Im Auftrag der Rache
von ihr entfernt feuerte Erzgeneral Sparus seine Offiziere an, die Linie aufrechtzuerhalten. Er versuchte einer Armee, die gefährlich nahe davor stand, sich in ihre Einzelteile aufzulösen, wieder so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl zu verleihen.
Ché schaute hinüber zur Matriarchin. Sie befand sich nicht mehr weit von den heranrückenden Khosiern und den explodierenden Granaten entfernt, die immer näher bei ihr einschlugen. Sie versuchte sich zurückzuziehen, obwohl Sparus rief, jedermann solle die Stellung halten.
Jetzt war es also so weit.
Ein Teil von Ché war plötzlich erschüttert über das, was ihm nun bevorstand. Die Pistole lag lose in seiner Hand. Die Heilige Matriarchin zu töten, sie mit einem einzigen Schuss in den Kopf vom Thron ihres Reiches zu stoßen … Sein Mund wurde trocken, als er daran dachte. Seine Miene verhärtete sich.
Es ist kaum anders als bei den vielen Menschen, die du aufgrund ihrer Launen töten musstest , versuchte er sich einzureden.
Ché leckte sich die Lippen und suchte nach Schwan und Guan. Er war sich ziemlich sicher, dass sie den Befehl hatten, ihn zu töten, sobald dieser Feldzug beendet war. Die Nachricht in der Heiligen Schrift war korrekt gewesen. Er wusste zu viel.
Also solltest du nicht hierbleiben. Geh jetzt und hoffe, dass man dich für tot hält. Was gibt es hier noch für dich außer Schmerz und Qual?
Nur seine Mutter. Aber sie war für ihn schon verloren, und er für sie. So war es schon seit damals, als er nach Cheem geschickt worden war, um zum R o ¯ schun ausgebildet zu werden. Der Orden von Mhann hatte ihm nichts gelassen – nichts außer diesem hohlen, komplizierten Leben, das er sich nie gewünscht hatte.
Ché entschied sich trotzdem dafür, die Pistole zu heben.
Er stützte sie mit der anderen Hand und versuchte auf die Matriarchin zu zielen, während er auf eine Öffnung in dem Ring der berittenen Leibwächter wartete, die sie umgaben. Eine Leuchtkugel stieg auf. Männer, die von dem zitternden Licht grell erhellt wurden, hasteten an ihm vorbei und traten in die Schusslinie.
Ché bemühte sich, die Pistole stillzuhalten. Er erhaschte einen kurzen Blick auf Sascheen, als sie ihr Zel wendete, doch dann war sie wieder hinter den Schilden ihrer Wächter verschwunden. Gleich würde sie sich zurückgezogen haben.
Verdammt , fluchte er still.
Er hatte einfach kein klares Schussfeld.
Plötzlich riss einer der Leibwächter sein Zel herum. Der Mann hob das Schwert hoch in die Luft und stieß es dann auf jemanden zu seinen Füßen. Dabei beugte er sich weit aus dem Sattel.
Sascheens Kopf kam in Sicht.
Ché zielte und schoss.
*
Asch sah, wie Sascheen in ihren Sattel zurückgeworfen wurde, als er auf sie zusprang. Das weiße Zel der Matriarchin wieherte auf, stellte sich auf die Hinterbeine und tänzelte einige Schritte auf ihn zu. Reiter preschten vorbei und schrien.
Nun sah er die Matriarchin neben ihrem weißen Zel liegen. Sie hatte die Arme und Beine von sich gestreckt, und aus ihrem Hals schoss Blut in den Matsch. Ihre Leibwächter versammelten sich um sie; ihre Bewegungen waren ruckartig wie die von verängstigten Jungen.
Asch brüllte auf, als ob ihm eine Beute genommen worden wäre, die rechtmäßig ihm gehörte. Er richtete sich auf; sein Schwert hing wie ein vergessener Gegenstand an ihm herunter.
Asch bemerkte kaum, dass einer der berittenen Wächter ihn umkreiste. Aus den Augenwinkeln heraus sah er, wie der Mann sein Schwert hob. Sein Blick blieb starr auf das reglose Bündel gerichtet, das einmal die Heilige Matriarchin von Mhann gewesen war
Sie war tot, oder sie lag im Sterben. Nur das zählte.
Asch wurde ganz still.
Das Schwert fuhr herab.
Kapitel achtundzwanzig
Fliegender Rückzug
Ché steckte die Pistole in seinen Gürtel und bahnte sich einen Weg durch die kämpfende Infanterie bis zu Sascheen. Er sah ihren Körper reglos im Schlamm liegen. Jemand hatte ihr die Maske abgenommen. Aus einer Wunde am Hals schoss Blut.
Nicht weit von diesem Schauplatz entfernt lag ein Akolyt ausgestreckt auf dem Boden. Sein Umhang war zur Seite gerutscht und enthüllte eine lederne Hose. Ché riss dem Mann die Maske vom Gesicht. Er keuchte auf und wich überrascht einen Schritt zurück.
Asch! , dachte er, als er die schwarze Haut des alten Farlanders erblickte. Einer der R o ¯ schun – ausgerechnet hier.
Ché geriet ins Taumeln, als seine Gedanken in alle Richtungen davonschossen. Blut quoll aus einer Schwellung am Kopf des Mannes. Also
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