Im Auftrag der Rache
vor ihn und starrte sein Essen an, während ihm der Speichel aus der offenen Schnauze tropfte.
»Achtung«, sagte er zu dem Hund, als er ihm das letzte Drittel des Brotes in die Schnauze warf. Der Hund schlug mit dem Schwanz gegen das Pflaster und würgte das Essen mit wenigen Schlucken herunter. Dann bettelte er um mehr und wedelte noch immer mit dem Schwanz.
Asch wischte sich die fettigen Hände ab und hielt sie dem Hund entgegen, damit er begriff, dass sich nichts mehr darin befand. »Das war`s«, knurrte er.
Der Hund legte sich nieder. Asch versuchte, ihn nicht zu beachten, während er sich gegen die Mauer lehnte, um ein wenig Gewicht von den Füßen zu nehmen. Er wartete unter dem Torbogen und beobachtete die gewundene Straßenschlucht der Serpentine hoch zum Platz der Freiheit und wieder hinunter, wo sich auf der anderen Seite der Tempel des Wisperns über die Ansammlung von Dächern und Schornsteinen erhob. Er kratzte sich den ungepflegten Bart und lauschte den Gesprächsfetzen um ihn herum. De Leute sprachen von den Invasionsschiffen im Hafen, die bald absegeln würden, und von der Matriarchin, die in den Krieg ziehen wollte. Es sei fraglich, was das Ziel der Flotte war.
Zum Mittag erhob sich ein lauter Schlachtenruf aus der Richtung des Platzes. Wenige Minuten später wurde er von Jubelgeschrei weiter oben auf der Serpentine gefolgt. Über den zahllosen Häuptern erkannte Asch eine Prozession, die langsam die Straße herunterkam. Gemalte rote Hände flatterten an reich verzierten Stäben, und unter ihnen zuckten die Priester im selben Rhythmus; sie steckten in ihren weißen Roben und hatten die Spiegelmasken aus poliertem Silber angelegt.
Asch drehte der Straße den Rücken zu und beugte sich über die Rolle mit seinen Habseligkeiten. Der Hund blinzelte und beobachtete genau, was seine Hände taten, als Asch die Armbrust herausnahm und spannte, wobei er einen Blick über die Schulter warf und feststellte, dass er nicht beobachtet wurde. Er legte zuerst den einen und dann den anderen Pfeil ein, und der Geruch von Schmiere drang ihm in die Nase.
Einen Augenblick lang hatte er das Gefühl von wani – als ob er diesen Moment schon einmal erlebt hätte –, doch dann war es verschwunden.
Als Asch mit der Armbrust unter seinem Mantel dastand, zog die Prozession bereits an ihm vorbei. Er beobachtete die Balkone auf der anderen Straßenseite, die mit jubelnden Familien angefüllt waren. Über ihnen standen Akolyten auf einigen Hausdächern und beobachteten die Szenerie durch die Ferngläser an ihren Gewehren.
Geschrei breitete sich wie eine Welle durch die Menge aus und hielt Schritt mit der hohen Sänfte, die sich langsam die Straße hinunterbewegte und beinahe in den Wolken aus roten und weißen Blüten unterging, die die Zuschauer von den Bürgersteigen und Balkonen warfen. Er erhaschte einen Blick auf sie: Sascheen.
Die Soldaten bemühten sich, all jene zurückzuhalten, die einen eingehenderen Blick auf die Heilige Matriarchin werfen oder – besser noch – von ihr bemerkt werden wollten.
Heute sah Sascheen prächtig aus. Sie stand auf der massiven Sänfte, die die Gestalt eines glitzernden, mit Juwelen übersäten Delphins hatte, von dessen Schnauze übergroße Zügel zu einem Geländer zurückliefen, auf das die Matriarchin eine Hand gelegt hatte, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Die Sänfte ruhte auf den Rücken von zwei Dutzend nackten Sklaven und schwankte ein wenig. Sascheen trug eine eng anliegende weiße Rüstung, und die goldene Maske zeigte ihre eigenen Gesichtszüge. Mit der freien Hand hielt sie einen kurzen, vergoldeten Speer in die Höhe.
Die Verehrung der Menge wurde noch heftiger, als die Gestalt der Matriarchin ihr das maskierte Gesicht zudrehte. Die Menschen fielen vor Anbetung auf die Knie. Asch sah zu, wie einige Pilger bewusstlos wurden.
Die Armbrust zitterte in seiner Hand, als er sie hob und auf Sascheens Kopf zielte.
Sein ganzes Warten und die langen Nachtwachen auf dem Dach schienen nun wie ein Augenblick zu sein. Seine Gelegenheit war gekommen; jetzt konnte er endlich den Schmerz um den Jungen in sich zur Ruhe betten. Asch versuchte zu zielen und war sich deutlich der Tatsache bewusst, dass er in diesem Augenblick eine Linie überschritt, hinter die er nicht mehr zurückkehren konnte. Danach würde er kein R o ¯ schun mehr sein. Auch wenn er bereits durch seine Worte diese Rolle abgelegt hatte, würde die folgende Tat ihr wirkliches Ende bedeuten.
So sei es. Ich
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