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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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blütenweißen Neuseeland-Stränden …
    Sie riß sie auf, war schon draußen auf einer Betontreppe, hörte über sich das Trampeln.
    »Stehenbleiben! Bleiben Sie stehen. Halt! Polizei …«
    Die Treppe hatte zwei Absätze. Auf dem zweiten gab es einen Lift. Die Kabine stand bereit. Zu riskant …
    Links wieder eine Tür. Auch sie offen. Sie führte in eine Tiefgarage, die eine Betonrampe mit dem Verladehof verband. Asphalt … Eine Berg von Kartons … Die Kühlerhaube eines Lasters … Sie drückte sich zwischen Karton und heißem Metall hindurch, hörte, wie sie hinter ihr herschrien, rannte zum Eingang und dankte Gott für den schweren Lkw, der gerade die Einfahrt verdunkelte, rannte hinaus, überquerte den Hof und fand sich in der Stamford Street wieder.
    Und die kannte sie. Dort drüben das Postamt, die St.-Andrew-Kathedrale. Gleich rechts ein U-Bahn-Einstieg. Nicht losrennen, bloß nicht …
    Also ging sie langsam, schlenkerte mit den Armen und haßte die Schweißflecken, die ihr die Bluse an den Rücken klebten. Hatte sie die beiden abgehängt? Schien so, vielleicht rannten Sie noch immer auf dem Verladehof des Lions herum.
    Doch nein. Da tauchte schon der erste auf. Sie erkannte das helle Leinen-Jackett. Gleichzeitig war da auch eine ganze Gruppe schwarzgekleideter Herren mit schwarzen Krawatten, die zur U-Bahn-Treppe strebten. Maya schob sich in die Trauergemeinschaft, zwängte sich durch und war froh, daß die Gummisohlen ihrer Sandalen auf den Stufenkanten einen so guten Halt gaben.
    Die Geschäfts-Ebene mit ihren Passanten nahm sie auf. Sie wandte sich zu den Bahnsteigen. ›New Town‹ las sie. Egal. Jede Richtung, jeder Zug, der von hier wegführte, war richtig. Sie riß die Streifenkarte aus ihrer Umhängetasche, schob sie ein, lief durchs Drehkreuz, und da war wieder das schnelle klock-klock heranrasender Absätze und der Schrei: »Halt! Bleiben Sie stehen!«
    Der MRT-Zug fuhr gerade an. Die Preßluft fauchte. Sie drängte sich mit der letzten Fahrgast-Gruppe durch die Tür und drehte sich hastig um; Sie wollte verhindern, daß die Typen dort draußen einen Blick auf ihr Gesicht werfen konnten. Sollten sie doch meinen, sie hätten sich getäuscht: Mädchen in grünen Blusen liefen schließlich zu Tausenden in Singapur herum.
    Der Zug verlangsamte. Neonlichter zogen vorbei. Draußen war der Name ›Dhoby Ghaut‹ zu lesen. Sie stieg aus, ließ sich von der Rolltreppe in die drückende, heiße Schwüle hinauftragen, winkte ein Taxi heran und versank dankbar in seiner klimatisierten Kühle.
    Der Fahrer wandte den Kopf. Ein Malaie. Sein Anblick tat ihr irgendwie gut.
    »Wohin?«
    »Mac Kenzie vierundzwanzig«, sagte sie. »Das ist …«
    »Weiß schon. Mount-Emily-Park.«
    »Genau.«
    Sie schloß die Augen und spürte, daß sie feucht waren, daß sich eine Träne aus ihnen lösen wollte. Sie wischte hastig mit dem gekrümmten Zeigefinger darüber. Ihre Hand zitterte. Wer klappt schon vor der Ziellinie zusammen, dachte sie. Jetzt, jetzt bist du beinahe soweit …
    »Das ist die Vierundzwanzig«, sagte der Fahrer. »Da wären wir.«
    Das Taxi rollte nun ganz langsam an einem prächtigen, kiesbestreuten Garagenhof vorbei, der von einem drei Meter hohen, schmiedeeisernen Tor von der Straße abgeschirmt wurde.
    »Ja«, sagte Maya. »Aber fahren Sie weiter.«
    »Und wohin?«
    »Immer der Grundstücksmauer entlang. Es gibt noch einen anderen Eingang. Ich sage Ihnen, wann Sie halten sollen …«
    Sie warf einen Blick nach rechts. Der alte Silver Shadow dort hinter dem Tor war echt bis zu den Radkappen und Chromfelgen. Der Sting, der neben ihm seine Kompressorrohre aus einer kilometerlangen Motorhaube wölbte und sich in vornehmem britischem Racing-Green gefiel, war zwar handgefertigt, aber er schien ein Nachbau. Derartige Spielzeuge gab's nicht mal in Hollywood zu sehen, aber natürlich in Singapur. Und wo? Auf George Edward Andrews Grundstück.
    Es fehlte nur noch der Chauffeur in Kordhosen, der an Lack und Silber herumpolierte.
    »Dort. Rechts. Sehen Sie?« sagte sie.
    Das Taxi stoppte vor einer kleinen Gartenpforte.
    Maya bezahlte und verließ die Klimakühle. Der Wagen fuhr weg. Sie sah ihm nach und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.
    Es war nun neun Uhr vierzig. Sie fühlte eine unendliche Sehnsucht nach Wasser, nach sehr viel Wasser, nach Dusche, Seife – aber das war alles nichts im Vergleich mit ihrem Verlangen nach einem Bett. Sie ging auf die Gartenpforte zu. Sie ging ganz

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