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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dort. Sand wahrscheinlich … Wäre der bessere Platz gewesen. Aber jetzt das Ding rüberstaken? Wieso eigentlich? War außerdem schon viel zu dunkel, war wie im Tunnel auf einer Wasserrutsche, und die Vogelschreie klangen wie zum Begräbnis.
    Sie konnten sehr groß werden, wenn sie aufrecht gingen. Aber die Tigerin glaubte nicht, daß die Größe sie gefährlich machte. Es war etwas anderes, etwas Unbekanntes, das sich nicht bestimmen ließ … Vor allem gehörte ein schrecklicher Lärm zu ihnen, nie gesehenes, grelles Licht, nie erlebte Laute, Gegenstände, die fremd und bedrohlich rochen.
    Sie hatte sie beobachtet. Viermal. Das erste Mal, als sie selbst noch so jung war, daß sie sich stets in der Nähe ihrer Mutter aufhielt. Das war unten am Fluß, dort, wo er sich in zwei Arme spaltete, um eine Insel zu bilden. Dort gab es ein schönes Revier. Ehe der große Regen kam, hatte auch sie die beiden Jungen bei der Insel geboren, um dann aufzubrechen, weil die nackten Affen wieder gekommen waren, mit ihrem Licht, das sie selbst nachts leuchten ließen. Nacht um Nacht. Stunde um Stunde. Hell wie zehn Sonnen, so daß die Vögel flüchteten und auch alle anderen Tiere, während unter dem hellen, beizenden, schrecklichen Strahlen und fürchterlichen Kreischen und Krachen Baum um Baum zu Boden stürzte.
    Damals, als sie sie zum ersten Mal traf, hatten sie nur ein Feuer gemacht. Es roch nach verbrannten Fleisch. Sie hatte sich angepirscht. Es waren vier. Sie waren über das Wasser gekommen. Wo es verbranntes Fleisch gab, mußte es auch frisches geben.
    Als sie sich erheben wollte, um zur nächsten, der letzten Deckung zu schleichen, sah sie im Feuerschein die Augen ihrer Mutter.
    Sie blickten nicht zum Feuer. Sie sahen sie an.
    Dann waren die Augen verschwunden, und sie konnte nur den Schatten erkennen, der mit dem Dunkel verschmolz. Ihre Mutter war eine der größten Jägerinnen des Waldes. Sie war ohne jede Furcht. Sie vertrieb jeden männlichen Tiger. Und sie hatte Hunger. Und dennoch griff sie nicht an …
    Sie war ihrer Mutter gefolgt. Gemeinsam hatten sie die Insel verlassen, den Fluß durchschwommen und sich dann wieder getrennt.
    Das zweite und dritte Mal war sie den merkwürdigen Wesen im Wald begegnet. Sie kamen über die Dschungelwege. Sie hatte sie begleitet und ihren Ekel gegen den Geruch besiegt. Ihre Stimmen klangen wie das Quaken großer Frösche.
    Den nackten Affen dort auf dem Fluß würde sie schlagen. Er war allein. Es gab auch kein Licht, nichts, als ein kleines, gelbliches Flämmchen, das über das Wasser leuchtete.
    Aber der Geruch …
    Sie spürte keinen Widerwillen. Nicht dieses Mal. Der Hunger war zu groß und sie hatte keinen ernsthaften Gegner vor sich. Ihre Zähne würden ohne Widerstand durch das Fleisch dringen. Selbst in ihrem Zustand konnte sie diese Beute schlagen.
    Der Fluß wartete ständig mit neuen Überraschungen auf.
    An das rammende › Plong ‹ der Äste, die den Aluminiumkörper des Bootes trafen, hatte sich Van Koonen gewöhnt. Aber dann stank es plötzlich. Eine ganze Insel von verrottetem Seegras, Algen oder Tang schloß das Boot ein. Fluchend hielt er mit dem Paddel dagegen und versuchte die Suppe umzurühren, während um seinen Kopf die Moskitos sangen. So heftig er auch nach ihnen schlug, sie fühlten sich bei ihm zuhause. Selbst in seine Augen, seine Ohren wollten sie eindringen.
    Schließlich zog er zitternd vor Wut das Hemd aus und sprühte sich erneut mit dem Giftzeug ein, das sie ihm im Lager mitgegeben hatten. Es wurde besser. Auch der Tang verabschiedete sich … Die Nacht bestand wieder aus Wasserglucksen, dem Platschen, wenn die Fische sprangen. Aus tausenden, grünlichen blinzelnden Phosphor-Augen im Dunkeln. Und das Kroppzeug drüben in den Bäumen, den Lianen, den Sträuchern, wollte keine Ruhe geben, es rief, unkte, plärrte, schluchzte, schrie, ächzte …
    Diese Stunden würden nie vorübergehen!
    Er hatte zwei der Heineken-Büchsen geköpft. Nun kam die dritte. Außer den fünf restlichen Büchsen gab's noch den Wasserkanister. Hunger hatte er auch, einen tierischen Hunger … Bei Schiffbruch teile die Rationen ein … Viel Lust hatte er nicht … Wieder so ein verdammter Moskito. Van Koonen gab sich eine Maulschelle, daß die Backe brannte. Und das Bier war warm wie Brühe.
    Du mußt etwas essen.
    Er griff in den Kühlkasten, holte den Sandwichbeutel heraus, riß die Plastikfolie auf. In der Hand hielt er keine Brote, sondern weiche, feuchte, glitschige

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