Im Auftrag der Rache
»Ich wusste, dass sie versuchen würde, mich auszubooten. Aber ich war mir nicht sicher, ob Ihr ihren Befehl befolgen werdet, wenn sie tot ist und er daher keine Bedeutung mehr hat.« Er sah Sparus an; seine Frage war noch nicht beantwortet. »Denn sonst wird es zum Bürgerkrieg kommen.«
»Romano, wenn Ihr Euch zum Patriarchen ausrufen wollt, dann tut es. Ich werde Euch dabei nicht im Wege stehen. Kehrt mit Euren Männern nach Q’os zurück und nehmt die Hauptstadt ein, wenn Ihr könnt. Und während Ihr das tut, werde ich nach Bar-Khos weitermarschieren und es für uns alle erobern.«
Es hatte den Anschein, dass Romano bereits darüber nachgedacht hatte. »Mein Anspruch auf den Thron wird stärker sein, wenn er aus den Ruinen von Bar-Khos heraus gestellt wird. Ich brauche das Expeditionskorps, Sparus. Ich brauche es für mich selbst.«
»Dann gibt es Krieg«, sagte Sparus offen heraus. »Es sei denn, wir finden einen anderen Ausweg.«
Romano hob eine Braue und blieb wenige Schritte vor Sparus stehen.
Sparus spannte sich an und spürte die plötzliche Veränderung in der Atmosphäre zwischen ihnen.
Er blickte in die Augen des Mannes und sah es sofort. Romano hatte vor, ihn hier und jetzt zu töten.
Es waren die Reflexe des Soldaten, die ihn dazu veranlassten, den Helm hochzureißen und auf Romano einzuschlagen, gerade als der junge Mann die Hand hob. Sofort zuckte Sparus wieder zurück. Sein Helm war gegen Romanos Kopf geschmettert, als die Fingerspitzen des jungen Mannes an seinem eigenen Gesicht vorbeistreiften.
Gift! , dachte er, als er noch einen Schritt nach hinten machte und die Hand an seine Wange hob. Er hatte Glück gehabt. Die Fingernägel des jungen Mannes hatten seine Haut nicht geritzt.
»Wachen!«, rief Sparus, als er aus dem Zelt wich und den jungen Mann dabei böse ansah. »Dafür werdet Ihr sterben«, versprach er.
»Das werden wir sehen«, erwiderte Romano, drehte sich um und lief davon.
Kapitel zweiundvierzig
Ein Essen mit den Eingeborenen
Als die Contrarè-Familie ihn vom Flussufer aus auf ihre Hütte zukommen sah, von Kopf bis Fuß mit gehärtetem Schlamm überzogen, mit grimmigem Blick und dem Schwert in der Hand, hatten alle in ihren Arbeiten innegehalten und die Münder aufgesperrt, als ob er ein Moorungeheuer wäre, das sie überfallen wollte. Sofort waren sie auf die Bäume geflohen.
Asch konnte es ihnen nicht verdenken, denn er wusste, welches Bild er bot. Als er am Ufer des Chilos entlangging, pfiff er ein altes Lied, damit jedermann wusste, dass er ein Mensch war. Als er zu der kleinen Lichtung vor ihren Hütten aus Ästen und Blättern kam, blieb er vor dem rauchenden Feuer stehen, über dem ein Topf mit Fischsuppe kochte. Er setzte sich mit einem müden Ächzen und bediente sich.
Die Waldmenschen kamen nicht zurück, aber er wusste, dass sie ihn aus dem Unterholz beobachteten. Er hörte, wie einer von ihnen schnell gegen Holz klopfte. Wenige Augenblicke später wurde das Signal tiefer im Wald aufgenommen.
Er wollte sie beruhigen, bevor sie möglicherweise Schwierigkeiten machten, und suchte in seiner schmutzigen Hose herum, bis er den Riemen seines Geldbeutels ertastet hatte. Er holte eine Münze hervor – es war ein ganzer goldener Adler – und hielt dieses kleine Vermögen hoch über den Kopf, damit sie es sehen konnten. »Das gehört euch«, rief er und legte das Geldstück vorsichtig auf einen Hackblock, der im Schlamm neben dem Feuer stand. »Ich werde nicht lange hierbleiben. Ich bin bloß auf der Durchreise.«
Er hatte den Eindruck, dass dies reichte, um ihm ein wenig Zeit zu verschaffen. Er ging zum Ufer, zog seine steif gewordene Kleidung aus und rieb sich mit einer Handvoll Lederblätter ab, deren raue Unterseite er benutzte, wobei er ein Lied aus Honschu summte. Als Nächstes wusch er seine Kleider, die kaum mehr als Fetzen waren, und ließ sie im Wind trocknen, während er auf der Böschung saß und den Wasservögeln beim Putzen und Glucken zusah.
Zwei Kanus waren am Ufer vertäut. Als er sich wieder angezogen hatte und abreisebereit war, trat er vorsichtig in eines davon, legte sein Schwert auf den Boden und nahm das Paddel auf. Er setzte sich und steuerte das Boot in die Strömung hinein.
»Vielen Dank!«, rief er den Waldmenschen zu und hob die Hand.
Der Wind spielte lärmend in den Büschen. Über ihm knirschten die Bäume.
*
Sie erwachten gleichzeitig, lagen nebeneinander auf dem Laken und blinzelten einander mit verquollenen Augen zu, während
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