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Im Angesicht der Schuld

Titel: Im Angesicht der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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getäuscht.
    Dein Vater wartete ab, bis Fee zur Toilette verschwunden war, und sagte dann mit unbewegter Miene: » Ganz offensichtlich hast du dein ursprüngliches Berufsziel für ei n V ertriebsseminar von höchst zweifelhafter Güte an den Nagel gehängt. Ich hoffe nur, du hast nicht allzu viel Geld dafür hinblättern müssen. « Dann stand er auf, legte einen Geldschein neben seinen Teller und ging.
    Er hatte sich noch keine zwei Meter vom Tisch entfernt, als er sich noch einmal umdrehte. » Aber zu deiner Beruhigung –selbst wenn du es geschickter angestellt hättest, dein Plan war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Vielleicht hätte ich dir vor unserer Verabredung sagen sollen, dass ich bereits vergeben bin. «
    » Warum hast du die Hochzeit dann abgesagt? « , fragte ich in der Annahme, dass er von seiner Braut gesprochen hatte.
    » Weil es mir erst auf dem Standesamt bewusst geworden ist. «
    Und das sollte jemand verstehen? Allem Anschein nach gehö r te Logik nicht gerade zu Gregors Stärken. » Und deine Angebetete macht dieses Hin und Her mit? « , fragte ich ske p tisch.
    » Ich bin weit davon entfernt, sie anzubeten. Um aber deine Frage zu beantworten: Sie stiftet selbst ein ziemliches Durc h einander. «
    Ich wollte gerade etwas erwidern, als Fee zurück an den Tisch kam und sich mit einem verständnisvollen Lächeln von Gregor verabschiedete.
    » Dieser Mann ist mir ein Rätsel « , sagte ich, als er aus meinem Blickfeld verschwunden war. » Tut mir Leid, dass der Abend ein solches Fiasko war. «
    » Ich fand ihn sehr viel versprechend. «
    » Diesen Abend? «
    » Diesen Mann! «
    Verdutzt starrte ich sie an. Diesen Mann, der sie gerad e m al eines Blickes gewürdigt hatte, fand sie viel versprechend? » Fee, hast du dich etwa in ihn verliebt? « Was ich zu Beginn des Abends noch gehofft hatte, erschien mir jetzt als eine sichere Quelle für Fees Unglück.
    Sie lachte. » Keine Sorge, Helen, ich verliebe mich nicht in Männer, die vergeben sind. Und dein Gregor ist so was von vergeben, dass … «
    » Fr ist nicht mein Gregor « , protestierte ich.
    Irgendetwas an meinen Worten schien sie köstlich zu amüsi e ren, aber sie ließ sich nicht darüber aus. Stattdessen hob sie ihr Glas und prostete mir mit einem Augenzwinkern zu. » Auf die Zukunft! «
     
    N achdem ich am Montagmorgen die Todesanzeigen zur Post gebracht und eingekauft hatte, ließ ich mich in der Küche auf einen Stuhl sinken und blickte verloren aus dem Fenster. Ich sah den wolkenlosen Himmel und den Sonnenschein, der die Laubverfärbung noch intensiver erscheinen ließ. Mir fiel sogar der passende Begriff ein: goldener Oktober. Aber ich spürte nichts dabei. Das einzige Gefühl, das ich identifizieren konnte, war das, in einem Stillstand gefangen zu sein, während für alle anderen das Leben weiterging. Nelli saugte das Schlafzimmer, und Mariele Nowak war mit Jana auf dem Spielplatz im Innocentiapark. Annette rief an und überredete mich, am Abend gemeinsam mit ihr zu essen. Sie würde etwas kochen und es mitbringen. Ich gab nur deshalb nach, weil mich eine Absage zu viel Kraft gekostet hätte.
    Kaum hatte ich aufgelegt, klingelte das Telefon erneut. Felic i tas Kluge wollte wissen, ob mir noch irgendetwas eingefallen war –ein Streit, eine außergewöhnlich e A useinandersetzung –etwas, das helfen könnte, Gregors Tod aufzuklären. Sie klang unzufrieden und gab zu, auf der Stelle zu treten. Das Motiv für einen möglichen Suizid läge auf der Hand, für Fremdverschu l den habe sich bisher keines finden lassen. Sie wolle die Akte jedoch nicht voreilig schließen. Gleichzeitig wolle sie es nicht versäumen, mich auf die rechtlichen Konsequenzen hinzuwe i sen, sollte ich einen Abschiedsbrief meines Mannes unterschlagen.
    Nelli fand mich weinend in der Küche. Sie strich mir über den Rücken und setzte sich dann mir gegenüber.
    » So, wie es aussieht, kann die Polizei seinen Tod nicht aufkl ä ren «, sagte ich.
    » Dann soll es vielleicht so sein … wer weiß, wofür es gut ist, Frau Gaspary. « Sie sah mich voller Mitgefühl an.
    » Ich kann mir nicht vorstellen, dass man leichter mit einem Tod fertig wird, nur weil man die Umstände kennt, die dazu geführt haben. «
    » Vielleicht hätte ich das früher auch geglaubt, Nelli. Jetzt sehe ich es anders. Sollte Gregor sich tatsächlich umgebracht haben, dann bedeutet das, dass ich von seinem Plan nichts, aber auch gar nichts bemerkt habe. Dann stellt sich die Frage, ob es

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