Im Auftrag der Rache
benutzte.
»Dann hoffe ich, dass du mir eines Tages etwas über dieses Land erzählen kannst. Ich bin nie dort gewesen, aber ich würde es so gerne sehen. Weißt du, ich bin ein leidenschaftlicher Reisender.«
»Das werde ich. Wenn ich die Zeit dazu habe.«
»Willst du weggehen?«
Asch schaute von den Flammen auf. Die Frage verblüffte ihn. Er war sich der Antwort nicht mehr sicher. Was gab es noch für ihn in Cheem, wenn das Kloster nicht mehr da war und Osch o ¯ , Kosch und die anderen nicht mehr lebten?
»Ich weiß es nicht«, sagte er. »Eigentlich wollte ich nach Cheem zurückkehren, falls ich ein Boot finde, das mich dorthin bringt. Aber jetzt …« Er schüttelte den Kopf.
Der Mönch spähte durch den aufsteigenden Rauch und machte plötzlich eine sehr interessierte Miene. »Cheem, sagst du?«
»Ja. Warum?«
Er lächelte scheu. »Nichts«, sagte er nur und schüttelte den Kopf.
»Ich sollte dir nicht verheimlichen, dass sie heute Morgen im Hochsitz über dich gesprochen haben, als ich auf meiner Runde mit der Bettelschale dort vorbeigekommen bin. Sie haben gesagt, ein reicher Farlander mit einem Schwert sei hergekommen, um seine Sorgen wegzutrinken. Sie waren der Meinung, du habest dich letzte Nacht ins Meer gestürzt.«
»Es tut mir leid, wenn ich sie enttäusche.«
»Sie haben nur ihre Sorgen um dich gezeigt. Hier sind die Menschen so. Weißt du, zuerst hatte ich geglaubt, dass du bloß einen Kater vom Trinken hättest. Aber jetzt kenne ich dich etwas besser, und ich glaube, dass es dir wirklich nicht gutgeht. Gibt es etwas, das dich bedrückt, mein Freund?«
»Ja. Die Neugier der anderen.«
»Ich bitte um Entschuldigung«, sagte Mier. »Ich wollte nicht herumschnüffeln.«
Diese Worte berührten Asch. Er war zu grob zu seinem Gastgeber. Wenn dieser großzügige Fremde nicht gewesen wäre, dann wäre er jetzt sicherlich bereits erfroren.
»Ich habe eine Krankheit«, gestand er. »Mein Vater ist an ihr gestorben, nachdem die Schmerzen in seinem Kopf so schlimm geworden waren, dass er nichts mehr sehen konnte. Und bei mir wird es inzwischen auch immer schlimmer.«
»Ich verstehe. Vielleicht kann ich dir bei diesen Kopfschmerzen helfen. Ich kenne da ein paar Heilmittel. Ich könnte dir einen besonderen Chee brauen, wenn du willst.«
Er nickte, auch wenn er nicht ganz überzeugt war.
»Aber da ist noch etwas, nicht wahr?«
»Was willst du damit andeuten?«
»Ich glaube, es ist etwas, das deinen Geist beunruhigt. Teile deine Last mit mir, dann wird sie leichter für dich.«
Asch versuchte, sein hämmerndes Herz zu besänftigen.
»Ist es schwer, darüber zu reden?«
Er konnte nur nicken. Etwas baute sich in ihm auf. Etwas musste herausgelassen werden.
Asch muss zuerst lange ausatmen, bevor er reden konnte. »Ich habe jemanden verloren«, sagte er schließlich. »Eine Person, die mir sehr nahegestanden hat.«
Mier nickte mitfühlend. Jetzt erinnerte er Asch an Pau-sin in seinem Heimatdorf Asa. Pau-sin war ein kleiner Mönch gewesen, der den Sorgen der Einwohner zugehört und dabei nicht geurteilt, sondern nur Mitgefühl gezeigt hatte. Auch er hatte die Gabe besessen, Worte mitten aus dem Herzen zu ziehen.
»Ja?«, sagte der Mönch erwartungsvoll.
»Alles, was von dem Jungen übrig geblieben ist, ist Asche, die jetzt teilweise in einem Hühnerhof verteilt liegt und teilweise in einer Urne steckt, die ich jemandem zum Aufbewahren gegeben habe. Vermutlich befindet sich diese Urne inzwischen neben einem Schutthaufen, der einmal mein Haus gewesen ist.«
Mier dachte über diese Worte nach. Asch hatte keine Ahnung, was er gerade denken mochte.
»Ich verstehe. Du glaubst, du kannst nicht mehr weiterleben, weil du so viel Kummer in dir trägst. Du glaubst, das Leben ist es nicht mehr wert, gelebt zu werden, wenn es so schrecklich ist.«
Asch konnte den Blick nicht von den eindringlichen Augen des Mannes abwenden.
»Und deswegen willst du dich zu Tode trinken.«
Er fragte sich, ob dieser Mann ein Seher war. Manche waren es, ohne je dazu ausgebildet worden zu sein.
Asch beobachtete, wie der Mönch an den Eingang der Höhle trat und sich neben seinen Gast setzte, während er die Beine über der Tiefe baumeln ließ. Der Wind kräuselte die Falten seiner schwarzen Robe.
»Siehst du die Wellen da unten?«
Asch musste husten, damit er sprechen konnte. »Ich bin noch nicht blind.«
»Wenn ich solche Dinge höre, werde ich manchmal daran erinnert, dass diese Wellen so wie wir sind; sie haben
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