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Im Auftrag der Rache

Im Auftrag der Rache

Titel: Im Auftrag der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Col Buchanan
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gab.
    Es hatte ihm das Herz gebrochen, als er zum ersten Mal eine solche Scheußlichkeit gesehen hatte. Es war ein Schmerz gewesen, der dem gleichkam, den man über die Untreue einer Geliebten empfand, aber er war noch schlimmer gewesen – wie eine große Lüge tief im Herzen der Welt, die plötzlich aufgrund einer entsetzlichen Vivisektion ans Tageslicht geraten war.
    »Das ist nicht dein Krieg«, sagte Asch in der Finsternis der Nacht zu sich selbst.
    Fast erwartete er, Nicos tadelnde Stimme zu hören. Die Toten, die hier inmitten des Schutts lagen, waren Khosier. Dem ganzen Land, einschließlich von Nicos Familie, stand die Sklaverei oder ein ähnliches Schicksal wie das dieser Ermordeten bevor.
    Aber Asch hörte nichts, keine Stimme des Gewissens oder eines entkörperlichten Geistes. Er hatte nur das undeutliche, unangenehme Gefühl, dass er genauso ein Teil davon war wie alle anderen, auf welche Seite er sich auch schlagen mochte.
    *
    Die kleine Lücke zwischen den Wolken schloss sich über ihm, und pechschwarze Dunkelheit hüllte ihn ein. Asch hielt sein in der Scheide steckendes Schwert gepackt, hatte sich Gesicht und Hände mit Ruß geschwärzt und drehte dem, was da in der Finsternis lag, den Rücken zu.
    Er hielt sich den Finger gegen den Nasenflügel, befreite ihn von einer Verstopfung und verließ die Ruinen am Rande des Hügels. In dem rauen Gras legte er sich auf den Bauch und schaute hinunter auf die erhellten Zelte im Lager der Matriarchin.
    Die Zelte standen auf einer breiten und abgeflachten Erhebung und waren sichtbar, weil Lampen in ihnen brannten. Eine Palisade aus angespitzten, leicht nach außen gerichteten Stämmen umgab sie, und die schwarze Linie eines Grabens verlief außen um sie herum. Hinter der Palisade befanden sich weiß gewandete Wächter in einem Abstand von ungefähr einem halben Dutzend Schritte. In ihrem Rücken knisterte ein Feuer in der freien Mitte zwischen den Zelten. Die Flammen erhellten die flatternde Fahne der Matriarchin.
    Aschs Blick fiel auf das große Lager, das sich um die Palisade gebildet hatte; es beherbergte vielleicht eintausend Akolyten, vielleicht auch mehr. Sie wiederum waren umgeben von einem Band aus Schwärze, und er mühte sich ab, die Linie aus doppelten Zaunreihen zu erkennen, von der er wusste, dass sie knapp hinter dem Lichtkreis liegen musste.
    Er konnte sie aber nicht sehen, sondern nur die Feuer, die weiter hinten entlang der Dünen loderten, wo sich die Hauptarmee ausbreitete.
    Er richtete die Aufmerksamkeit wieder auf die Umzäunung des Lagers von Sascheen. Anscheinend lag der Eingang dazu an der Westseite, doch von hier aus konnte Asch ihn nicht deutlich genug erkennen. Er würde dort hinunter gehen müssen, wenn er es genauer sehen wollte.
    *
    Während der nächsten halben Stunde stieg Asch vorsichtig zum äußeren Rand hinunter und schlug dabei einen großen Bogen. Einmal blieb er stehen und trank aus einem Bach, der in einer Hügelspalte herunterrann. Er blieb ein zweites Mal stehen, als er den flachen Boden im Westen des Lagers erreicht hatte und spürte, dass er sich der ersten Wächterlinie näherte – der Zaunreihe, die er von oben nicht hatte sehen können.
    Asch wartete, bis er einen ungefähren Eindruck von dem hatte, was sich vor ihm befand. Es war ein äußerer Ring von Wachen, die weit voneinander entfernt standen. Er konnte sie riechen – ihren Duft aus Schweiß und Knoblauch. Er konnte sie auch hören – jemand räusperte sich, ein Mantel raschelte, als er zum Schutz gegen die Kälte enger gezogen wurde.
    Als er zu wissen glaubte, wo die nächsten beiden Wächter standen, kroch Asch vorsichtig durch den freien Raum zwischen ihnen. Eigentlich war es ganz einfach.
    Nun erhob sich vor ihm die innere Zaunreihe. Er sah ihre Umrisse gegen die vielen Feuer, die sich etwa fünfzehn Fuß voneinander entfernt befanden. Sie standen zu weit draußen, dachte er in seiner großen Erfahrung. Die Wachen waren in der von hinten erleuchteten Finsternis verwundbar, denn sie waren deutlich zu sehen, konnten selbst aber vermutlich kaum etwas erkennen.
    In der Mitte des Lagers befand sich der abgetrennte Bereich der Matriarchin. Stacheldraht war um die Stämme der Palisade gewunden worden. Der Graben davor war von Aschs Position aus unsichtbar und vermutlich mit Krähenfüßen angefüllt, die die Sohlen unvorsichtiger Eindringlinge pfählen würden. Wenigstens konnte er jetzt den Eingang zu dem abgetrennten Bereich deutlicher erkennen. Er wurde von

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