eigene Achse und schmiss mich in den Schnee. Der Revolver entglitt meinen Fingern und flog in hohem Bogen weg.
    In meinem Oberarm brannte und pochte ein heftiger Schmerz, der meine Kraft lähmte. Ich hörte Schritte, die sich mir näherten. Mühsam wälzte ich mich auf den Rücken, um nach oben in Clements steinernes Gesicht zu blicken. Er zielte mit seiner Automatik in die Mitte meiner Stirn. Ich sah, wie sich sein Finger um den Abzug krümmte. Dann veränderte sich Clements Miene. Er hielt inne, sicherte seine Waffe und verstaute sie in ihrer Halterung.
    Ohne Hast kniete er sich nieder und streckte seine Hand aus. Ich drehte meinen Kopf zur Seite, doch Clement griff brutal in meine Locken und hielt mich fest.
    „Jetzt wirst du bezahlen“, raunte er. „Ganz absichtlich habe ich dich mit meinem Schuss

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