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Im Alphabet der Häuser: Roman einer Stadt (German Edition)

Im Alphabet der Häuser: Roman einer Stadt (German Edition)

Titel: Im Alphabet der Häuser: Roman einer Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph W. Bauer
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man nicht enden wie der Wiener Kollege, den die aufgebrachte Masse lyncht, weil er ein zweites Mal das Beil ansetzen muss im Jahr 1501.
    Wo befand sich die Innsbrucker Hinrichtungsstätte?
    Kaum drei Gehminuten von deiner Wohnung entfernt, Köpfplatzl nannte man sie, klingt im Dialekt fast niedlich.
    28
    „Erstens wird einer jeden dahin übernommenen Person in einem hierzu bestimmten Ort ihre Kleidung abgenommen, bis diese in dem Ofen gereinigt oder gesäubert, eine andere gereicht und solchergestalt selbe in das angewiesen Zimmer eingeführt, wo sie ihre gereinigte Kleidung wieder empfanget und die inzwischen angetragene zu weiterem Gebrauch gesäubert aufbehalten wird.“
    Das steht in der Innsbrucker Zuchthausordnung aus dem Jahr 1746. Möchtest du einen Blick darauf werfen?
    Gib schon her!
    „Zweitens, zur Kleid- und Abwechslung, auch Erhaltung vor dem Ungeziefer wird für diejenige, die damit nicht versehen, an rupfenen Hemden und wollenen Überröcken ein tauglicher Vorrat gehalten werden, welcher successive aus der Zuchthausspinnerei selbst zu ersetzen und anzuschaffen ist.“
    Im Innsbrucker Zuchthaus befinden sich diverse Produktionsstätten, eine Seidenspinnerei, auch Loden wird von den Häftlingen angefertigt. Sie müssen unter Aufsicht des Werkmeisters, der auch die Materialvergabe und Einschulung vorzunehmen hat, Arbeiten verrichten, die man gezielt so auswählt, dass keine zum Ausbrechen dienlichen „instrumenta“ Verwendung finden, wie es in einer Verordnung des Wiener Zuchthauses heißt. Letzteres, 1671 in der Wiener Leopoldstadt gegründet, hat in der Monarchie für alle Anstalten vergleichbarer Art Vorbildcharakter.
    Was geschieht mit den Häftlingen, wenn sie das Arbeitssoll nicht erreichen?
    Von Halbierung der Essensration bis zu deren gänzlichem Entzug reicht das Strafausmaß. Auch der Prügelknecht oder Zuchtmeister, wie er mancherorts heißt, darf bei nicht vollbrachter Leistung seines Amtes walten und Rutenstreiche verteilen. Im Wesentlichen besteht der Tag in einem Zuchthaus aus Arbeiten und Beten.
    Versteht sich, das gehört zum gottgefälligen Leben dazu!
    Da in vielen Zuchthäusern auch Kinder und Waisen interniert sind, versucht man, diesen eine schulische Bildung angedeihen zu lassen, bei den Zuständen, die in öffentlichen Schulen herrschten, muss man da wirklich Schlimmstes befürchten. Die Wiener Zuchthausordnung lässt sich klar darüber aus, wer als Zielgruppe für die Internierung in Frage kommt. Nicht nur das „herrenloß und starcke Bettler Gesind/sondern auch die trutzige Dienstbotten mann- und weiblichen Geschlechts/deßgleichen die unbändige Handwercks-Pursch/neben andern schlimmen Gesindl/in Specie aber die leichtfertige Weibs-Persohnen/wie auch derselben Kupplerinen.“
    Und das ist die vorbildhafte Wiener Meinung?
    Ja, wird die doch auch von den geistigen Instanzen der damaligen Zeit sanktioniert. Johann Joachim Becher zum Beispiel, heute als eine der Persönlichkeiten am Übergang von der Alchemie zur modernen Chemie gefeiert, war der absoluten Überzeugung, dass die Zuchthäuser nicht nur die Bettler, sondern auch das ledig gehende Gesinde, woraus endlich Huren, Buben, Diebe und Straßenräuber werden, wie er sich ausdrückte, von der Straße schaffen würden.
    Er hätte bei der Alchemie bleiben sollen!
    Nun, Becher war ein seiner Zeit weit vorauseilender Theoretiker des Merkantilismus, 1635 in Speyer geboren, trieb es ihn als Arzt und Chemiker in halb Europa herum, sein Blickwinkel war also keineswegs einseitig. Als er 1670 in den Dienst Leopolds I. in Wien trat, hatte man am Kaiserhof die Errichtung des Zuchthauses längst beschlossen, ein multifunktionales Gebäude sollte entstehen, später diente es während der Pestzeit auch tatsächlich als Lazarett. Ansonsten stand es wie die Innsbrucker Einrichtung vielen Verwendungszwecken offen, war Irrenhaus, Waisenhaus, Anstalt für schwer erziehbare Kinder und Zuchthaus in einem.
    Unvorstellbar!
    Wie sehr man sich dem Ethos verpflichtet sah, über das wir vorhin sprachen, zeigt die ausdrückliche Weisung der Behörden in den Monarchiestädten, Einrichtungen jener Art als Arbeitshäuser zu bezeichnen. Ob sich diese Bezeichnung auch beim Volk durchsetzte?
    Ich weiß nicht –
    Frag das Haus in der Innstraße 43 direkt gegenüber dem heutigen Supermarkt! Eine kleine Marmortafel befindet sich über dem Portal, weist den Bau als Geburtshaus von Bischof Johannes Amberg aus und erzählt viel vom ihm, dem Begründer der

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