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Im Angesicht der Schuld

Titel: Im Angesicht der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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mir verschwiegen, dass sie kurz vor seinem Tod noch mit meinem Mann telefoniert hat. «
    » Etwas zu verschweigen, ist nicht mit einer Lüge gleichzuse t zen. «
    » Ist es deshalb weniger schlimm? «
    » In Ihren Augen ist es das nicht. «
    » Und in Ihren? «
    » Es kommt auf den Einzelfall an. Im Fall Ihrer Freundin könnte ich mir vorstellen, dass sie das Telefonat verschwiegen hat, weil die Möglichkeit eines Suizids im Raum steht. Eine Selbsttötung löst bei denen, die zurückbleiben, immer die Frage nach einer Schuld aus. Es ist schwer, mit Schuldgefühlen umzugehen, Frau Gaspary. «
    » Ich weiß. « Ich hatte eine ganze Menge davon.
    Ihr warmherziges Lächeln war wie eine tröstende Umarmung. » Sie müssen nicht aufessen, wenn Sie nicht mehr können. «
    Jana hatte für ihre Verhältnisse schon sehr lange geschwiegen. Jetzt sagte sie voller Inbrunst: » Ente! «
    Erstaunt sah ich Mariele Nowak an. » Das Wort ist neu. «
    » Das haben wir vergangene Woche geübt. «
    » Mit Erfolg. « Endlich brachte auch ich den Anflug eines Lächelns zustande.
    » Finde ich auch. Sie hat zwar gerade auf ein Huhn gezeigt, aber die Richtung stimmt schon mal. «
    » Danke, Frau Nowak! «
    » Ich tue das gerne. Und Jana scheint auch Spaß an unseren gemeinsamen Stunden zu finden. Also können Sie sich jetzt guten Gewissens auf den Weg machen. «
     
    I ch war fünf Minuten zu spät, Beate Elverts saß bereits im Petit Café. Ich hatte vermutet, sie würde wie ich Menschena n samm lungen meiden und hätte sich deshalb in den hinteren Raum verzogen, aber sie saß gleich vorne am Fenster. Der Blick, mit dem sie mich begrüßte, war undefinierbar. Er barg weder Interesse noch Abwehr.
    Lag Gleichgültigkeit darin? Aber warum war sie dann übe r haupt gekommen?
    Mit einem Nicken setzte ich mich ihr gegenüber. Mir ging es wie ihr: Mir fehlten die Worte. Keine von uns beiden war gekommen, um Belanglosigkeiten auszutauschen.
    » Fragen Sie! « Sie hatte ihre Unterarme auf den Tisch gelegt und die Hände gefaltet.
    » Haben Sie etwas mit dem Tod meines Mannes zu tun? «
    » In Gedanken habe ich ihn schon unzählige Male getötet. « Ihr Gesicht blieb ausdruckslos, fast leblos.
    Am liebsten wäre ich davongerannt und hätte dieser Frau nie wieder in die Augen gesehen. Was ich dort zu erkennen glaubte, tat weh. » Sie bedauern seinen Tod nicht «, fasste ich in Worte, was ich sah.
    Sie blieb stumm.
    » Für mich war Gregor ein besonderer Mensch. Mag sein, das Wort klingt altmodisch in Ihren Ohren, aber er war von Grund auf anständig. Er hat trotz des beruflichen Erfolges, der ihm beschieden war, nie den Boden unter den Füßen verloren oder ist arrogant geworden. Er ist sich selbst und seinen Wertvorste l lungen treu geblieben. Ich weiß nicht, ob ich jemals aufhören werde, ihn zu vermissen. « Ich wischte mir die Tränen aus den Augenwinkeln. » Ich habe von dem entsetzlichen Unfall gehört. Er muss sehr großes Leid über Sie gebracht haben. « Ich hielt ihrem Blick stand. » So wie ich es verstanden habe, ist es durch eine Verkettung unglücklicher Umstände zu dem Unfall gekommen. Weder fuhr mein Mann zu schnell, noch hatte er etwas getrunken. Was werfen Sie ihm vor, Frau Elverts? «
    Ihre Stimme kam von ganz tief drinnen. Sie wirkte rau und entblößt. » Ihr Mann ist schuld am Tod meines Sohnes. Till war vier Monate alt, er hatte sein Leben noch vor sich. Ihr Mann hätte lediglich das Lenkrad nach links reißen müssen, dann würde mein Sohn noch leben. Wäre er geistesgegenwärtig und reaktionsschnell gewesen, hätte mein Sohn eine reelle Chance gehabt. «
    Ich wünschte, Gregor hätte mit mir über den Unfall gespr o chen, dann hätte ich ihren Vorwürfen jetzt etwas entgegensetzen können. Ich konnte mich lediglich an die Fakten halten, von denen man mir erzählt hatte. » Soweit ich weiß, wurde das Verfahren eingestellt. Bedeutet das nicht … «
    » Ja, das Verfahren wurde eingestellt. Es lag im Ermessen des Gerichts, wie es diese Fahrlässigkeitstat beurteilte. « Ihre Hände begannen ein Eigenleben zu führen. Sie ballte sie mit solcher Kraft, dass die Knöchel weiß hervortraten. » Gregor Gaspary sei keine Schuld nachzuweisen. Der Richter hat von einer schuldl o sen Schuld gesprochen. Ihr Mann ist mit einer Geldstrafe davongekommen. Wenn Sie mich fragen, hackt keine Krähe einer anderen ein Auge aus. «
    Ich wusste nicht mehr, wie ich sitzen sollte, mir tat alles weh. » Was wollen Sie damit andeuten? «
    » Ihr Mann

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